Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
vorbei.
Ein grässlicher Gestank umweht die beiden Geländewagen. Ein bestialischer Geruch, vereint mit dem von Schießpulver.
Blut fließt.
Es strömt aus den Körpern der großen pelzigen Wesen vor uns.
Durand beginnt damit, die Namen seiner Leute zu rufen. Stimmen antworten ihm aus der Finsternis, eine nach der anderen.
Bis auf die von Bune.
Alle rufen ihn, aber sie bekommen keine Antwort.
Der Wind legt sich. Schneeflocken fallen.
Ein monströses Gesicht kommt aus der Dunkelheit auf mich zu.
Ich hebe die Hände, um es abzuwehren, doch ein Schlag des Wesens trifft mich an der Wange.
Feldwebel Wenzels Stimme dringt verzerrt durch die Gasmaske, die ihn wie ein riesiges Insekt aussehen lässt.
»Setzen Sie die Maske auf! Sofort!«
Ich suche danach, an Jacke und Hose. Keine Maske. Während der allgemeinen Aufregung muss sie zu Boden gefallen sein. Die Schlaufe, an der sie befestigt war, ist gerissen.
Ich nehme die Taschenlampe vom Gürtel und leuchte damit. Das Licht weiterer Lampen tastet durch die Dunkelheit und streicht über die Kadaver der toten Wesen. Schnee knirscht unter den Stiefeln der Soldaten, während die Motoren der beiden Hummer wie Katzen schnurren, die sich nicht um das Gemetzel scheren. Mindestens acht Kreaturen haben wir erschossen, und unsere Verluste beschränken sich auf Bune. Einige von uns sind verletzt, aber nur leicht.
Ich drehe mich zum gelben Hummer um, dessen Scheinwerferlicht das Blutbad der Nacht entreißt, und dort liegt sie, meine Atemmaske, direkt neben dem ersten toten Wesen. Erleichtert bücke ich mich, um sie aufzuheben.
Genau in diesem Moment erwacht die Kreatur wieder zum Leben.
Erschrocken springe ich zurück, stolpere und falle rücklings in den Schnee. Vor mir ragt das Monstrum auf und dreht den Kopf in meine Richtung.
Dann kippt es zur Seite.
Schnaufend kommt Bune unter dem Kadaver zum Vorschein.
»Meine Güte, diesmal hat nicht viel gefehlt …«
Sein Gesicht ist voller Blut, aber offenbar ist es nicht sein eigenes. Weiß leuchten seine Zähne und Augen in all dem Rot, was ihn wie einen Teufel aussehen lässt. Einen Teufel, der lacht und lacht …
»Bune, du verdammter Idiot!«
Feldwebel Paul Wenzel zieht den Soldaten hoch. An der Jacke zerrt er ihn zum zweiten Hummer und stößt ihn dort auf die Motorhaube.
Dann zieht er seinen Colt und drückt ihm den Lauf an die Nase.
»Du Volltrottel! Fast hättest du uns alle umgebracht!«
Mit dem Daumen spannt er den Hahn des Revolvers.
»Halt! Lass den Soldaten in Ruhe, Feldwebel.«
Durands Stimme ist so kalt wie der Schnee. Mit langsamen Schritten nähert er sich und streckt die Hand aus, mit der Innenfläche nach oben. Wenzel zögert kurz, bevor er ihm die Waffe gibt.
»Gut so. Setz dich jetzt wieder ans Steuer.«
Der auf der Motorhaube liegende Bune stöhnt.
Durand geht zu ihm und hilft dem Mann auf die Beine.
Als der Soldat steht, trifft ihn die Faust des Hauptmanns.
»Noch ein schlechter Scherz wie der mit dem Seitenfenster und du bist tot. Hast du verstanden? Tot!«
Bune steht auf und reibt sich den Unterkiefer.
»Verstanden. Zu Befehl, Herr Hauptmann.«
»Wenn du noch einmal Mist baust, erschieße ich dich, weil ich niemand anderem die Genugtuung gönne, die Welt von dir zu befreien. Und jetzt ab in den Wagen. Nein, nicht in unseren. Du setzt dich in den anderen.«
»Aber dort mag man mich nicht.«
»Ich schätze, Feldwebel Wenzel mag dich noch weniger – er würde dich gern tot sehen. Abmarsch, Soldat!«
Bune stapft ohne ein weiteres Wort los.
Durand dreht sich zu mir um.
Seine Maske ist anders als die von Wenzel, die in einem Film über den Ersten Weltkrieg nicht fehl am Platz gewesen wäre. Die Gasmaske des Hauptmanns verfügt über ein großes Visier, aus einem Material, das wie Plastik aussieht, und sie verändert kaum die Stimme.
»Sie tragen keine Maske.«
»Ich hab sie verloren, als …«
»Habe ich Sie was gefragt? Ich habe nur gesagt, dass Sie keine Maske tragen, und Sie tragen noch immer keine.«
Ich streife mir rasch die unangenehme Gasmaske übers Gesicht. Kann irgendein Gas schlimmer sein als der Gestank des alten Gummis und der Chemikalien im Filter?
»Schon besser. Abgesehen von dieser Unachtsamkeit haben Sie sich nicht schlecht geschlagen, Pater.«
»Danke.«
»Sie brauchen mir nicht zu danken. Machen Sie nur keinen Quatsch, das ist alles. Und kehren Sie jetzt in den Wagen zurück.«
Ich gehe zum ersten Hummer.
Hinter mir erklingt noch einmal die Stimme des
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