Die Zauberer 01 - Die Zauberer
zu gelangen, denn jenseits des Steinkreises, wo Meister Cethegar sein Leben gelassen hatte, waren die beiden Zauberer und die Novizen erneut auf einen Pfad gestoßen, der sich durch den Urwald schlängelte, und waren ihm gefolgt. Zwar waren im immer weicher und feuchter werdenden Boden keine Spuren auszumachen, aber Farawyn hatte dennoch das untrügliche Gefühl, dass der Weg erst vor Kurzem beschritten worden war und dass sie ihm nur zu folgen brauchten, um ans Ziel ihrer Reise zu gelangen.
Immer weiter ging es hinauf, über armdicke Wurzeln hinweg, und schließlich führten enge Serpentinen an einer moosüberwucherten Felswand empor. Sie mussten verdammt achtgeben, dass sie auf dem glitschigen Boden nicht ausglitten, denn auf der einen Seite des Pfades ging es tief hinab, auf der anderen ringelte sich allerlei giftiges Gewürm im Moos, das sich auf dem Fels der Bergflanke festkrallte.
Der Weg war mühevoll und schweißtreibend, nicht nur des steilen Aufstiegs wegen, sondern auch wegen der Hitze, und die Luftfeuchtigkeit nahm mit jedem Schritt noch zu und lastete schwer und drückend auf Granock und seinen Gefährten. Ihr Haar war klitschnass, und ihre Kleidung hatte sich schon bald derart voll gesogen, dass sie formlos und bleiern an ihnen hing. Sehen konnten sie längst nichts mehr, denn sie marschierten durch die grauen Wolken, die sich über dem Dschungel ballten,
und so umgab milchiger Dunst die Wanderer und ließ sie nicht einmal erkennen, wohin ihr Marsch sie führte. Am Mittag des zweiten Tages schließlich ging strömender Regen nieder, ohne dass sich die Dunst- und Nebelwand auflöste.
Für die Gefährten selbst machte es kaum einen Unterschied; ihre Kleidung, Ausrüstung und ihr Proviant waren bereits durchnässt, und da das Regenwasser lauwarm war, brachte es auch keine Abkühlung. Der von Feuchte gesättigte Boden allerdings vermochte kein Wasser mehr aufzunehmen, und auf einmal ergoss sich ein wahrer Gebirgsbach den Pfad herab und den Wanderern entgegen.
»Festhalten!«, ermahnte Farawyn seine Begleiter, was Granock mit einem freudlosen Schnauben quittierte. Woran denn, bitte schön? An leerer Luft? An glitschigem Felsgestein oder dem giftigen Moos? Er bekam schließlich eine Wurzel zu fassen, die von irgendwo herabhing und die ihm halbwegs vertrauenerweckend schien.
Vorsichtig arbeiteten sich die Gefährten weiter auf dem Pfad voran und erreichten eine Engstelle, die zwischen zwei Felsen hindurchführte. Im Wolkendunst, der sie noch immer umgab, sah Granock die Steine zunächst nur als dunkle Schemen zu beiden Seiten des Weges. Erst als er sie erreichte, erkannte er, dass sie glatt behauen waren und es sich um zwei Obelisken handelte, die eine Art Pforte bildeten. Sie schienen also nach wie vor auf dem richtigen Weg zu sein.
Granock drehte sich um. Als verschwommenen Umriss konnte er einige Schritte hinter sich Meisterin Riwanon erkennen, die einmal mehr die Nachhut übernommen hatte und sich beim Gehen auf ihren Stab stützte. Es war Granock nicht entgangen, dass die flasfyna ihren Trägern mehr Halt und sicheren Tritt verschafften, als dies ein gewöhnlicher Wanderstab vermochte, geradeso als würden sie für einen kurzen Moment mit dem Untergrund verwachsen.
Während sein argwöhnischer Blick zwischen den zwei bis drei Mannslängen hohen Obelisken hin und her pendelte, passierte Granock die Engstelle. Auf der anderen Seite erwarteten ihn mehrere verschwommene Schemen, die auseinanderzuhalten er allerdings inzwischen gelernt hatte: Die schlanke Gestalt, die sich schwer atmend auf einen Felsen stützte, war Alannah; der Schatten, der am Boden kauerte und das Gesicht in den Händen vergraben hatte, während er sich vom anstrengenden Aufstieg zu erholen suchte, war Aldur; und derjenige, der nach wie vor aufrecht stand, den Zauberstab mit dem matt leuchtenden Kristallkopf in den Händen, war Farawyn. Granocks Meister blickte sich um, konnte in Dunst und Regenschleiern aber ebenso wenig ausmachen wie die anderen. Tatsächlich fragte sich Granock, ob diese undurchdringliche Suppe, die sie umgab, überhaupt natürlichen Ursprungs sein konnte. Nach allem, was er bislang erlebt hatte, hielt er es durchaus für möglich, dass jemand dieses Phänomen herbeigerufen oder künstlich erzeugt hatte. Die Zauberer jedoch würden sich dadurch nicht aufhalten lassen.
Da Farawyn nichts erkennen konnte, legte er den Kopf in den Nacken, so als würde er angestrengt lauschen, aber abgesehen vom immerwährenden
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