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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ist der Ansicht, meine Wenigkeit könne an der polnischen Grenze die besten Dienste leisten. Und genau das habe ich in den letzten eineinhalb Jahren getan.«
    »Iwan ist erst gestern zurückgekommen, Mutter und ich sind überglücklich! Anscheinend warten nun neue Aufgaben auf ihn.«
    »Ist Sascha nicht hier? Und Großfürstin Maria?« Fragend schaute sich der Offizier um.
    »Leidernein … Sascha ist auf Reisen, und meine Schwester war verhindert.« Olly schluckte. Würde er jetzt gehen?
    »Aber spätestens in zwei Wochen dürfen wir unseren Zarewitsch wohl zurückerwarten. Ich sage nur ›Stichwort Eisenbahn‹«, sagte Iwan Bariatinski augenzwinkernd.
    Olly lächelte. »Sie haben recht, Sascha würde sich die erste Bahnfahrt auf russischem Boden niemals entgehen lassen. Ehrlich gesagt, auch ich bin schrecklich aufgeregt, wenn ich nur daran denke. Auf meiner Reise nach Prag im letzten Jahr habe ich zwar auch schon Eisenbahnen gesehen, aber mitgefahren bin ich noch nie.«
    »Ein ganz besonderes Erlebnis. Umso mehr freue ich mich, dass Sascha mich eingeladen hat, ihn bei diesem außergewöhnlichen Ereignis zu begleiten.« Die blauen Augen des Offiziers strahlten. »Einem baldigen Wiedersehen unsererseits steht also nichts im Wege.«
    »Sie sind mit von der Partie?« Ollys Stimme überschlug sich fast.
    Etwas unsicher schaute sie Maria Bariatinski an. »Dann ist es mir ein Vergnügen, Sie ebenfalls zur bevorstehenden Einweihung der ersten Eisenbahnstrecke Russlands einzuladen.«
    Nachdem sie noch ein wenig über dieses bevorstehende Abenteuer geplaudert hatten, sagte Maria: »Bevor du kamst, Bruderherz, waren Olly und ich in ein romantisches Gespräch verwickelt. Wir haben uns über die zauberhafte Nacht unterhalten und darüber, dass es bald Frühling wird. Sag, was hast du uns Romantisches anzubieten?« Schmunzelnd hakte sich Maria links bei ihrem Bruder ein, woraufhin er Olly seinen rechten Arm anbot.
    Zu dritt schlenderten sie ein paar Schritte über die Terrasse. Iwans Körperwärme drang durch Ollys Schultertuch, und auf einmal war ihr überhaupt nicht mehr kalt. Sie hätte ewig so weitergehen können. Wenn ihr nur auch etwas zu sagen einfiele, dachte sie, während Marias munteres Geplänkel die Nacht erfüllte. Bestimmt hielt Iwan sie längst für einen stummen Fisch.
    Bei einer der korinthischen Säulen angelangt, blieb Iwan Baria tinski stehen. »Als Offizier der russischen Armee ist die Romantik nicht unbedingt mein Steckenpferd, aber vielleicht kann ich die Da menmit einem Gedicht erfreuen? Als ich gestern im Palast nach Ihrem Bruder fragte, traf ich unseren lieben Freund Wassili Shukowski. Er las mir spontan seine neueste Dichtung Sinnen und Trachten vor, zu der ihn das erwachende Leben in der Natur inspiriert hatte. Mal sehen, ob ich noch alles zusammenbekomme.« Iwan schloss kurz die Augen, als müsse er sich sammeln. Erwartungsvoll schauten Olly und Maria ihn an.
    »Oft, unterm Mondlicht in heimlicher Traurigkeit mich verzehrend, Sitz ich allein in der Stille und seufze und weine, doch plötzlich Bebt meine Seele in wonnigen Schauern, und jenes frische, reine, lebendige Leben, es strömt in die Seele mir; und ich Seh mit den Augen, was sonst in der Saiten Wohllaut verborgen, Und ich erblicke ein niemals durchmessenes Land, und es leuchtet Mir aus der Ferne so heiter und hell ein Gestirn der Hoffnung.«
    Olly hatte Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten. So schöne Worte aus dem Mund eines Mannes …
    »Ein Gestirn der Hoffnung, das passt zum Frühling«, sagte Maria seufzend. »Ach Iwan, ich bin froh, dass du wieder da bist.«
    »Und Sie, verehrte Großfürstin? Sind Sie darüber auch froh?«, fragte Iwan augenzwinkernd.
    »Äh … ja, gewiss«, stotterte Olly, noch immer benommen. Wie sanft er gesprochen hatte, wie süß jedes Wort klang! Zum Glück war es dunkel, da konnte Iwan nicht sehen, wie ihr die Röte in die Wangen schoss. »Ein nie durchmessenes Land, das fängt die Stimmung dieses Abends wundervoll ein.« Sie löste sich von Bariatins kis Arm und machte ein paar Schritte zur Terrassenbalustrade, den Blick in die mondhelle Nacht gerichtet. Ihre Nervenenden prickelten, und sie presste die Hand an ihre Brust. Was war nur los mit ihr? Von einem Glas Champagner konnte sie doch nicht derart berauscht sein. Lachend drehte sie sich zu Maria und Iwan um.
    »Seltsam, ich habe das Gefühl, als stehe mir der Aufbruch in ein nie durchmessenes Land bevor!«

TEIL II
    Liebe
    Im freien Felde , Auf duftenden

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