Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
stoßen will, folgen sie ihrer Empfehlung und laufen Philippe in Scharen davon.«
»Ah«, meinte Ed nachdenklich. »Also doch nicht so gut. Aber trotzdem …«, fügte er zuversichtlich hinzu. »Künstlerisch konnten wir es schon immer mit ihm aufnehmen. Und findest du es nicht auch gut, dass Kowalski’s endlich die Anerkennung bekommt, die wir verdient haben?«
Klar, fand ich auch. Natürlich war das in Ordnung. So lief das eben auf dem freien Markt. Wer sagte denn, dass Philippe Devereau ein größeres Stück vom Kuchen zustand? Und Kowalski’s würde das schon schaffen, überhaupt kein Problem. Wir würden ein paar Aushilfen einstellen müssen, aber das wäre schon okay. Wahrscheinlich würden wir auch einen zweiten Lieferwagen anschaffen müssen. Aber das wäre auch okay. Ich lächelte Marnie und Ed an.
»Tja, sieht so aus, als wären wir endlich in New York angekommen!«, erwiderte ich, woraufhin Ed einen Freudenschrei ausstieß und wir uns alle in die Arme fielen.
Ich beschloss, im Laden zu bleiben, und brach meinen heiligen Samstagsschwur. Aber es war völlig undenkbar, jetzt nach Hause zu gehen – jetzt wo alles gerade so richtig anfing. Ich übernahm den Telefondienst und sah mit ungläubigem Staunen, wie die Aufträge eine Seite um die andere füllten. Natürlich hatte ich schon immer gewusst, dass Kowalski’s das Potenzial hatte, erfolgreich zu werden – das hatte ich zumindest immer den anderen gesagt, wenn es mal wieder gar nicht danach aussah –, aber dieser plötzliche Erfolg ungeahnten Ausmaßes überraschte sogar mich. Ich versuchte, meine Befürchtungen hinsichtlich Philippe zu verdrängen und den Augenblick zu genießen, denn selbst eine unverbesserliche Optimistin wie ich mochte nicht so recht glauben, dass es ewig so weitergehen würde.
Kurz vor Feierabend nahm Ed mich beiseite und ging mit mir nach hinten in die Werkstatt. Er machte die Tür hinter uns zu und drehte sich zu mir um.
»Rosie, wegen gestern …«
Ich wich unwillkürlich zurück. »Ed, ich …«
Wie angewurzelt blieb ich stehen, als Ed mir sanft einen Finger auf die Lippen legte und mir bedeutete zu schweigen. »Diesen Streit hätte es gar nicht geben sollen. Ich glaube, wir haben beide Dinge gesagt, die wir nicht so meinten. Mir jedenfalls tut es leid.« Er musste merken, dass mir gerade ein zentnerschwerer Stein vom Herzen plumpste, denn er lächelte. »Ich dachte mir, dass du dir deshalb vielleicht Sorgen machst.«
Ich erwiderte sein Lächeln. »Danke, Ed. Mir tut es auch leid.«
»Dann ist es also nie passiert?«
»Was ist nie passiert?«
Einen Augenblick standen wir schweigend da und hatten wahrscheinlich genau dasselbe erleichterte Grinsen im Gesicht. Dann klatschte Ed auf einmal so laut in die Hände, dass ich vor Schreck zusammenfuhr.
»Was denkt die Besitzerin des gefragtesten, florierendsten Blumenladens der ganzen Stadt sich eigentlich dabei, die Zeit mit eitlem Geschwätz zu vertrödeln? Los, los, frisch an die Arbeit!« Lachend riss er die Tür auf und marschierte zurück in den Laden.
Ich schaute ihm hinterher, ließ mich gegen den Werktisch sinken und spürte, wie mich ein tiefes Gefühl der Ruhe überkam. Es tat gut zu wissen, dass bei uns alles wieder beim Alten war – zumal heute, wo bei Kowalski’s solche Aufbruchsstimmung herrschte. Das Wechselbad der Gefühle der letzten Tage hatte mich ziemlich erschöpft. Ein richtiger emotionaler Marathon ! Aber jetzt hatte ich das Gefühl, die Zielgerade erreicht zu haben. Lächelnd kehrte ich in den Laden zurück, sah zufrieden auf meine Blumen und meine beiden Assistenten. Eine ganz neue Hoffnung erfüllte mich,
dunkel verstaubte Fenster taten sich auf und ließen Licht und Sonne herein. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich das Gefühl, ein neues Kapitel in meiner Geschichte aufzuschlagen. Mein Leben – und mein Laden – blühten so richtig auf. Ich war voller Zuversicht. Von jetzt an würde alles wunderbar werden.
Natürlich täuschte ich mich.
7
Meinen Optimismus habe ich immer für eine meiner besseren Eigenschaften gehalten. Ganz verloren habe ich ihn wahrscheinlich nie. Zumindest kann ich mich nicht an Zeiten erinnern, wo ich nicht wenigstens ein bisschen optimistisch gewesen wäre – was nicht heißt, dass meine Zuversicht in Krisenzeiten nicht auf eine harte Probe gestellt worden wäre. In den letzten Jahren war das häufiger der Fall, was vor allem den Ereignissen zu verdanken ist, die meinem Umzug nach New York vorausgegangen
Weitere Kostenlose Bücher