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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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es bei dir auch wieder von ganz allein klappt?«
    Ohne sich um das Kind auf ihrem Arm zu kümmern, schmiegte sie sich eng an ihn und legte den freien Arm um seine Schultern. Im ersten Moment hatte sie das Gefühl, er ginge gern auf das Angebot ein. Dann fuhr ein Ruck durch seinen Körper, und er versteifte sich. Empört schüttelte er sie ab. »Wenn Magdalena bei dir auftaucht, schick sie zu Roswitha. Die braucht sie bei einer schweren Geburt. Ein Kind liegt quer. Weibergeschichten, um die sich besser Magdalena kümmert.«
    Damit wollte er kehrtmachen, doch Elsbeth hielt ihn zurück. »Wenn Kinder quer liegen, dann haust du immer ab, was?«
    Entsetzen huschte über sein Gesicht. »Fang nicht wieder damit an, Elsbeth. Was vorbei ist, ist vorbei. Tut mir leid, wenn du dir meinetwegen falsche Hoffnungen gemacht hast.«
    »Falsche Hoffnungen? Ich? Ausgerechnet deinetwegen?« Ihre Stimme wurde schrill. »Was glaubst du, wer du bist?«
    Die Kleine plärrte los. Elsbeth wiegte sie auf den Hüften. »Scht, ist ja gut!«, säuselte sie ihr ins Ohr, ließ Rupprecht dabei allerdings nicht aus den Augen. Im nächsten Moment versetzte sie ihm wütend einen Stoß gegen die Schulter. Er stolperte, blieb aber stehen. Das brachte sie noch mehr in Rage. Darüber fiel ihr nicht einmal auf, dass Carlotta aufgehört hatte zu weinen. Schritt für Schritt drängte sie Rupprecht vor sich her durch die Gasse und ließ ihm keine Gelegenheit, sich umzudrehen und wegzurennen. Er musste rückwärtsgehen, während sie ihn weiter lauthals beschimpfte. »Bist du dir überhaupt im Klaren, wie kümmerlich du ausschaust? Nicht mal bis zur Schulter reichst du mir! Bevor ich mich mit einem Zwerg wie dir abgebe, lege ich mich zehnmal lieber zu jedem anderen Mann!«
    Ein hastiger Blick über die Schulter genügte ihr, um sich zu vergewissern, dass die Frau nebenan mit dem Rühren der Suppe aufgehört hatte und mit weitaufgerissenem Mund verfolgte, was Elsbeth Rupprecht entgegenschleuderte. »Hau nur ab, du elender Mistkerl, und kümmere dich um eure verfluchten Verwundeten! Meuchelmörder und Spitzel und andere Halunken sind das. Muss dir eine große Freude sein, mit bloßen Händen im stinkenden Gedärm dieser elenden Schufte zu wühlen!«
    Im nächsten Moment senkte sie die Stimme, allerdings nur so weit, dass sie nicht mehr schrie, nebenan aber noch deutlich zu verstehen war. »Wenn das mal nicht mit dem Teufel zugeht, was ihr drei da in Meister Johanns Unterkunft treibt! Auffallen tut es mir schon länger, jetzt aber, wo Magdalena seit Tagen nicht mehr in unser Zelt zurückgekommen ist und auch das verlockende Angebot des Kommandantensohns abgewiesen hat, wird mir so manches klar: Weder Meister Johann noch Magdalena oder du habt eine Liebschaft. Das stinkt doch zum Himmel! Ihr drei seid euch nämlich selbst genug! Jeder andere stört euch wohl bei eurem Treiben. Pfui, ist das ekelhaft! Wahrscheinlich treibt ihr es besonders gern im Angesicht eurer halbtoten Verwundeten!«
    Unfähig, etwas zu erwidern, schnappte Rupprecht nach Luft. Unter der Plane nebenan schepperte es, als der Topf mitsamt dem Löffel umkippte. Die hagere Frau war aufgesprungen und davongerannt.
    »Du widerliches Miststück! Was meinst du, was du damit erreichst?« Rupprecht hatte seine nahezu schwarzen Augen zu einem schmalen Schlitz zusammengezogen. Finster wölbten sich die buschigen Augenbrauen darüber. Das Grübchen in seinem linken Mundwinkel wurde tiefer. »Alte Hexe!«, zischte er, dann drehte er sich um und ging.
    Elsbeth sah ihm nach, bis seine mickrigen Umrisse von den Schatten der Wagen und Buden aufgesogen wurde. Für eine Weile fühlte sie sich wie von einer schweren Last befreit. Fast war ihr zum Singen zumute. Selbst die schmachvolle Zurückweisung durch den Kommandantensohn verlor an Bedeutung. Auf einmal schien es ihr unwirklich, dass er sie ausgelacht und aus seinem Haus geworfen hatte, weil er nach wie vor auf Magdalenas Gunst hoffte. Armer Tölpel!, dachte sie mitleidig und lachte in sich hinein.
    Carlotta schien zu spüren, wie sich ihre Laune besserte, und gluckste vergnügt. Elsbeth wiegte sie schwungvoll auf der Hüfte hin und her. Dabei summte sie ein Lied und kroch mit ihr zurück ins Zelt. In Magdalenas Kiste fand sie außer Leinen noch ein Stückchen Leder, das sie Carlotta in den Mund steckte. Begierig begann die Kleine, darauf herumzukauen, während sie sie von den schmutzigen Stoffstreifen befreite. Dabei kam etwas Helles, Gelbes auf dem Bäuchlein

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