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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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bedachten sie nur mit einem flüchtigen Blick. Viel war von ihm ohnehin nicht zu sehen. Auf seiner Stirn lag eine feuchte Kompresse, die Decke hatte Magdalena ihm bis unter das Kinn hochgezogen. Anfangs hatte sie diese Maßnahmen gegen das wieder aufgeflammte Fieber gedacht, dann aber hatte sie sie beibehalten. So würde es den Steckenknechten nicht auffallen, wenn bald ein anderer ähnlich hoch zugedeckt auf der Matte lag. Um den Unmut der beiden Knechte vollends zu beschwichtigen, drückte sie ihnen den Schlauch mit dem restlichen Branntwein in die Arme. »Rupprecht und ich legen dem Profos neue Verbände an. Wollt ihr zusehen? Eure Hilfe können wir ganz gut gebrauchen.«
    Lächelnd sah sie die beiden an. Nur zu gut wusste sie, dass sie den Anblick der frischen Nähte um das Auge des Offiziers nicht ertrugen, genauso wenig, wie sie den Geruch der Pflaster und Wunden ausstehen konnten. Gestern erst hatte sich einer von ihnen mitten im Zelt übergeben, nachdem sie ihn um seine Hilfe gebeten hatte. Seither wusste sie, wie sie einige Momente allein mit Rupprecht sein konnte. Auch jetzt genügte bereits die bloße Erwähnung des Vorhabens, um die beiden zumindest vorübergehend aus dem Zelt zu treiben. Angesichts des Regens würden sie nicht einmal wie vorgeschrieben draußen vor dem Eingang warten, sondern schleunigst ins Nachbarzelt zu den Kameraden rennen und sich mit Trinken und Spielen ein wenig die Zeit vertreiben.
    »Die sind wir los.« Rupprecht wirkte erleichtert.
    »Wie geht es Carlotta?« Magdalena gierte nach Nachricht von ihrem Kind. Wie gern würde sie die Kleine wieder in ihre Arme schließen, allein die Steckenknechte ließen sie nicht zu ihr.
    »Wie soll es ihr gehen? Gut natürlich.« Aus Rupprechts Worten ließ sich nichts heraushören. Mit der Kleinen hatte er noch nie viel anfangen, geschweige denn Magdalenas Sorge um sie verstehen können. »Auch wenn Roswitha nicht ständig bei ihr hocken kann, wird Elsbeth nicht noch einmal wagen, dich zu hintergehen. Die Sache mit der Tabakdose war ihr eine Lehre.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr, aber Elsbeth traue ich einfach nicht mehr. Was ist mit Strecker? Man hört so einiges. Hast du mitgekriegt, ob es stimmt, dass er an Seumes Stelle zu ihr schleicht? Wahrscheinlich will Elsbeth versuchen, mir mit seiner Hilfe eins auszuwischen.«
    Rupprechts Antwort beschränkte sich auf ein verächtliches Schnauben. Für ihn schien damit das Gespräch beendet. Er kniete sich vor der Kiste nieder und machte sich an den Verschlüssen zu schaffen.
    »Beeil dich«, sagte sie. »Viel Zeit bleibt uns nicht, Eric hinauszubringen. Wenn die Schweden nicht bald auftauchen, ist Seume schon wieder so weit, dass er die Hinrichtung durchführen kann.« Sie warf einen besorgten Blick zur Strohmatte. Seit Eric im Zelt des Offiziers lag, hatte er kaum die Augen geöffnet. Dennoch war sie sicher, dass es ihm längst gut genug ging, die Flucht zu überstehen. Das Fieber war gesunken, das Verheilen der riesigen Narbe am Bauch gut fortgeschritten. Es erschien ihr wie ein Wunder, dass er die rüde Behandlung durch die Steckenknechte nahezu schadlos überstanden hatte. Vielleicht war das ein Beweis seiner Unschuld?
    »An mir liegt es nicht.« Rupprecht gab sich unbeeindruckt. »Beschwer dich bei den Schweden. Weiß der Teufel, wo die Heringfresser bleiben. Braucht man sie mal, sind sie wie vom Erdboden verschluckt.« Sein Augenmerk galt ganz der Kiste. Holz knirschte und splitterte, als er eines der beiden Schlösser mit dem Dolch aufhebelte. Bevor er sich dem zweiten zuwandte, wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Was hast du noch da drinnen? Weißzeug wirst du nicht wegsperren wie einen wertvollen Schatz aus Gold.«
    »Doch, muss ich leider. Elsbeth ist zu faul, die Tücher, die ich ihr für Carlotta zum Wickeln gegeben habe, auszuwaschen. Sie holt lieber gleich frische. Wenn ich nichts unternommen hätte, bräuchte ich Leinenvorräte wie der Kaiser, bis Carlotta sauber ist.«
    »Weiber!« Mit zusammengekniffenen Lippen hantierte Rupprecht weiter an dem Schloss. Schmunzelnd fingerte Magdalena einen Schlüssel unter ihrem Rock hervor und hielt ihn vor seine Nase. »Du hättest nur fragen brauchen, dann wäre es leichter und schneller gegangen.«
    Wortlos griff er nach dem Schlüssel und öffnete die Kiste. Wie schon so oft sah Magdalena mit Bedauern auf die arg zusammengeschrumpften Vorräte an Weißzeug. Elsbeth hatte wahrlich darin geplündert. Dennoch würde das, was da in zwei oder

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