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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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auf dem nahen Richtplatz.
    Magdalena blickte zu Rupprecht. Erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, dass das Trommeln der Regentropfen nachgelassen hatte. Schon erklang ein Trompetenstoß, dann ein zweiter. Das wohlbekannte Signal der Pauken rief die Soldaten zu ihren Waffen.
    »Tatsächlich: die Schweden!« Rupprecht jauchzte auf.
    »Pst!«, bedeutete sie ihm mit einem knappen Kopfnicken in Richtung Profos. Sie konnten nie sicher sein, ob er nicht doch etwas hörte.
    »Ich sehe mal nach. Auch wenn es vorerst kein großes Gefecht geben sollte, wird man einen Feldscher nötig haben.« Er drückte ihr den Tiegel in die Hand und rannte hinaus.
    26
    Wie gern wäre Magdalena Rupprecht gefolgt, auch wenn sie bezweifelte, dass die heißersehnte Schlacht gegen die Schweden so bald losbrechen würde. Auf beiden Seiten hatte der Dauerregen die Planungen der Feldherren zunichtegemacht. Die mühsam ausgehobenen Schanzengräben standen voll Wasser, die Lafetten mit den Kanonen versanken im Schlamm. Die Zelte und Verschläge, die man als notdürftige Lazarette am Rand des Kampfplatzes errichtet hatte, waren vom Sturm hinweggerafft. Seit Einsetzen des Unwetters war der ungewisse Zustand des Munitionsdepots eines der Hauptgesprächsthemen. Am späten Abend hatte man noch einige Kisten Pulver in die Keller Amöneburgs gebracht. Natürlich meldeten einige Obristen starke Bedenken dagegen an, doch die rührten wohl eher von der Angst, ihre bequemen Schlafquartiere oben in der Stadt könnten in die Luft fliegen. Schon lange murrten die Mannschaften und Offiziere, die unten im Lager in den zugigen Unterkünften Wind und Wetter ausgesetzt waren, gegen die wenigen Hochrangigen, die sich in den Häusern der eroberten Stadt behaglich eingenistet hatten. Die plötzliche Aufregung über einen möglichen Angriff lenkte den Unmut in andere Kanäle. Sollte ihnen endlich wieder ein ordentlicher Kampf bevorstehen, würde das den aufgestauten Ärger in Regiment und Tross für eine Weile beschwichtigen.
    Seumes Aufstöhnen riss Magdalena in die Wirklichkeit zurück. Sie konnte den Verwundeten nicht allein im Zelt zurücklassen. Schweren Herzens ging sie daran, ihn weiter zu versorgen. Ihm ohne Hilfe den Kopf neu zu verbinden erwies sich als denkbar schwierig. Entweder war er wirklich noch völlig bewusstlos, oder er machte es ihr absichtlich nicht leicht. Es kam ihr vor, als wöge sein Schädel mehr als ein Fass Wein. Mit zwei Händen musste sie ihn halten, gleichzeitig auch das Leinen für den Verband darum winden und glatt ziehen. Nach der Kopfbandage wechselte sie das Pflaster am Hals sowie die Umschläge um Leib und Arme. Ein Leinenstreifen fiel zu Boden. Sie bückte sich danach. Zufällig war er auf der Lederrolle mit Meister Johanns Chirurgenbesteck gelandet. Ohne nachzudenken, griff sie nach einem Skalpell, hielt es plötzlich dicht an Seumes Hals. Seume hatte die Augen weiter geschlossen, atmete gleichmäßig. Es wäre ein Leichtes, ihm jetzt die Kehle durchzuschneiden. Sie hielt die Luft an. Bedächtig setzte sie die Klinge an. Ihre Finger zitterten. Nein! Das würde nichts ändern, nur sie schneller an den Galgen bringen.
    Rasch steckte sie das Instrument zurück in die Lederrolle, führte die üblichen Handgriffe an dem Patienten fort und überprüfte die Schienen am Bein. Die Arbeit erforderte nicht nur ihre ganze Kraft, sondern auch ihre gesamte Aufmerksamkeit. Zu leicht kippte der kräftige Körper zur Seite. Mehrfach plumpste der Hinterkopf hart auf die Unterlage. Dagegen tat sie vielleicht eine Spur weniger als bei anderen Patienten, trotzdem mahnte sie sich zur Vorsicht. Die Elle am linken Arm hätte sie beinahe ausgerenkt, weil sie ihn einfach nicht mehr länger hatte halten können. Erschrocken über die unterlaufene Unvorsichtigkeit, musste sie innehalten, bis ihre Hände aufhörten zu zittern. Die Verletzung am linken Handgelenk wirkte wohl einfach noch nach.
    Schließlich war alles erledigt, selbst die verschmutzten Leinenstreifen hatte sie in einem Kübel ausgewaschen. Rupprecht war noch nicht wieder aufgetaucht. Auch die Steckenknechte kamen nicht zurück. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich geduldig neben Seume zu kauern und zu warten. Erst dann würde sie erfahren, was da draußen vor sich ging. Weil sie keinen Kampflärm hörte, vermutete sie, dass die Feinde auf einer weit entfernten Seite ins Lager eingedrungen waren. Kein beruhigender Gedanke, wenn sie daran dachte, wie schutzlos Meister Johanns Wagen am

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