Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
inmitten all des Betons stieß, auf irgendetwas, was Magie in den Alltag brachte, und davon gab es glücklicherweise noch genug in New York.
Als sie die Station verließ und nach oben in den Regen trat, empfing sie eine andere Welt.
Manhattan war zwar nur auf der anderen Flussseite, aber genauso gut hätte es Meilen von Brooklyn entfernt sein können. Überall spürte man den Pulsschlag der Stadt, der hier aber um ein Vielfaches schneller ging als drüben in den Straßen von Brooklyn Heights und Williamsburg. Jedes Mal, wenn Faye hier war, schätzte sie sich glücklich, auf der anderen Seite wohnen und leben zu dürfen, und sehnte sich danach, dorthin zurückzukehren, in diese Stadtteile, die wie eine langsame Schwester Manhattans daherkamen.
Sunset & Mindstorm war in einem modernen Hochhaus aus Sandstein und Glas untergebracht, einem weit in den Himmel ragenden Giganten mit Fenstern, in denen sich die Fassaden der anderen Häuser, die Wolken und der graue Regen, der wie dichter Nebel in den Straßenschluchten hing, spiegelten. Hoch oben im siebzehnten Stockwerk befanden sich die Räume der Kreativfirma – das war die Bezeichnung, die sie sich selbst auf dem Messingschild am Eingang gab.
Faye nahm den Fahrstuhl, in dem leise unaufdringliche Easy-Listening-Musik von Henry Mancini lief, was aber, wie es aussah, nicht einen einzigen der vielen Fahrgäste interessierte. Inmitten der Fremden, die sie nun umgaben, fragte sich Faye, was sie tun würde, wäre Alex dort oben. Das ganze Unterfangen kam ihr mit einem Mal unsinnig und unvernünftig vor. Was machte sie hier überhaupt? Warum spionierte sie ihm nach? Weil sie das Gefühl hatte, dass sie es tun musste? Dass es da zwischen ihnen etwas gab? Ein Rätsel vielleicht, das sie lösen musste? Meine Güte, sie lebte in New York, nicht in einem Hollywood-Film!
Sie beobachtete die Leute und dazwischen die Stockwerkanzeige.
8 – 9 – 10.
Die Arroganz in den Gesichtern erinnerte sie an die Überheblichkeit, die sie an der Columbia kennengelernt hatte. Sie musste an Kurt Hobden denken, an sein Bild und die Fotos, auf denen er mit seiner Frau zu sehen gewesen war. Manche dieser Leute trugen die elitäre Überheblichkeit wie einen gut sitzenden Anzug, der ihnen auf Kredit verkauft worden war.
11 – 12 – 13.
Einige von ihnen betrachteten Faye wie einen Fremdkörper. Dabei sah sie gar nicht so exotisch aus. Andere ignorierten sie einfach.
14.
Zwei Männer, die wie Anwälte aussahen und wie Anwälte redeten, stiegen aus. Eine Putzfrau stand draußen mit ihrem Wagen voller Reinigungsmittel. Faye nickte ihr lächelnd zu, und sie erwiderte das Lächeln. In den Fahrstuhl stieg sie aber nicht ein. Trotzdem: sie war der erste Mensch im Haus, der sie normal und nett angeschaut hatte.
15 – 16 – 17.
Die Türen öffneten sich und gaben den Blick frei auf einen steril wirkenden Empfang in modernem Design. Eine perfekt gestylte Frau, die in Fayes Alter sein mochte, hob den Blick, als sich Faye auf sie zubewegte. Der Schriftzug der Firma glänzte an der holzvertäfelten Wand hinter dem Empfang.
Faye fühlte sich unsicher. Sie hatte so etwas schon oft in Filmen gesehen; da zumindest war es kein Problem. Andauernd spazierten Protagonisten in Gebäude, verschafften sich Zutritt zu allen möglichen Räumen und Informationen. Sie aber beschlich das Gefühl, dass jeder hier ahnte, dass sie jemandem hinterherspionierte und nicht hierhergehörte.
»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?« Die dezent lackierten Fingernägel der Empfangsdame wuselten über die unter grün schimmerndem Glas mitten in der Tischplatte verborgene Tastatur. Der breite Bildschirm befand sich ebenfalls in der Arbeitsfläche.
»Ich habe einen Termin«, log Faye. Es fiel ihr nicht einmal schwer.
»Bei wem?« Die Empfangsdame hieß S. Elton.
»Mr. Hobdon«, sagte sie. »Alex Hobdon.«
Miss Elton sah sie verwundert an. »Es tut mir leid, aber wir haben niemanden dieses Namens hier.«
»Sind Sie sicher?«
»Ich kenne keinen Mr. Hobdon.«
»Das ist nicht möglich.«
Miss Elton zog eine Augenbraue hoch und bedachte Faye mit einem ungeduldigen Blick. »Ich arbeite seit zwei Jahren hier«, versicherte sie ihr, »und bin nie einem Mr. Hobdon begegnet.« Sie setzte ein lippenstiftrotes Lächeln auf, das sie vermutlich Hunderten von Kunden am Tag zukommen ließ. »Wir sind nicht sehr groß. Glauben Sie mir, es gibt keinen Alex Hobdon bei uns.«
»Er ist Designer.«
»Sie haben einen Termin, sagten
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