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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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geschah – alles um sie herum blieb schwarz.
    Ihr Schädel fühlte sich dumpf an, und als sie den Kopf leicht bewegte, spürte sie eine schmerzhafte Verspannung im Nacken und in den Schultern. Sie musste gestern völlig verdreht eingeschlafen sein. Ihre Klamotten hatte sie auch noch an. Wo war sie nur gewesen? So wie sie sich jetzt fühlte, musste sie sich bis zur Bewusstlosigkeit betrunken haben. Sie konnte sich nicht erinnern. Ein typischer Fall von Filmriss.
    Sie wollte wieder schlafen, aber etwas sagte ihr, dass irgendetwas
hier nicht stimmte. Das hier war nicht ihr Bett. Das, worauf sie lag, war nicht kuschelig und warm, sondern kalt und hart. Außerdem roch es hier komisch. Modrig, muffig und alt wie in einem feuchten Keller.
    Maria schrak hoch. Langsam kam die Erinnerung zurück, tröpfelte in ihr Bewusstsein wie ein undichter Wasserhahn.
    Sie wollte schwimmen gehen und war deshalb ins Hotel gefahren. Dann waren da eine bekannte Stimme gewesen und ein Stich. Sie rieb sich den Oberschenkel an der Stelle, wo die Nadel eingedrungen war.
    Sie war betäubt worden. Aber warum? Und wo war sie jetzt? Nach und nach begannen ihre Sinne wieder zu funktionieren, und sie konnte ihren Körper und die Kälte, der er ausgesetzt war, spüren. Zitternd schlang sie die Arme um ihren Leib und vergrub das Kinn im Kragen ihrer Jacke. Zum Glück war sie dick angezogen.
    Langsam streckte sie einen Arm aus und griff in die Dunkelheit. Sie konnte etwas Kaltes, Feuchtes spüren. Eine Mauer direkt neben ihr. Sie tastete weiter. Auch vor und hinter ihr war eine Wand. Der Raum war zu klein und zu schmal für einen Keller. Sie saß also irgendwo in einem Schacht fest, in einer Art Verlies.
    Maria schauderte. Angst durchflutete sie, lähmte ihren Körper. Was sollte das? Was geschah hier mit ihr? Wie ein Stromschlag durchfuhr sie ein schrecklicher Gedanke. Sie dachte an das, was mit Joe Anders und Andreas Adam geschehen war. Sollte sie ...? NEIN ! Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein!
    Sie begann zu schreien, rief so laut sie nur konnte. Der ganze Raum, in dem sie sich befand, war voll von ihrer Stimme. Laut und intensiv hallte ihr ihre eigene Verzweiflung entgegen. Ihre Angst prallte von den Wänden ab und traf sie wieder und wieder. Außer, dass ihre Panik immer größer wurde, geschah nichts. War denn da keiner? Hörte sie denn niemand?
    Maria kauerte sich auf den Boden und begann zu weinen. Dicke Tränen rannen über ihre Wangen. Sie fuhr sich mit dem Ärmel
ihrer Jacke über das Gesicht und verschmierte Dreck, Rotz und Tränen. Es war ihr egal. Sie musste irgendetwas tun. Sie musste hier weg, und zwar schnell. Sie stand auf und wollte einen Schritt auf die Wand zu machen. Irgendwo musste es ja einen Ausgang geben. Erst jetzt bemerkte sie die Gewichte, die an ihren Beinen befestigt waren. Sie war angekettet. Eine zum Tode verurteilte Gefangene. Sie begann an den Ketten zu zerren und zu rütteln und hörte erst auf, als sie spürte, wie warmes Blut an ihrem Knöchel hinunterrann.
    Wieder begann sie zu schreien. Sie brüllte, bis ihre Stimme zu einem heiseren Wimmern erstarb. Verzweifelt begann sie zu beten. Sie wollte hier raus, weg, nach Hause!
    Erschöpft ließ sie sich auf den Boden fallen. Was hatte man mit ihr vor? Sollte sie hier unten vielleicht verhungern? Sie begann hysterisch zu lachen. Was für eine Ironie des Schicksals. Auf ihrem Hintern und ihren Oberschenkeln waren so viele Fettreserven gelagert, dass sie wochenlang davon zehren könnte. Noch vor ein paar Stunden wollte sie dieses Fett unbedingt loswerden, und jetzt war sie dankbar dafür. Es würde sie nähren und wärmen, bis jemand sie hier fand. Und man würde sie finden. Sicher suchten Lars und die Kinder schon nach ihr. Sicher hatten sie der Polizei Bescheid gesagt. Sie musste nur ein wenig durchhalten. Die Wände waren feucht. Sie konnte daran lecken und würde somit nicht verdursten.
    Maria schloss die Augen. »Bitte, lieber Gott, gib mir die Kraft hier auszuharren, ohne dabei verrückt zu werden.«

»Mein Bruder blieb zwölf Jahre in Sibirien
und kehrte niemals nach Rußland zurück.«
    Heinrich Conrad, Eingekerker te und Ausbrecher
    »Ihr könnt gerne noch ein bisschen sitzen bleiben«, sagte Morell, nachdem er aufgegessen hatte. »Aber ich muss mich jetzt leider langsam auf den Weg machen.« Er wuchtete sich aus seinem Sessel und streckte sich.
    »Danke«, sagte Lorentz, »aber ich geh auch gleich.« Er schüttelte sich. »Brrr, ich habe zwar überhaupt

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