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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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schöpfte sie sich einige Löffel heraus. Die Männer setzten unterdessen das unterbrochene Spiel fort. Ein älterer Soldat bot ihr einen Schluck aus einem Branntweinschlauch an. Durstig von dem salzigen Fleisch, nahm sie auch das an. Dann verabschiedete sie sich.
    »Schade, dass du nicht noch bei uns bleiben willst. Sind wir dir nicht gut genug? Dabei hätten wir dir viel Spaß zu bieten.« Der Anführer des Suchtrupps kniff einer der Frauen in die Wangen und gab einer anderen einen Klaps auf den Hintern, dass sie aufkreischte. »Aber eine Frau wie du gibt sich wohl nicht mit welchen wie uns ab, was? Mut und Tapferkeit von echten Kerlen locken dich offenbar nicht.«
    »Es ist spät, und ich bin müde.« Rasch beeilte sich Magdalena, ihn durch eine ehrliche Antwort zu besänftigen. »Morgen muss ich schon sehr früh wieder raus. Meister Johann zählt auf mich.« Sie wollte gehen, doch es war zu spät.
    »Warte.« Schon sprang der Anführer auf und hielt sie fest. Dabei fiel das Fass polternd um, auf dem er eben noch mit seinen Kameraden gewürfelt hatte. Schlagartig wurde es still, und die anderen unterbrachen ihr Spielen und Tändeln, um zu beobachten, was weiter geschehen würde. Magdalena wurde es unbehaglich.
    »Du bist ein ansehnliches Weibsbild, und klug noch dazu. Du hast doch ein Kind? Also lebst du nicht wie eine Nonne, sondern lässt schon mal einen unter deinen Rock.« Für diese Bemerkung erntete er schallendes Gelächter, was ihn weiter anstachelte. »Verrat uns doch, wie einer aussieht, der das darf! Ich bin sicher nicht der Einzige hier, der darauf brennt, das zu erfahren.«
    Das Gebrüll der Männer wurde lauter.
    »Das wüsste ich auch gern!«
    »Wo steckt der Bursche?«
    »Bring ihn her, damit ich ihn verprügeln kann!«
    Die einen schlugen sich belustigt auf die Schenkel, die anderen starrten mit gierigen Augen und offenen Mündern auf Magdalena. Immer mehr kamen heran und bauten sich in einem Halbkreis um sie auf. Längst waren es zu viele, um einfach zwischen ihnen durchzuschlüpfen. So betrunken sie waren, würde es ihnen doch gelingen, sie festzuhalten. Auf eine Handgreiflichkeit aber sollte sie es nicht ankommen lassen.
    Um Zeit zu gewinnen, ging Magdalena erst einmal auf das Spiel ein und hakte sich bei dem Anführer unter. Unauffällig zog sie ihn näher an die Feuerstelle, so dass sie sein Gesicht besser sah. Erwartungsfroh leuchteten seine runden Äuglein, die knollige Nase wurde rot.
    Am nahen Flussufer zirpten Grillen, ein Käuzchen schrie. In der Ferne bellte ein Hund, verlegte sich alsbald aufs Heulen und schraubte sich dabei in schier unerträgliche Tonhöhen. Der Schuss aus einer Muskete setzte dem schrägen Nachtkonzert ein Ende. Als wäre das das erwartete Signal gewesen, legte sich plötzlich Stille über das Land.
    »Gern erzähle ich dir das alles mal in Ruhe«, sagte Magdalena zu dem Mann. »Aber nur, wenn wir beide wirklich ungestört sind. Jetzt aber muss ich rüber zu Hagen Seume, ihn über den Zustand unseres Gefangenen unterrichten. Du weißt, wie ungeduldig der Profos sein kann. Wenn er noch länger auf mich warten muss, wird es Ärger geben. Nicht nur für mich, sondern auch für diejenigen, die mich aufgehalten haben.«
    Schon als sie Seume zum ersten Mal erwähnte, hatte der Mann sie jäh losgelassen und sich aufgerichtet. Die weitere Erklärung wäre wohl gar nicht nötig gewesen, hatte ihr aber bei den Männern Respekt verschafft. So abrupt, wie sie vorhin ihr Grölen begonnen hatten, so rasch stellten sie es ein und machten ihr eine Gasse frei, durch die sie hocherhobenen Hauptes davongehen konnte. Keiner wunderte sich, warum sie erst die Einladung zum Essen und Trinken angenommen hatte, bevor sie angeblich so eilig zu Seume hatte aufbrechen müssen. Der Name allein verbreitete Schrecken. Keiner wollte ihm Anlass geben, sich seinetwegen zu ärgern.
    Kaum hatte Magdalena die nächsten Zelte erreicht, huschte sie eilig in deren Schatten weiter. Sie wollte nur noch so schnell wie möglich auf ihre Seite des Lagers zurück. Zunächst führte sie das ein gutes Stück durch das Offizierslager. Viele Unterkünfte waren üppig verziert, wiesen selbst an der Außenseite bunte Stickereien auf. Fahnen und Federbüschel schmückten die gekreuzten Stangen, Fackeln sorgten für ausreichend Licht in den Gassen. Weil die Offiziere sich auf dem Spielplatz ausgelassen bei Musik und Wein vergnügten, waren die Zelte weitgehend verwaist. Lediglich ab und an verrieten Schatten vor einem

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