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Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
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Kollegen, den er eingeladen hatte, ihn zu besuchen, diese hätten auch ein Recht, ihre Meinung zum besten zu geben, zumal sie ja die Mehrheit in der Welt bildeten.
    Ein solcher Mann, der durch einen besonderen Glücksumstand, durch seinen Mut und sein Genie Oberhaupt einer mächtigen Nation geworden ist, in einem Alter, da selbst Napoleon nur simpler Artillerieoffizier war, ist der ernsthafteste Feind, den wir Engländer in ganz Indien haben. Er hat das Genie von Robert Clive, ohne dessen Habsucht. Er mag Geld nicht, das für alle Generalgouverneure Indiens die große Leidenschaft war und ist; er versteht es, alle Kasten für ein gemeinsames Ziel zu begeistern; er lindert jedes Vorurteil und spricht alle Sprachen Indiens. Das sind die Mittel, die einer Nation gefallen, die bisher unfähig war, sich selbst zu regieren, und immer fremden Herren untenan war, seien es nun Moslems oder Christen gewesen.
    Es ist Lord Braddocks Aufgabe, diesen gefürchteten Mann sorgfältig zu überwachen. Wenn er jedoch aus Europa zweifelhafte Abenteurer kommen läßt, die wie er nur dem Geld hinterherjagen, wenn er nach und nach seine ohnehin rauhbeinige Armee mit geldgierigen Raufbolden auffrischt, so wird er alle Unzufriedenen Indiens auf den Plan rufen und vielleicht unsere Herrschaft viel leichter in Gefahr bringen, als es der blutrünstige Nana Sahib oder die Königin von Audh vermocht haben.
    Man mag einwerfen, daß Corcoran sich mit den aufständischen Sepoys hätte verbinden wollen; aber daß er es nicht getan hat, ist ja nachgerade ein Zeichen für seine friedlichen Absichten. Seine Friedfertigkeit ist nicht nur äußerlich aufgesetzt. Er wird seine Vorbereitungen treffen. Einige seiner Männer tragen die Botschaft ins Volk: In den Tavernen und auf allen Plätzen wird öffentlich darüber gesprochen, daß die Unabhängigkeit Indiens nahe ist und daß man sie einem Mann verdanke, der eine helle Haut habe und zu Schiff über das Meer gekommen sei.
    Wenn man mit ihm eine dauerhafte Allianz eingehen könnte, so sollte man es lieber heute als morgen tun, denn es gibt keinen wertvolleren Freund – oder ernsthafteren Gegner – als ihn. Doch wie immer macht man die falsche Politik; erst hat man ihn als Abenteurer bezeichnet, als Räuber ohne Haus und Herd; man hat zwei fürchterliche Eigenschaften in ihm gereizt: den Ehrgeiz und die Rachsucht. Heute ist es wahrscheinlich schon zu spät, sich mit ihm einzulassen. Früher oder später wird er Krieg gegen uns führen. Wie alle anderen Fürsten Indiens ist auch er weit davon entfernt, die Gegenwart und Bevormundung eines englischen Residenten länger zu ertragen, er hat mit uns keinerlei freundschaftliche und gutnachbarliche Beziehungen unterhalten wollen. Er hat allen Flüchtlingen, die unsere Rache fürchteten, Asyl gegeben, und als man ihn aufgefordert hat, sie auszuliefern, hat er geantwortet, daß ein Franzose niemals seine Gäste ausliefere.
    All das mag deutlich belegen, welches seine Absichten sind, und das klügste wäre, ihm zuvorzukommen, bevor er uns gefährlich werden könnte. Trotz seines kühnen Wesens und seiner Erfolge gibt es auch alarmierende Zeichen. Die Reformen, die er in der Administration eingeführt hat, und die Gesetze, die seine gesetzgebende Versammlung verabschiedet hat, haben den Haß der Zemindars hervorgerufen, die vor seiner Ankunft beinahe unabhängig von Holkar schalteten und walteten. Es dürfte nicht schwierig sein, ihre Eifersucht anzustacheln und ihnen dabei behilflich zu sein, den neuen Maharadscha zu stürzen. Das ist das einzige Mittel, der Gefahr, der wir ausgesetzt sind, zu begegnen, und Lord Braddock hätte eine schöne Gelegenheit, seine vorherigen Fehler auszumerzen.“
     
    Man sieht unschwer an dem eben zitierten Artikel, welche Meinung die Engländer, seine Feinde, von Corcoran hatten.
    Unter uns gesagt, sie hatten auch recht, denn der Bretone hatte sich insgeheim für den Plan von Dupleix und Bussy begeistert, der vorsah, die Engländer aus Indien zu vertreiben; ein Vorhaben, das bis zu seiner Verwirklichung allerdings noch fünf bis sechs Jahre Zeit brauchte.
     
     
4.
Doktor Scipio Rückert
     
    Eines Morgens hatte Corcoran Bhagavapur verlassen, um die Grenzen seines Reiches zu inspizieren, Streitfälle außerhalb der Hauptstadt zu schlichten, Verbesserungen in der Verwaltung vorzunehmen, seine Armee manövrieren zu lassen und den Bau von Straßen und Brücken zu beaufsichtigen; er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sich stets selbst

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