Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
eher von den Gerüchten erzählt zu haben. Sie schickte mir riesige Obstkörbe, ließ mir Lebensmittel ins Haus liefern, damit ich nicht einkaufen musste, und rief mich mindestens fünfmal am Tag an, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war.
Aber sie hätte sich wirklich keine Sorgen machen müssen: Es ging mir erstaunlich gut. Nach dem ersten Schock hatten meine Angst und meine Panik sich bald verflüchtigt, und geblieben war nur eine immense Wut auf meinen Bruder, der in allem, was er tat, immer nur an sich dachte und dann – wenn er damit, wie so oft schon, in Schwierigkeiten geriet –, ganz selbstverständlich erwartete, dass alle Welt zu seiner Rettung eilte.
Diesmal sollte er Hilfe von ganz unerwarteter Seite erhalten.
Das Interesse der Medien richtete sich nun vor allem auf die möglichen juristischen Konsequenzen des Skandals. Es wurde spekuliert, dass James vor das Große Schwurgericht geladen würde, wodurch kurz auch wieder das Interesse an meiner Person aufflammte, doch es waren vor allem Journalisten
der Boulevardblätter, die in den Laden kamen, sich als Kunden ausgaben und hofften, möglichst sensationelle Informationen aufzuschnappen. Ed schlug mir vor, mir erneut ein paar Tage freizunehmen, bis die Aufregung sich wieder gelegt hätte.
Ich hatte mich gerade in meiner Wohnung eingeigelt und das Telefon ausgestöpselt, als es an der Tür klingelte.
»Hallo?«, fragte ich argwöhnisch.
»Rosie, ich bin’s. Ich habe Bagels dabei. Kann ich hochkommen? «
»Aber nur, weil du Bagels dabeihast«, sagte ich lachend und machte die Tür auf.
Ganz außer Atem und die Arme voller Tüten von Zabar’s kam Celia die Treppe hoch. »Du ahnst es nicht«, schnaufte sie. »Auf den Straßen war kein Durchkommen.« Sie drängte sich an mir vorbei in die Küche und wuchtete die schweren Tüten auf den Tisch. »Ich musste laufen !« So wie Celia es sagte, klang es, als stünde der Weltuntergang kurz bevor – und aus Celias Sicht war dem vielleicht auch so.
Belustigt sah ich ihr dabei zu, wie der schier unerschöpfliche Inhalt der Tüten in meinen Kühlschrank wanderte. Ich musste an Mary Poppins’ magische Tasche denken – hätte Celia auch noch einen Vogelkäfig, einen Lampenschirm und eine Fliegenklatsche hervorgezaubert, wäre ich wenig überrascht gewesen. »Oh Celia, das war doch nicht nötig, den ganzen Laden leerzukaufen …«
»Mach dich nur lustig über mich, Rosie Duncan«, entgegnete Celia, schnappte sich einen Teller und beförderte die Bagels aus der zerknitterten M&H-Bakers-Tüte darauf. »Ich habe dir nur das absolut Nötigste gekauft.«
»Celia, das in deinen Augen ›absolut Nötigste‹ ist für die meisten Menschen pure Dekadenz.«
»Du kannst ein bisschen Dekadenz ganz gut gebrauchen, Schätzchen. So, und jetzt mach uns einen Kaffee, denn …«, sie legte eine dramatische Pause ein, »… es gibt was zu Feiern!«
»Feiern? Was denn?«
Celias Augen funkelten, als sie, den Teller mit den Bagels triumphierend erhoben, an mir vorbei ins Wohnzimmer rauschte. »Wenn du den Kaffee bringst, erzähle ich es dir.«
So lange wie Hissy brauchte, konnte Celia sich natürlich nicht gedulden. »Okay«, sagte sie und holte tief Luft. »Ich habe einen Durchbruch erzielt.«
»Wobei?«
»Bei deinem Bruder.«
»Wie bitte?«
Sie griff nach meiner Hand. »Süße, ich habe diese Gerüchte schon vor Weihnachten gehört und dir nichts davon gesagt. Ich dachte mir, das wäre nur der übliche Quatsch, der in Washington immer mal wieder die Runde macht und morgen schon wieder vergessen ist. Und da James und ich ja bekanntlich nicht die allerbesten Freunde sind, hättest du mir vielleicht auch gar nicht geglaubt. Aber ich fühlte mich so furchtbar wegen allem, was passiert ist, und ich wollte unbedingt etwas für dich tun.«
»Aber Celia, du hast wirklich schon genug für mich getan«, versicherte ich ihr. »Die Einkäufe, die Anrufe, ganz zu schweigen von der hollywoodreifen Rettungsaktion, mit der du mich vor zwei Wochen aus deiner Wohnung geschmuggelt hast. Das werde ich dir nie vergessen! Du warst wirklich toll.«
»Aber reicht das, Rosie? Für mich reicht es zumindest nicht. Es war mir absolut unerträglich, dass du das Schlimmste durchmachen musstest, was mein Berufsstand einem antun kann. Das ist eine Seite des Journalismus, auf die ich
nicht stolz bin – wie wir Jagd auf Menschen machen, um ein paar exklusive Bilder oder eine sensationelle Geschichte zu ergattern. Manche meiner Kollegen
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