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Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Titel: Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Taschner
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sind folglich in den Zimmern mit geradzahligen Nummern untergebracht. Die unendlich vielen Zimmer mit den ungeraden Zahlen als Nummern sind für die unendlich vielen Leute vom Bus frei geworden.
    Es kommt noch bizarrer: Jetzt nehmen wir an, dass plötzlich unendlich viele Busse auftauchen, die nebeneinander am riesigen Parkplatz des Hotels parken. In jedem der Busse sitzen, Reihe für Reihe, unendlich viele Personen. Alle diese „unendlich mal unendlich“ vielen Leute sollen im Hotel untergebracht werden, jeder in einem eigenen Zimmer. Obwohl Hilberts Hotel bereits bis auf das letzte Zimmer belegt ist! Der gewitzte Rezeptionist hat mathematisches Talent, er geht so vor: Die in den Zimmern wohnenden Hotelgäste werden gebeten, mit ihrem Gepäck ihre Zimmer zu verlassen und im großen Speisesaal Platz zu nehmen. Den Insassen des ersten Busses teilt der Rezeptionist die Zimmer mit den Nummern 2, 4, 8, 16, 32, 64, … zu, also jene Zimmer mit den Potenzen von 2 als Nummern. Die Insassen des zweiten Busses verteilt er der Reihe nach auf die Zimmer mit den Nummern 3, 9, 27, 81, 243, …, also auf jene Zimmer mit den Potenzen von 3 als Nummern. Den Insassen des dritten Busses gibt er die Zimmer mit den Potenzen von 5 als Nummern, also die Zimmer mit den Nummern 5, 25, 125, 625, … . So fährt er systematisch fort: Bei den Insassen des jeweils folgenden Busses wählt er die nächste Primzahl, die er noch nicht verwendet hat, und gibt den Leuten die Zimmer mit den Potenzen dieser Primzahl als Nummern. Und weil die Folge der Primzahlen kein Ende kennt, hat der Rezeptionist kein Problem, alle Touristen, die in allen unendlich vielen Bussen zu Hilberts Hotel gereist sind, in diesem Hotel unterzubringen. Wobei sogar noch unendlich viele weitere Zimmer frei bleiben, zum Beispiel die Zimmer mit den Nummern 1, 6, 10, 12, 14, 15, … . Es sind dies 1 und alle Zahlen, die durch mehr als nur durch eine einzige Primzahl teilbar sind. In denen werden nun die im Speisesaal wartenden Hotelgäste untergebracht, die nach Ankunft der Busse ihre ursprünglichen Zimmer verlassen hatten.
    Wir treiben es noch bunter und gestalten Hilberts Hotel zu „Hilberts Stundenhotel“ um: Um exakt null Uhr hält vor dem leeren Hotel ein Bus mit unendlich vielen Insassen. Der erste betritt das Hotel, bekommt das Zimmer mit der Nummer 1 zugeteilt, verlässt dieses aber wieder nach genau einer Stunde und kehrt zum Bus zurück. Zu diesem Zeitpunkt, also um ein Uhr, betreten die nächsten beiden Insassen des Busses das Hotel und können – der erste Gast ist ja bereits gegangen – in den Zimmern mit den Nummern 1 und 2 untergebracht werden. Sie bleiben aber nur eine halbe Stunde und kehren dann zum Bus zurück, während gleichzeitig die nächsten vier Insassen des Busses im Hotel Zimmer buchen. Diese können jetzt in den Zimmern mit den Nummern 1, 2, 3, 4 untergebracht werden, wo sie aber nur eine Viertelstunde verweilen. Um Punkt 1 Uhr 45 kehren sie fluchtartig zum Bus zurück, von dem zum gleichen Zeitpunkt die nächsten acht Touristen ins Hotel stürzen. Wie man sieht, entwickelt sich das ständige Kommen und Gehen immer rasanter: Jedes Zeitintervall, in dem sich die Gäste in den Zimmern aufhalten, ist nur mehr halb so lang wie das vorherige, und es eilen stets doppelt so viele Businsassen in das Hotel, wie es gleichzeitig die eben zuvor untergebrachten Gäste verlassen. Was aber ist um Punkt zwei Uhr los, jenem Zeitpunkt, bei dem sich die immer kürzer werdenden Zeitintervalle stauen? Ist das Hotel um zwei Uhr mit unendlich vielen Gästen belegt – es kommen ja stets doppelt so viel wie vorher hinein? Oder ist es ganz leer – denn alle aus dem Bus haben es ja bereits verlassen?
    Oder – und dies dürfte des Pudels Kern sein – ist diese Schilderung schon so skurril, dass die Frage jeder Bedeutung entbehrt? Sprengt dieses Beispiel das sinnvolle Sprechen über das Unendliche?

Ein unendliches Frage- und Antwortspiel
    Ein letztes Paradoxon sei noch geschildert. Zum besseren Verständnis bereiten wir es so vor, dass wir uns zunächst mit dem keineswegs paradoxen endlichen Fall beschäftigen: Ein Reisebüroleiter kommt zur Direktorin von Hilberts Hotel und kündigt an, es werde heute Abend ein Bus mit drei Touristen, den Personen A, B, C, eintreffen. Jede von ihnen kann entscheiden, entweder in Hilberts Hotel zu übernachten oder aber mit dem Bus in den nächsten Ort weiterzureisen. Die Direktorin, eine besonders gewissenhafte Frau, die auf die

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