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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Nachtkleid, die rußige Haube. Der Geruch des Brandes steckte in ihren Haaren, lag schwarz und schmierig auf der Haut. Sie schleppte sich hinunter zum Brunnen im Hof, schöpfte mit beiden Händen klares, kaltes Wasser und tauchte ihr Gesicht dort hinein. Dann füllte sie einen Zuber mit kaltem Wasser. Mit einer Wurzelbürste und vielen Seifenflocken schrubbte sie sich die letzte Nacht von der Haut, bis diese brannte wie Feuer. Die ganze Zeit über dachte sie an das Zeichen, das Omen. War es so, wie die Leute es gewertet hatten? War der Brand ein Zeichen dafür, dass Adam nicht vergeben worden war? Aber warum sollte Gott die Mönche strafen? Hätte er Adam treffen wollen, so hätte er sein Haus in Brand setzen müssen, überlegte Priska. Was also solltedas Zeichen bedeuten? Plötzlich kam ihr ein Gedanke. In jedem Ding steckt auch sein Gegenteil, dachte sie und lächelte.
     
    Sie kam als Letzte zum Frühstück. Selbst der Feuerknecht, der als Brandwache bei den Paulinern ausgeharrt hatte, war schon da. Und auch Johann von Schleußig hatte sich eingefunden. Er hielt Evas Kind, trug es, als wäre es aus Glas, und stützte den kleinen Kopf dabei, der gänzlich in seiner großen Hand verschwand. Als er Priska sah, nickte er ihr voller Wohlwollen zu.
    «Warst du beim Brand in der Nacht?», fragte Eva.
    Priska nickte. «Die Silberschmiede muss zwei Männer stellen. Der Meister ist nicht da, also bin ich gegangen.»
    Regina, die ausgeschlafen, mit rosigen Wangen und duftendem Haar am Tisch saß, sah ihre Schwester missmutig an. «Warum drängst du dich vor? Bist du ein Mann?»
    «Nein», erwiderte Priska. «Ich bin ein Lehrmädchen wie du. Hätte die Meisterin gehen sollen?»
    Priska nahm sich von der Grütze, dann berichtete sie: «Die Leute haben in dem Brand ein Omen gesehen. Adam sei nicht vergeben worden, heißt es, die Beichte umsonst. Mit Steinen haben sie nach ihm geworfen.»
    Eva schüttelte den Kopf. «Unfug! Der Brand geschah aus Unachtsamkeit. Gott hat damit nichts zu tun.»
    «Die Leute sind Adam ausgewichen. Sie haben Angst, dass auch sie Gottes Gnade einbüßen, wenn sie in seine Nähe kommen.»
    Priska redete leise und beinahe gleichgültig, doch ihr Blick war fest auf das Gesicht der Schwester gerichtet. «Auch von dir war die Rede», log sie. «Eure Verlobung ist angeschlagen,die Leipziger wissen darum. Gebetet haben sie für dich, Regina. Gebetet, dass Gottes Zorn dich verschone, wenn du mit einem Verdammten vor den Altar trittst.»
    Regina fuhr auf. In ihrem Gesicht stand die nackte Angst. «Ich   … ich will nicht verdammt sein.»
    Priska legte eine Hand auf den Arm ihrer Schwester. «Du brauchst keine Angst zu haben. Nicht alles, was die Leute reden, stimmt auch so. Selbst, wenn alle meinen, eine Ehe mit Adam wäre dein Untergang, so musst du ihnen keinen Glauben schenken. Und auch den Mönchen nicht, von denen einer dir eine Kerze stiften möchte.»
    Das war ebenfalls gelogen, doch Priska fühlte keine Schuld. In jedem Ding steckt auch sein Gegenteil. Für die einen war der Brand ein Unglück. Warum aber sollte er für sie nicht ein Glück sein?
    «Du hast gut reden. Du musst dich nicht mit ihm verheiraten. Dir hat die Meisterin dies nicht geboten. Wie kann ich sicher sein, dass Gott mich nicht verdammt, wenn ich mit einem Sünder vor seinen Altar trete?» Regina hatte die Augenbrauen zusammengezogen, und in ihrer Stimme standen Anklage und Verzweiflung.
    «Das ist wahr, Regina», fuhr Priska fort. «Eine Sicherheit auf Gottes Gnade hast du nicht.»
    Regina rührte mit ihrem Holzlöffel und fahrigen Bewegungen in der Hafergrütze herum und sagte schließlich stockend: «Es ist nicht gut, dass das Kloster gebrannt hat. Es ist niemals gut, wenn ein Kloster brennt, aber dieser Brand ist ein Unglück.»
    «Was meinst du damit?», fragte Eva. Sie setzte sich ganz aufrecht hin und straffte die Schultern. Ihre erhobene Hand, die den Löffel hielt, schwebte über dem Tisch.
    «Jeder weiß, dass Gott das Feuer schickt, um die Menschen zu strafen. Das Feuer Gottes ist die Strafe für das Feuer der Lenden. Das sagt der Probst des Chorherrenstiftes, das sagt auch Bärbe und   …»
    «Was Bärbe sagt, interessiert mich nicht. Bärbe ist dumm. Auch auf das Gewäsch der Tratschweiber gebe ich nichts. Wissen will ich, was DU damit meinst, wenn du sagst, Gott habe das Feuer zur Strafe für unser Haus geschickt», beharrte Eva. Sie hatte die Stimme erhoben und schlug hart mit dem Löffel auf den Tisch. Die

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