Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
Körbchen. »Wenn du schon mal Kaffee machst, räume ich hier fertig auf.«
Meine Kaffeemaschine ist die beste der Welt. Eine der wenigen Gewohnheiten, die ich aus meiner Zeit in der Werbeagentur übernommen habe, ist die, dass ich Kaffee brauche, um kreativ sein zu können. Kunden haben mir schon gesagt, dass die angenehme Mischung aus dem Geruch frisch aufgebrühten Kaffees und dem Blumenduft ihnen beim Betreten des Ladens sofort ein heimeliges Gefühl gäbe. Und es scheint sie auch immer zu ermutigen, sich Zeit für ihre Auswahl zu nehmen. Mittlerweile gibt es nachmittags aber nur noch entkoffeinierten Kaffee – erstens, weil wir alle unseren Schlaf in der Nacht brauchen, und zweitens, weil Marnie geradezu unheimlich wird, wenn sie zu viel Koffein intus hat. Und schließlich wollen wir die Kunden ja nicht gleich wieder vergraulen. Meine Kaffeemaschine hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen, aber ihr angeschlagenes Äußeres und die seltsamen Geräusche, die sie von sich gibt, machen ihren unverwechselbaren Charme aus. Marnie findet, wir sollten sie langsam in den Ruhestand schicken, aber Ed ist ganz meiner Meinung, dass keine so guten Kaffee macht wie sie, womit es zwei zu eins steht und die Sache geklärt wäre. Weshalb Old Faithful, wie wir sie liebevoll nennen, eine meiner wichtigsten und treuesten Mitarbeiterinnen bleibt.
Als der Kaffee nach viel Geschnaube, Gepruste und lautem Geklacker seitens Old Faithfuls schließlich fertig war, setzte Ed sich zu mir an den Ladentisch. Ed isst zum Lunch immer riesige Pastrami-Sandwiches, die er sich morgens auf dem Weg zur Arbeit bei Schaeffer’s Deli kauft, das nur ein paar Blocks von seiner Wohnung im East Village liegt. Ich habe ihn mal gefragt, wie er eigentlich so viel essen kann,
ohne dabei kugelrund zu werden, worauf er grinsend meinte, dass er eben »einen guten Stoffwechsel« habe. Wahrscheinlich liegt es eher daran, dass er jeden Tag fünf Meilen läuft, regelmäßig ins Fitnessstudio geht und den größten Teil seiner Freizeit damit verbringt, den schönsten Frauen New Yorks hinterherzujagen. Oder sich von ihnen jagen zu lassen.
Nachdem wir eine Weile einvernehmlich gefuttert hatten, gönnte Ed seinem in Brot verpacktem Fleischberg eine kleine Pause und warf mir einen seiner ernsten Blicke zu. »Und, wie sieht es mit deiner Dating-Vergangenheit aus, Rosie?«
Oh, oh. Jetzt näherten wir uns allzu vertrautem Gebiet:
ACHTUNG! SIE BETRETEN JETZT DIE GEFAHRENZONE!
Population: nur ich.
Ich versuchte es mit einem kleinen Ausweichmanöver. »Wie soll es da denn aussehen?«
Das funktionierte natürlich überhaupt nicht. Wahrscheinlich war es sogar das Dümmste, was ich sagen konnte, denn nichts gefällt Ed Steinmann besser als eine ordentliche Herausforderung.
»Ach, komm schon, Rosie … Ein paar Herzen wirst du doch im guten alten England gebrochen haben.«
»Ähm …«
»Bling! Du hast gezögert!« Nur Ed konnte aus einer peinlichen Unterhaltung eine Quizshow machen. »Du bist von einer Tränenflut über den großen Teich geschwemmt worden – gib es zu.«
Ich schluckte schwer. »So ähnlich.«
»Und dann … wo warst du vorher nochmal? Washington? Chicago?«
»Boston.«
»Ah, Boston. Und? Hast du da auch reihenweise Herzen gebrochen?«
»Ich … nein . Okay, könnten wir jetzt bitte das Thema wechseln?«
Ed hob beschwichtigend die Hände. »He, ich wollte mich einfach nur unterhalten. Du bist jetzt seit sechs Jahren hier, und wir haben noch kein einziges Mal mitbekommen, dass du ein Date hattest.«
Ich seufzte, tief und schwer. »Für so was habe ich auch keine Zeit.«
»Weil du dein halbes Leben damit verbringst, den Launen deiner verrückten Journalistenfreundin nachzugeben«, stellte Ed fest, biss in sein Sandwich und kaute bedächtig.
»Das ist nicht fair, Ed. Celia ist eine wirklich gute Freundin.«
»Und weshalb hat sie dann noch nie versucht, dich zu verkuppeln?«
»Ed!«
»Nur so ein Gedanke. Ich meine, es wird bei der Times doch genügend smarte Schreiberlinge geben, die du mal treffen könntest.«
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, als könnte ich mich so weniger verletzlich fühlen. »Seit wann interessierst du dich eigentlich so für mein Liebesleben?«
»Nicht nur ich, Marnie auch. Also, um ganz ehrlich zu sein, vor allem Marnie. Sie macht sich Sorgen um dich.«
Dass meine beiden Angestellten allem Anschein nach in aller Ausführlichkeit mein Privatleben diskutierten, fand ich leicht irritierend. Es machte mir zwar
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