Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)
sie eher von „rund“ 4,3 Milliarden sprechen. Den Unterschied zum genauen Betrag – er beläuft sich auf ein wenig mehr als erkleckliche fünf Millionen – vernachlässigen sie großzügig. Finanzämter sind bekanntlich penibler. In den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts waren hingegen 4,3 Milliarden Mark lächerlich wenig. Im November 1923 konnte man in Deutschland für zehn Milliarden Mark gerade noch eine Briefmarke kaufen. Geldscheine mit Millionen-Mark-Beträgen wurden beim damals herrschenden kalten Wetter buchstäblich verbrannt. Die 297 Mark am rechten Ende des oben genannten Betrags hatten schließlich nicht einmal den Wert eines Haares. Am 16. November 1923 bekam man für das Tausendfache von 4,2 Milliarden Mark, also erst für 4,2 Billionen Mark Papiergeld, einen ganzen Dollar.
4 294 967 297 Meter. Eine gewaltige Strecke. Sie entspricht mehr als dem Hundertfachen des Erdumfangs. Angestellte von Fluglinien, umherjettende Manager, eine Reihe von Menschen werden sie bereits zurückgelegt haben. Der Mond ist von der Erde weniger als ein Zehntel dieser Strecke entfernt.
Atomdurchmesser hingegen misst man in Ångström, einem Hundertmillionstel Zentimeter. Wenn man 4 294 967 297 Atome mit einem Ångström Durchmesser in einer Linie nebeneinander aufreihen könnte, ergäbe dies eine Kette von weniger als einem halben Meter Länge.
4 294 967 297 Sekunden. Klingt sehr lange. Aber allzu lang ist dieser Zeitraum auch nicht: Er beläuft sich auf 136 Jahre und etwas mehr als 37 Tage, dauert also nur ein wenig länger als vier Generationen.
4 294 967 297 Jahre dauern mehr als dreißig Millionen mal länger, und dies ist wirklich eine gigantische Dauer: Vor mehr als vier Milliarden Jahren hat sich die feste Kruste der Erde gebildet und sind die Weltmeere entstanden; das ganze Universum ist nur gut dreimal so alt.
4 294 967 297 Tonnen scheinen eine gewaltige Masse darzustellen. Dies ist natürlich der Fall, aber im Vergleich zur Erdmasse, die mehr als eine Billion mal schwerer wiegt, fällt dies buchstäblich kaum ins Gewicht.
Wenn man hingegen stolzer Besitzer von 4 294 967 297 Goldatomen ist, dann hat man lächerliche 0,000 000 000 0014 Gramm Gold in der Hand – unwägbar wenig.
So gesehen kann 4 294 967 297 wenig oder viel bedeuten, je nachdem, mit welcher Einheit man diese Zahl versieht.
Was aber, wenn man sie gar nicht mit einer Einheit verbindet, wenn man von Ökonomie, von Raum, Zeit, Materie absieht, wenn man 4 294 967 297 nur als Zahl und als sonst gar nichts betrachtet? Kann man an ihr etwas Besonderes entdecken? Abgesehen von ihrer ungefähren Größe von 4,3 Milliarden stellt man unmittelbar fest, dass diese Zahl ungerade, also nicht durch zwei teilbar ist. Wer sich noch ein wenig an die Schule erinnert, wird wissen, wie man feststellt, ob eine Zahl durch drei teilbar ist. Dies ist nämlich genau dann der Fall, wenn auch deren Ziffernsumme durch drei teilbar ist. 11 Die Ziffernsumme von 4 294 967 297 beträgt
4 +
2 + 9 + 4 + 9 + 6 + 7 + 2 + 9 + 7 = 59.
59 ist nicht durch drei teilbar, also ist auch 4 294 967 297 keine durch drei teilbare Zahl. Und weil die Einerstelle von 4 294 967 297 weder fünf noch null lautet, kann man diese Zahl auch nicht durch fünf teilen.
Vielleicht ist 4 294 967 297 eine Primzahl?
Zahlen, abgesehen von 1, die sich nicht als Produkt anderer Zahlen schreiben lassen, die also keine echten Rechteckzahlen sind, heißen Primzahlen. Im Unterschied zu Primzahlen sind sogenannte „zusammengesetzte Zahlen“ echte Rechteckzahlen. Das heißt, man kann sie als Produkt von zwei Zahlen schreiben, die beide größer als 1 sind. Geometrisch: Man kann ein rechteckiges Raster von so vielen Punkten bilden, wie die zusammengesetzte Zahl angibt. Multipliziert man die Anzahl der Punkte in einer Zeile mit der Anzahl der Punkte in einer Spalte, erhält man die zusammengesetzte Zahl. Weil Pythagoras und seine Schüler – es waren, nebenbei bemerkt, auch Frauen unter ihnen – Zahlen mit Vorliebe als Muster von Punkten schrieben, dürfte der Begriff der Primzahl bereits aus der Zeit stammen, da die Mathematik erfunden wurde: dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert.
Primzahlen sind, wie Edmund Hlawka gerne sagte, „spröde Zahlen“. Ein wenig erinnern sie an chemische Elemente.
Der Begriff des chemischen Elements entstand, als nach jahrhundertelangen Versuchen der Alchemisten, aus unedlen Materialen Gold herzustellen, die Chemie ihren Siegeszug als Wissenschaft antrat.
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