Die Wundärztin
Johann im Zelt. Nehmen der Feldscher und seine Gehilfen dir tatsächlich die Mär mit dem dritten Soldatenmörder ab? Immerhin war diese Magdalena dabei, als die echten Täter verhaftet und ausgiebig verhört wurden. Und es heißt, sie sei klug. Meinst du nicht, dass sie anfängt, Fragen zu stellen? Das könnte für uns gefährlich werden!«
Seume lachte auf. »Unsinn! Von einem Weib droht mir doch keine Gefahr, erst recht nicht von so einer kleinen Maus wie der!« Magdalena hielt den Atem an, während Seume weiter ausführte: »Ihr Vater war ein guter Freund von mir. Vor zwei Jahren ist er bei Freiburg gefallen. Ich bin der Taufpate ihres Bruders. Ansehnlich ist die Kleine trotz ihrer Klugheit: rote Locken und eine Figur, an der nichts schwabbelt, das hat was! Der muss man es nur mal ordentlich besorgen, dann weiß die schon, wo es langgeht.«
»Das willst du natürlich höchstpersönlich übernehmen, was?« Der Unbekannte schlug ihm mit der Hand auf die Schulter, die anderen Männer grölten los.
»Du hast recht: Höchstpersönlich und am besten sofort sollte ich mich als alter Freund der Familie der Aufgabe widmen. Das bin ich nicht nur ihrem Vater – Gott hab ihn selig – schuldig.«
»Gib mir rechtzeitig Bescheid. Ich bin dabei. Auf die Kleine bin ich auch scharf.«
So ein Hundsfott! Dass der Prahlhans da drinnen sie ins Visier nahm, versetzte Magdalena derart in Rage, dass sie mit dem Fuß aufstampfte. Unglücklicherweise stieß sie dabei gegen einen Blechkessel, der scheppernd umfiel. Erschrocken machte sie einen Schritt zur Seite, stolperte über eine Schnur und verlor das Gleichgewicht. Um nicht gegen die Zeltplane zu kippen, streckte sie haltsuchend die Arme aus. Mit voller Wucht patschte ihre Hand auf die Leinwand. Verflucht! Jetzt war es nur noch eine Frage von Augenblicken, bis sie entdeckt wurde. Erstarrt harrte sie der Dinge, die geschehen würden.
Zu ihrer Überraschung passierte jedoch nichts. Die schwarzen Silhouetten im Zelt wandten sich zwar einmal kurz um und lauschten. Da es drinnen hell war, konnte der Schatten von außen nicht auf die Plane fallen. Die Männer setzten deshalb unbeirrt ihr Gespräch fort. Die Geschichte mit Eric ließ dem einen keine Ruhe. »Ob es damit getan ist, dass ihr die rote Magdalena nacheinander beglückt, bezweifle ich. Es geht um den Halunken Eric Grohnert. Mir wäre es lieber, du hättest den Schuft gleich bei der ersten Gelegenheit erledigt und irgendwo verscharrt. Schließlich hat er uns reingelegt, weil er uns viel zu hohe Preise für den Wein und die Fressalien abgeknöpft hat, noch dazu, wo er einen Großteil von dem Zeug aus unseren eigenen Nachschublagern im Süden bezogen hat. Und dann spielt sich dieser freche Kerl bei den Bauern im Spessart als Wohltäter auf und teilt den Gewinn mit ihnen. Damit hetzt er die nur weiter gegen uns auf. Dass er ihnen Waffen aus den Magazinen der Regimenter besorgt, nenn ich echten Verrat. Dafür gehört er mehr als einmal am nächsten Baum aufgeknüpft! Glaub mir, Seume: Hättest du ihn gleich erschossen, hätte er die verdiente Strafe und würde längst in der Hölle schmoren. Und wir müssten uns keine Gedanken machen, ob uns einer diese blöde Geschichte mit dem Soldatenmord abnimmt.«
»Recht hast du«, stimmte sein Gefährte zu. »Es war nicht klug, diesen Eric ins Lager zu schleppen. Meister Johann hat ihn sofort erkannt. Auch seine Gehilfen werden wissen, wer er ist. Die Gefahr ist zu groß, dass sich Weitere finden, die sich seiner erinnern. Immerhin hat er lang genug im Tross gelebt, bevor er vor zwei Jahren in Freiburg verschwunden ist. Je länger wir damit warten, ihn aus dem Weg zu räumen, desto schwieriger wird es. Am besten, wir gehen sofort rüber und stechen das Schwein ab.«
Entsetzt hielt Magdalena den Atem an. Schon machte der Sprecher Anstalten, seinen Degen umzuschnallen und aufzubrechen.
»Hiergeblieben! Keiner verlässt das Zelt!« Seume versperrte ihm den Weg. Magdalena war, als könnten die da drinnen ihren Atem hören, so still wurde es. »Eric Grohnert wird demnächst am Galgen baumeln, genau so, wie ich es immer schon gesagt habe.«
Seumes Bass klang drohend. Selbst als bloßer Schatten verriet seine herausfordernde Körperhaltung, wie ernst es ihm war. »Vertraut mir. Nur zu gern werden die Leute glauben, er wäre der dritte Soldatenmörder. Wenn einige ihn wiedererkennen, umso besser. Seine ganze Familie ist damals in Magdeburg ums Leben gekommen. Nie hat er aufgehört zu
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