Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
schwachen Licht im Innern, dass man sich auch zu zweit bei einem trauten Stelldichein zu unterhalten wusste.
    Die grau gewordene Plane einer schlichten Unterkunft, an deren Stirnseite eine weiß-blaue Fahne schlaff den Eingang markierte, weckte Magdalenas Aufmerksamkeit. Sie wusste, dass es sich um Seumes Zelt handelte. Eine seltsame Stimmung umgab es, gerade so, als wäre eine unsichtbare Bannmeile darum gezogen. Im Inneren sorgten mehrere Lampen für Licht, was helle Kreise auf die Leinwand warf. Schwarz zeichneten sich die Silhouetten zweier Gestalten davor ab. Sie beugten die Köpfe über einen Tisch, zeigten mit Fingern darauf, schienen sich allerdings nicht ganz einig bei dem, was sie miteinander besprachen. Gedämpft drangen ihre Stimmen nach draußen. Neugierig schlich Magdalena näher heran. Gerade noch rechtzeitig sah sie, wie sich Seume selbst mit seinen beiden Steckenknechten dem Zelt näherte. Die massige Figur war auch im Halbdunkel unverkennbar. Verwundert verbarg sie sich hinter einer hohen Kiste neben dem Zelteingang. Wer war in seinem Zelt, wenn Seume draußen unterwegs war?
    Energischen Schritts hielt er darauf zu. Die lange Feder an seinem Schlapphut wippte im Rhythmus der Bewegung, das Leder seiner hohen Stiefelschäfte glänzte selbst im fahlen Mondlicht. Ein opulenter Siegelring blitzte an seiner rechten Hand auf, als er damit an die Hutkrempe fasste. Die Linke ruhte auf dem Griff seines Pallaschs. Bei jedem Schritt klirrte dessen breite Klinge gegen die Stiefelsporen. Ein eleganter Umhang verdeckte halb den dunklen Rock, den Seume darunter trug. Gegen den herausgeputzten Profos wirkten die beiden Steckenknechte in ihrer einfachen Soldatenkleidung blass. Die Federn an den breitkrempigen Hüten hatten schon bessere Tage gesehen, ausgebleicht von der Sonne, war ihre Farbe kaum mehr zu erkennen. Die hellen Lederröcke wiesen dunkle, speckige Flecken auf, die zu den Flicken auf den ebenfalls hellen Kniehosen passten. Quer darüber zogen sich die Patronengürtel und Pulvertaschen. Es fehlte jedoch gut die Hälfte der Knöpfe daran. Die recht neuen Stulpenstiefel schienen Beutestücke aus der jüngsten Besatzung zu sein. Das Leder glänzte zwar nicht, wirkte aber gepflegt. Der größere der beiden Steckenknechte hatte einen unförmigen Sack geschultert, in der freien Hand hielt er einen Weinschlauch. Der zweite Steckenknecht trug mit beiden Händen eine Kiste vor dem Bauch. Laut und unbekümmert redete Seume auf die beiden ein. Einzelne Satzfetzen wie »Morgen Abend«, »Ohne diesen Eric ist es leichter«, »Der Hundsfott hat uns gründlich über den Tisch gezogen« oder »Jetzt teilen wir allein unter uns« drangen an ihr Ohr. Magdalena beschloss, noch eine Weile in ihrem Versteck auszuharren. Nachdem sie Erics Namen gehört hatte, brannte sie darauf, zu erfahren, worum es ging.
    Ein lautes Hallo erklang, als die drei das Zelt betraten: »Endlich! Wird aber auch Zeit, dass ihr kommt. Was bringt ihr Schönes mit?« Die beiden Unbekannten gingen händereibend auf die Neuankömmlinge zu. Kaum konnten sie es abwarten, dass der Sack geöffnet und die darin enthaltenen Schätze verteilt wurden. »Nicht so hastig! Es langt für alle«, dröhnte Seumes Bass. Stoff klatschte auf Stoff, Stiefel trampelten auf den Boden. Anscheinend kam es zu einem kleinen Handgemenge. Einer zischte etwas Böses, schließlich krachte ein Schemel auf den Boden, jemand fluchte. Offenbar stritten sie sich um das, was der Steckenknecht auf den Tisch schüttete.
    »He, he«, meldete sich Seume erneut, doch erst als er laut »Es langt!« dröhnte, kehrte Ruhe ein. Wie auf Kommando traten die Schattenfiguren einen Schritt auseinander. Nun waren fünf Umrisse zu erkennen: Hagen Seume, flankiert von seinen beiden Untergebenen, sowie die beiden Männer, die im Zelt auf seine Rückkehr gewartet hatten. Seume nahm etwas vom Tisch und lud dann die beiden Unbekannten mit einer Handbewegung ein, es ihm gleichzutun. Von dem kleineren Steckenknecht wurde der Weinschlauch herumgereicht. Eine Zeitlang waren die fünf mit Essen und Trinken beschäftigt. Sogar durch die Leinwand war das Schmatzen noch zu hören. Gerade als Magdalena überlegte, ob es sich lohnte, weiter zu spionieren, meldete sich einer der Unbekannten zu Wort: »Was ist jetzt eigentlich mit diesem Eric Grohnert?«
    Das anschwellende Gemurmel verriet, dass auch die Knechte hellhörig wurden. Der Mann fuhr mit lauter Stimme fort: »Der Schuft liegt also halbtot drüben bei Meister

Weitere Kostenlose Bücher