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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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haben sich mit den Geschöpfen befasst und kennen sie besser als ich. Bitte erklären Sie mir: Wie sind so starke Mutationen in nur zwanzig Jahren möglich? Solche Wesen … Man könnte sie für außerirdische Lebensformen halten. Wie konnten sich die Tiere, von denen sie abstammen, in so kurzer Zeit so sehr verändern?«
    Adèle schaut eine Weile aus dem Fenster, bevor sie antwortet. Die Dunkelheit ist nicht mehr ganz so dunkel; ein Grau, das den neuen Tag ankündigt, kriecht durch die Finsternis. Die Räder des Wagens drehen sich immer schneller. Ein Wettlauf mit der Zeit hat begonnen, gegen die Sonne und ihre tödlichen Strahlen, die dicht hinter dem Horizont lauern.
    »Das habe ich mich auch oft gefragt«, erwidert Adèle und schüttelt den Kopf. »Manche Leute glauben, dass nicht nur Atombomben zum Einsatz kamen, sondern auch chemische und biologische Waffen. Vielleicht stimmt das, vielleicht auch nicht. Meiner Meinung nach gibt es keine logische Erklärung, es sei denn, Darwin hat gehörig danebengelegen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Vielleicht ist die Evolution nicht so absolut, wie er glaubte. Möglicherweise sind noch andere Faktoren im Spiel.«
    »Andere Faktoren? Welche zum Beispiel?«
    »Ich schätze, Sie sind besser geeignet als ich, diese Frage zu beantworten.«
    Ich denke über diese seltsamen Worte nach, als Durand sich umdreht und Adèles Hand ergreift.
    »Offenbar haben wir Glück. Seht ihr den Turm dort?«
    Er deutet auf ein seltsames Gebäude, das aussieht wie ein Pilz mit langem Stängel und sonderbar intakt aus den schneebedeckten Ruinen einer kleinen Stadt ragt. Seine eindrucksvolle Silhouette zeichnet sich deutlich im Schneetreiben ab.
    »Was ist das?«
    »Ein Wasserturm. In knapp zwanzig Minuten sind wir da. Wenn es Gott gefällt. Beten Sie, dass es nicht viel länger dauert, denn wir müssen tanken und uns für den Tag einrichten.«
    Auf der geraden Strecke vor uns stehen nur wenige Autowracks. Wenzel gibt Gas.
    Weit und breit ist nichts Lebendes zu sehen. Verrostete Zäune umgeben die einfachen einstöckigen Häuser, von denen viele gebrannt haben; bei einigen fehlt das Dach.
    »Gott sei Dank«, murmelt Adèle.
    »Was ist?«
    »Gott sei Dank, dass es ein Wasserturm ist und keines der alten Gebäude. Bei denen kriege ich das Gruseln.«
    »Warum?«
    »Oh, nicht wegen der Gebäude. Die aus dem Mittelalter haben den FUBARD besser überstanden als viele moderne Bauten …«
    »Auch Sie benutzen diesen Ausdruck …«
    »Diesen Ausdruck?«
    » FUBARD . Normalerweise sprechen wir vom Leid, oder vom Tag des Leids.«
    »Ihr Priester nennt ihn so. Die Leute haben viele Namen dafür, und einige davon würden Ihnen nicht gefallen. Wieso sprechen Sie nicht vom Tag des Jüngsten Gerichts?«
    »Weil der Tag des Jüngsten Gerichts eine ganz andere Sache ist. Es ist der Tag, an dem das Neue Jerusalem auf die Erde kommt, an dem wir einen neuen Himmel und eine neue Erde haben werden und Gerechtigkeit …«
    »Sehen Sie nach draußen, Pater! Einen neuen Himmel und eine neue Erde haben wir bereits bekommen. Aber sie geben nicht viel her, oder? Und was die Gerechtigkeit betrifft …«
    »Sie sehen die Dinge mit den Augen der Wissenschaft, ich mit denen des Glaubens.«
    »Ach, schöne Worte. Was geschehen ist, verdanken wir der Wissenschaft, und der Glaube hat am ›Tag des Leids‹, wie Sie ihn nennen, niemanden gerettet.«
    »Was bedeutet, dass wir beide schlecht dran sind, oder?«
    Adèle erwidert mein Lächeln.
    »Ja.«
    Ich reiche ihr die Hand. »Frieden?«
    »Frieden«, sagte sie und ergreift meine Hand.
    »Warum gefallen Ihnen die alten Gebäude nicht?«
    Adèle sieht mich überrascht an.
    »Das wissen Sie nicht? Haben Sie nie von Geistern gehört?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Ich hätte es ebenfalls für absurd gehalten, aber ich habe sie mit eigenen Augen gesehen.«
    »Mit Ihren eigenen Augen? Geister?«
    »Ja. In der Stazione Aurelia. Und … am unmöglichsten aller Orte.«
    »Nämlich?«
    »Vielleicht ein anderes Mal«, unterbricht uns Durand brüsk. »Wir sind da.«
    Der Geländewagen steht vor einer Umzäunung, die intakt zu sein scheint – eine oben mit Stacheldraht erweiterte Barriere, hinter der ich etwas sehe, mit dem ich wahrhaftig nicht gerechnet habe.
    Eine Tankstelle. Und sie scheint völlig unbeschädigt zu sein.
    Durand setzt die Gasmaske auf und streift eine Art Poncho über, von der Art, wie sie das Militär für den Einsatz bei einem Krieg mit nuklearen oder bakteriologischen Waffen

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