Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
ihn beköstigen und ihm alle Wonnen indischer Gastfreundschaft gewähren möge.
Der Deutsche verbeugte sich untertänig und folgte Sugriva; ein mißlicher Vorfall bestärkte jedoch den Inder in seinem Verdacht.
Scindiah, der stumme Zeuge dieser Szene, schien genausowenig von der Ankunft des Fremden entzückt wie Sugriva. Trotzdem machte er gute Miene und begnügte sich damit, ihm nur den Rücken zuzudrehen. Doch da hatte der kleine Rama eine phantastische Idee. „Mama“, brabbelte er, „will Bild mit Scindiah.“
Sita versuchte ihm seinen Wunsch auszureden, doch es blieb bei dem Versuch. Wer kann schon einem entzückenden Zweijährigen einen Wunsch abschlagen? Der Junge setzte sich also Scindiah auf die Schulter und thronte dort wie ein König. Der Deutsche brachte sein Objekt in Stellung.
Da er aber wie alle Fotografen glaubte, ein großer Künstler zu sein, wollte er Scindiah Hinweise geben, wie er sich zu postieren habe. Und so mußte er sich erst en face, dann im Profil, schließlich im Halbprofil aufstellen, und da das letztlich dem Meister auch nicht gefiel, mußte er wieder die erste Pose einnehmen. Scindiah betrachtete den Deutschen mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß. Rama, der stolz darauf war, allein in so großer Höhe sitzen zu können (denn ein Elefant hatte nicht weniger als siebzehn Fuß Höhe), sang aus allen Kräften ein Lied, das so ging:
Dicker Bibi,
großer Scindi,
du mußt laufen
oder schnaufen,
laut trompeten,
leise treten,
rata-peng
reng-deng-deng,
genug posiert,
jetzt
wird fotografiert.
Endlich entschloß sich der Deutsche, Rama von vorn und Scindiah im Profil aufzunehmen, und schrie das Geheiligte: „Nicht bewegen!“
Eine Minute danach war die Platte fertig. Während er dem entzückten Rama dessen Konterfei zeigte, vergaß er leider Scindiah, der ebenfalls sein Foto betrachten wollte; da aber der Deutsche es nicht für nötig erachtete, einem Tier diesen Gefallen zu tun, füllte der rachsüchtige Elefant seinen Rüssel mit Wasser und spritzte damit den Fotografen von oben bis unten naß.
Rama lachte sich halbtot über den Scherz seines dickhäutigen Freundes; Sita ließ dem Deutschen sofort trockene Kleider bringen und schalt Scindiah aus, der sich über seinen dummen Scherz auch noch zu freuen schien. Sugriva schüttelte bedenklich seinen Kopf und sagte zu Sita:
„Maharani, Scindiah hat noch nie jemandem etwas getan. Er kennt sich in Physiognomien aus. Wenn ihm das Gesicht dieses Fremden mißfällt, so muß er seine Gründe dafür haben. Hoffentlich müssen wir nicht bereuen, diesen Deutschen bei uns aufgenommen zu haben. Es bleibt uns nichts weiter übrig, als die Rückkehr des Maharadschas abzuwarten.“
Sie brauchten nicht lange zu warten. Acht Tage später betrat Corcoran den Palast und schloß Frau und Kind in die Arme.
„Papa, mein Bild!“ rief der kleine Rama ganz aufgeregt.
„Welches Bild?“ fragte Corcoran verwundert.
„Meines und Mamas. Und eins von Scindiah. Er sieht ganz toll aus.“
„Wer ist denn der Maler gewesen?“
„Es ist ein Fremder, der während deiner Abwesenheit zu uns gekommen ist“, fiel Sita ein.
Der Maharadscha runzelte die Brauen.
„Man führe ihn mir vor!“ befahl er. „Was dich betrifft, meine liebe Sita, du tust nur Gutes, und deine unschuldige Seele vermutet nirgendwo das Schlechte; aber man kann dich sicher sehr leicht täuschen.“
In diesem Moment trat der Deutsche ein. Die dunklen Augengläser, die seine Augen verdeckten, gefielen Corcoran ganz und gar nicht.
„Wer sind Sie?“ fragte er.
Der andere erzählte die Geschichte, die er schon Sita erzählt hatte, und fügte mehrmals hinzu, daß der heldenhafte und ruhmreiche Maharadscha…
„Schon gut, schon gut“, unterbrach ihn Corcoran, der deutsch mit ihm sprach, ungeduldig. „Ich weiß selbst sehr genau, was man Königen im allgemeinen sagt, wenn man vor ihnen steht, auch das, wenn man ihnen den Rücken gekehrt hat… Wieso sprechen Sie übrigens deutsch mit einem leichten englischen Akzent?“
„Fürst“, erwiderte der Fotograf, „meine Mutter war Engländerin, und ich selbst habe einen Teil meiner Jugend in England verbracht. Ich bin mit den Brüdern Schlagintweit recht gut bekannt, die in diesem Augenblick im Himalaja umherreisen, auch mit Doktor Vogel aus Berlin und dem großen Humboldt.“
„Sie können das beweisen?“
„Ja, mein Fürst, ich hatte sogar einen Empfehlungsbrief von Herrn Humboldt an Eure Hoheit bei mir, leider
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