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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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willst?‘
    Augenscheinlich lag dem Wanderer eine heftige Antwort auf der Zunge; aber er wollte sich ohne Zweifel mit einer Frau nicht in Streit einlassen, denn er antwortete ganz ruhig: ‚Mein Name ist Handfest, und ich bin ein Recke, der manches Abenteuer bestanden hat. Nun habe ich das ganze Jahr daheim auf meinem Hof gesessen und hatte mich schon gefragt, ob es denn gar nichts mehr für mich zu tun gebe, als ich die Menschen sagen hörte, ihr Riesen sorgtet gar zu schlecht für das Land hier oben, so daß es außer euch niemand hier aushalten könne. Da habe ich mich flugs aufgemacht, um mit deinem Manne über diese Sache zu sprechen und ihn zu fragen, ob er nicht für eine bessere Ordnung hier Sorge tragen wolle.‘
    ‚Mein Mann ist auf der Jagd,‘ sagte die Frau, ‚und wenn er nach Hause kommt, wird er dir selbst Antwort auf deine Fragen geben. Aber das will ich dir doch sagen: wer mit solchen Fragen zu einem Bergriesen kommt, müßte eigentlich ein größerer Mann sein als du. Es wäre gewiß am besten für deinen guten Ruf, wenn du dich gleich wieder aus dem Staube machtest, ohne mit dem Riesen zusammengetroffen zu sein.‘
    ‚O nein, da ich nun einmal gekommen bin, will ich auch auf ihn warten,‘ erwiderte der Mann, der sich Handfest genannt hatte.
    ‚Ich habe dir nach meinem besten Wissen geraten,‘ sagte die Riesin, ‚tu nun eben, was du nicht lassen kannst. Setze dich indessen hier auf die Bank, dann will ich dir einen Willkommtrunk holen.‘
    Die Frau ergriff ein gewaltiges Methorn und begab sich damit in den hintersten Winkel der Stube, wo das Metfaß lag. Auch dieses kam dem Gaste nicht besonders groß vor; als aber die Frau den Zapfen herauszog, stürzte der Met mit so lautem Brausen in das Methorn, wie wenn ein Wasserfall ins Zimmer hereingerauscht käme. Das Horn war bald voll. Aber als die Frau den Zapfen wieder in das Faß hineinstecken wollte, kam sie nicht zustande damit; der Met schäumte wild hervor, riß ihr den Zapfen heraus und floß auf den Boden. Die Frau machte noch einen Versuch, den Zapfen wieder hineinzustecken, aber es mißlang ihr abermals. Da rief sie den Fremden zu Hilfe.
    ‚Siehst du denn nicht, daß mir der Met ausläuft, Handfest? Komm her und steck den Zapfen in die Tonne!‘
    Der Gast eilte ihr sofort zu Hilfe; er nahm den Zapfen und versuchte, ihn in das Spundloch hineinzudrücken; aber der Met riß ihn wieder heraus, schleuderte ihn weit weg, schoß mit unverminderter Gewalt heraus und überschwemmte den Boden.
    Handfest versuchte es ein Mal ums andre, den Zapfen hineinzustecken,aber es gelang ihm nicht, und schließlich warf er den Zapfen weg. Der ganze Boden war nun mit Met bedeckt, und damit man doch wenigstens im Zimmer sein konnte, zog der Fremde tiefe Furchen, in denen der Met fließen konnte. Er machte in dem harten Felsengrund Rinnen, wie Kinder im Frühling durch den Sand Furchen ziehen, damit das Schneewasser ablaufen kann, und da und dort stampfte er mit dem Fuße tiefe Löcher, in denen die Flüssigkeit sich sammeln konnte. Die Frau sah ganz ruhig zu; und wenn der Gast aufgeschaut hätte, würde er entdeckt haben, daß sie seiner Arbeit verwundert und auch entsetzt zusah.
    Aber als er fertig war, sagte sie spöttisch: ‚Ich danke dir schön, Handfest. Ich sehe, du tust, was in deiner Macht steht. Sonst hilft mir mein Mann, den Zapfen einzusetzen; aber es kann ja nicht jedermann so stark sein wie er. Da du nun dies nicht tun kannst, wäre es wohl am besten für dich, wenn du gleich jetzt deines Weges zögest.‘
    ‚Ich gehe nicht, ehe ich mein Vorhaben ausgeführt habe,‘ sagte der Fremde, aber er sah beschämt und niedergeschlagen dabei aus.
    ‚Dann setze dich dort auf die Bank,‘ sagte die Frau. ‚Ich will den Kessel aufs Feuer stellen und dir einen Teller Grütze kochen.‘
    Sie tat, wie sie gesagt hatte; als aber die Grütze beinahe fertig war, wendete sie sich an den Gast und sagte: ‚Ich sehe eben, daß ich fast kein Mehl mehr habe, um die Grütze gehörig dick zu machen. Meinst du, du seiest stark genug, die Mühle zu drehen, die dort neben dir steht; ein paar Drehungen genügen schon, und es ist Korn zwischen den Steinen. Du mußt jedoch deine ganze Kraft zusammennehmen, denn die Mühle geht nicht gerade leicht.‘
    Der Gast ließ sich nicht lange bitten, sondern suchte die Handmühle zu drehen. Sie kam ihm nicht besonders groß vor; als er aber den Griff erfaßt hatte und den Stein im Kreise herumdrehen wollte, ging sie so schwer, daß

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