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Die Zahl

Die Zahl

Titel: Die Zahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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gekommen.«
    »Aber da muss sie sich doch schon gestern gewundert haben, wo ihr Mann ist.«
    »Sie war wohl erst sehr spät zu Hause, war groggy und hat sich gleich schlafen gelegt. Sie sagte, sie habe angenommen, ihr Mann sei noch was trinken in irgendeiner Bar – immerhin war es ja Samstagabend und es wäre für Josef nichts Ungewöhnliches gewesen.«
    »Und sie hat sich gar nicht gefragt, warum sich Josef die ganze Urlaubswoche über nicht gemeldet hat?«
    »Anscheinend hatten sich die beiden kurz vor ihrem Abflug gestritten,
und sie dachte, dass er das Telefon aus Trotz nicht abhebt. Wenn ich an das Gespräch mit ihr denke – mein Gott, die Arme war völlig fertig.« Morell mühte sich damit ab, die engen Gummihandschuhe wieder abzustreifen.
    »Und bei der Arbeit hat ihn keiner vermisst?«, fragte Capelli weiter.
    »Er ist – ich meine er war selbständig. Der Autohandel im Ort gehört ... ähm ... gehörte ihm. Das Geschäft lief nicht allzu gut, darum konnte er sich keine Angestellten leisten. Er und seine Frau waren die Einzigen, die dort gearbeitet haben.«
    »Und sonst? Hatte der arme Kerl hier denn gar keine Freunde oder Verwandte?«
    »Nun ja«, Morell kratzte sich am Kopf und starrte dann voller Ekel auf seine Hand, mit der er vor wenigen Augenblicken den Toten angefasst hatte. Handschuhe hin oder her – er musste nachher dringend seine Haare waschen. »Anders’ Mutter lebt hier im Ort, aber das Verhältnis der beiden war nicht besonders gut. Es kam anscheinend oft vor, dass ihr Sohn sich mehrere Wochen lang nicht gemeldet hat. Sie hat sich darum auch diesmal nicht viel dabei gedacht, hat sie gesagt.«
    »Oh je. Sieht so aus, als wäre unser Opfer kein sehr netter Kerl gewesen.« Capelli sah sich in dem Raum um. »Wissen Sie, wo der Thermostat ist?«
    »Ja«, Morell zeigte auf ein kleines Gerät neben der Tür. »Hier drüben.«
    »Fein«, sagte Capelli und drehte am Temperaturregler. »Bis morgen Mittag sollte es möglich sein, die Arme und Beine so hinzubiegen, dass der Körper in einen Leichensack passt.«
    Morell wollte sich das nicht bildlich vorstellen. »Gehen wir«, sagte er.
     
    »Ich werde morgen früh eine genaue äußere Leichenbeschau vornehmen«, sagte Capelli, als sie wieder im Auto saßen und zurück
zu Morells Haus fuhren. »Am Mittag kann ich Ihnen dann hoffentlich mehr über die Todesursache und den Tathergang sagen. Genauere Ergebnisse kriegen Sie natürlich erst nach der Obduktion, aber vielleicht kann ich Ihnen ein paar nützliche Anhaltspunkte liefern.«
    »Wie lange wird es dauern, bis ich die endgültigen Obduktionsergebnisse bekomme?«
    »Keine Ahnung. Meine Kollegen in Innsbruck haben derzeit alle Hände voll zu tun. Das kann schon noch ein paar Tage dauern.«
    Morell seufzte.
    »Wenn es nach mir ginge, könnte ich die Obduktion auch gleich hier vor Ort durchführen«, sagte Capelli. »Aber Sie kennen ja die Regeln: Es müssen mindestens zwei Ärzte anwesend sein. Außerdem fehlen mir die geeigneten Geräte, um Schädel, Brust und Bauch zu öffnen. Sie wissen ja, wie das abläuft. Erst den Schädelknochen freilegen, dann das Schädeldach aufsägen und dann das Gehirn entnehmen. Dann ein Schnitt vom Hals bis zum Schambein, dann die Rippen durchtrennen«, sie machte mit ihrem Zeige- und Mittelfinger die Bewegung einer Schere nach. »Dann ...«
    »Schon gut!«, bremste Morell ihren Redefluss. »Ich weiß, wie eine Obduktion abläuft, aber ich möchte lieber nicht daran erinnert werden.«
    »Da hat wohl jemand einen empfindlichen Magen?«, stellte Capelli fest.
    Morell dachte daran, wie er sich heute Morgen auf dem Friedhof übergeben hatte, und nickte.
     
    Wieder daheim angekommen, begann Morell zunächst, ein Zimmer für seinen Gast herzurichten. Capelli inspizierte in der Zwischenzeit den Inhalt des Kühlschranks.
    »Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie seien Vegetarier«, rief sie.
    »Stimmt auch!«, rief er zurück.
    »Dafür liegt aber massenhaft Fleisch und Wurst in Ihrem Kühlschrank!«
    »Dient als Katzenfutter!«
    »Wie viele Katzen haben Sie denn?«
    »Eine!«
    »Na, das muss ja ein riesig fettes Monster sein«, murmelte Capelli leise.
    »Keine Angst, er wird Sie heute Nacht schon nicht fressen.«
    Capelli erschrak. Sie hatte nicht gehört, dass Morell in der Tür stand. Auf seinem Arm hielt er Fred, der ihm mittlerweile wieder verziehen hatte und den Gast neugierig beäugte.
    »Für eine Katze ist sie ziemlich dick, aber wenn Sie ihr wirklich so viel zu fressen

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