Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
Sie.«
Faye erwiderte schnippisch: »Na ja, wenn es ihn nicht gibt, dann habe ich wohl auch keinen Termin.«
Miss Elton sah sie an. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie den Tonfall, den Faye angeschlagen hatte, nicht gewöhnt war. »Vielleicht haben Sie sich im Gebäude geirrt.«
Faye deutete auf den Schriftzug an der Wand hinter ihr. »Glaube ich nicht.«
»Dann tut es mir leid.«
»Ja, mir auch.«
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Faye maßregelte sich still selbst. Miss Elton machte nur ihren Job. Sie wusste eben nicht, wer Alex Hobdon war! Faye war sich im Klaren darüber, dass es ungerecht von ihr war, auf die Empfangsdame wütend zu sein, dass sie nur jemanden ihren Ärger spüren lassen wollte.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« Die Frage war wiederholt noch immer rein rhetorischer Natur. Faye Archer wusste, wann sie an einer Endstation angekommen war.
Dann jedoch kam ihr der Gedanke, dass Alex sich vielleicht verleugnen ließ, weil er kein Interesse an einem Gespräch hatte. Konnte das sein? Oder war das der Anfang einer Paranoia, die sie heimlich pflegte und gedeihen lassen wollte?
Vergiss es, sagte Fayes innere Stimme, so verdammt wichtig bist du nun auch wieder nicht.
»Na schön«, sagte sie und kniff, schlicht und ergreifend zu müde zum Streiten, die Lippen zusammen. Mit einem Mal wollte sie fort von hier. Das Ganze war von vornherein eine dämliche Idee gewesen. Was hätte es geändert, wenn Alex Hobdon ihr über den Weg gelaufen wäre? Vermutlich hätte er sich genauso verhalten wie am Vortag. Er wäre abweisend und unfreundlich gewesen. Und was hätte ihr das gebracht? Nichts, aber auch wirklich gar nichts!
Miss Elton schenkte ihr zum Abschied ein wunderschön unechtes Lächeln, dann machte Faye auf dem Absatz kehrt und ging zurück zum Fahrstuhl. Nichts hier erweckte den Anschein, zu dem Alex Hobdon zu passen, der ihr geschrieben hatte und angeblich nach Chicago gereist war. Aber wenn alles gelogen war, was dann? Würde es sich heute Abend klären, im Sugar & Cinnamon?
Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Immerhin war die Kabine jetzt leer. Faye hatte kein Interesse an Gesellschaft, und erst recht hatte sie keine Lust, sich erneut in einen vollen Fahrstuhl zu quetschen.
Sie stellte sich mit dem Rücken zur Wand, atmete durch.
Bevor die Türen sich schlossen, bekam sie, und das war filmreif, doch noch Gesellschaft. Ein junger Mann, kreativ, dynamisch und sportlich; dunkler Anzug, bunte Krawatte, Ohrring, trat auf sie zu. »Sie suchen nach Alex Hobdon?« Er war außer Atem. »Sie müssen entschuldigen. Ich habe gehört, wie Sie nach ihm gefragt haben.« Er schenkte ihr ein Lächeln. »Ich bin John«, stellte er sich vor, »John Masterson. Alex und ich waren Partner. Im Produktdesign.«
Faye fragte sich, warum er ihr das alles sagte, obwohl sie glücklich darüber war, dass er es ihr sagte. »Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?«
»Ja.«
Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
Faye wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. »Ich wollte nur mit ihm reden.«
»Er arbeitet nicht mehr hier.«
»Das sagte mir Miss Elton schon.«
»Sie ist noch nicht so lange hier. Sie hat Alex nicht gekannt.«
»Dachte ich mir.«
12 – 11 – 10.
»Vor vier Jahren hat sich einiges bei uns geändert.« Er kam zu Atem. »Oh, tut mir leid, wenn es den Anschein erweckt, dass ich Ihnen nachlaufe.« Er grinste sie schief an, und Faye mutmaßte, dass John Masterson lässig wirken wollte, was er, und darüber schwieg sie sich höflich aus, aber nicht einmal ansatzweise tat. »Ist keine Anmache oder so was.« Er grinste noch breiter, noch betont lässiger. »Ich habe, wie gesagt, nur zufällig gehört, wie Sie nach ihm gefragt haben, und als ich nach vorn gekommen bin, waren Sie schon im Fahrstuhl verschwunden.«
»Wo kann ich ihn finden?«
9 – 8 – 7.
»Oh, ich habe keine Ahnung, wo er jetzt wohnt. Wir haben uns, könnte man sagen, aus den Augen verloren. Wissen Sie, vor vier Jahren haben sie hier eine ganze Abteilung dichtgemacht. Wir hatten damals viele Kunden verloren. Sie wissen schon. September 2008. Das dunkle Zeitalter. Erst Lehman Brothers, dann die Versicherungen, dann der ganze Rest. Viele unserer Kunden waren von der Krise betroffen, und uns sind die Aufträge weggebrochen. Das Management hat damals beschlossen, eine ganze Abteilung abzustoßen. Alex Hobdon hatte Pech, ich hatte Glück.«
Faye fragte erst gar nicht, warum er Glück gehabt hatte; sie konnte es sich
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