Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
passiv sein.«
Faye spürte den Zorn heiß auf ihren Wangen. Passiv! Pah! Trotzdem hielt sie den Mund. Immerhin meinte es Dana gut mit ihr.
»Gib ihm das Gefühl, dass du die Bestimmerin bist.«
Faye musste lächeln. Der Zorn war verflogen. Die »Bestimmerin« zu sein war sehr wichtig für Dana. »Bestimmerin« war eines ihrer Lieblingswörter. Sollte Dana Carter jemals ein Buch über ihre Erfahrungen im Berufsleben schreiben, dann wäre das der Titel: Die Bestimmerin.
»Okay«, sagte Faye. Ihr Finger drehte eine Locke in ihr Haar. »Mach ich.«
Im Grunde genommen war es ihr egal, wer von ihnen den Treffpunkt vorschlug. Wichtig war nur, dass sie Alex endlich traf, um alles zu klären. Denn mit der Vorstellung, dass Alex Hobdon einfach nur ein hundsgewöhnliches Arschloch war, das sie anmachte und mit ihr spielte, mochte sie sich einfach nicht anfreunden.
»Was schlägst du vor?«, wollte sie von Dana wissen. Garantiert hatte ihre Freundin schon eine Idee.
»Falsche Frage«, korrigierte Dana sie. »Was schlägst du vor, Darling? Komm schon, die erste spontane Entscheidung ist die richtige.«
»Das Double Feature«, sagte Faye instinktiv. Das Double Feature war der Name eines Diners am Cadman Plaza. Modern, Elektro-Pop aus einer alten Jukebox, blaues, gedämpftes Licht, Siebziger Flair.
»Zu kalt«, antwortete Dana.
Faye drehte ihren Kreis um den Koffer im Schlafzimmer. »Das Que Tal Caffe in der Fulton Street.«
»Zu spanisch.«
Faye zog eine Grimasse.
»Geht ins Boatman«, schlug Dana vor.
The Boatman Café in der Nähe der Brooklyn Bridge – genau genommen befand sich das Café nahezu unter der Brooklyn Bridge – bot eine fantastische Aussicht auf die East Side, Lower Manhattan und, weiter in der Ferne, Liberty Island. »Ja, warum eigentlich nicht?«, hörte sich Faye sagen.
Dana schien zufrieden zu sein. »Das Boatman ist eine gute Wahl. Du kennst dich dort aus.«
Faye musste lachen. »Allerdings.«
»Wenn du dort warst, ging es dir danach immer gut.«
»Meistens.«
»Immer!«
Sie mussten beiden lachen. Ja, The Boatman Café war ein Ort, der Faye Mut machte. Warum war sie nicht von allein darauf gekommen?
»Sag schon, wie oft bist du dort gewesen?« Dana schien wirklich Gefallen an dieser Alternative gefunden zu haben. »Und wie oft hat es geklappt?« Berechtigte Frage.
»Na ja, ein paarmal.« Zuletzt war sie mit Ian Hedges dort gewesen. »In letzter Zeit aber nicht mehr.«
»Dann ist es, denke ich, an der Zeit, es noch mal zu versuchen.«
»Ja«, sagte Faye. An viele Verabredungen, die sie dort gehabt hatte, konnte sie sich schon gar nicht mehr erinnern. Es war erschreckend, wie schnell man Menschen vergessen konnte. Beziehungen, die rückblickend waren wie Momentaufnahmen einer Polaroid, die man unterwegs vergessen und verloren hatte.
»Was ist eigentlich aus Tom geworden?«, wollte Dana wissen.
Faye zuckte die Achseln. »Tom?«
»Thomas Daniels. Der Musiker!«
Faye musste einen Moment angestrengt nachdenken.
»Blond. Hat immer diese braune Lederjacke getragen, du weißt schon.«
Ja, Tom Daniels. Gitarre, Akkordeon. Wann war das gewesen? »Keine Ahnung.« Aber ja, sie waren im Boatman gewesen. »Zwei Wochen hat die Beziehung gehalten«, erinnerte sich Faye. »Ist von einem Tiger gefressen worden.«
Dana kicherte. »Scott?«
»Scott Jaffe, ja, so hieß er.« Ein Student von der Tech. Meine Güte, wie lange war das her? »Heftiger Stromschlag von einer defekten Waschmaschine in einem Waschsalon oben in Queens.«
»Paul?«
»Stürzte in eine Baugrube an der 5 th Avenue.«
»Brian?«
»Qualvoll erstickt an einem Olivenkern, weil er ein lustiges Youtube-Video gesehen hat.« Auch Faye musste jetzt lachen. Früher war das ihr Spiel gewesen. Dana hatte es erfunden. Man beendet eine Beziehung oder wird verlassen und möchte nicht darüber reden? Irgendjemand ist neugierig und hakt nach? Ganz einfach: Gib ihm eine Antwort, die so absurd und geschmacklos ist, dass niemand mehr weiter nachfragt.
»George?«
»Dana, es reicht. Ich war nie mit einem George zusammen.« Sie kicherte noch immer und ließ sich auf die Matratze fallen, blieb dort auf dem Rücken liegen und starrte die Schattenspiele an der Decke an.
»Aber alle sind mit dir im Boatman gewesen.«
Wirklich erstaunlich, was Dana sich so alles merkte. »Echt?«
»Ja.«
Und wenn schon.
»Das Boatman bringt dir Glück. Trefft euch dort«, sagte Dana entschieden.
»Wenn du meinst.«
»Nur deswegen habe ich angerufen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher