Die Zauberer 01 - Die Zauberer
sie keine weiteren Fragen, hob die Hände, und dann explodierte ihre geballte Gedankenkraft nahezu in einer Eruption gletscherblauen Eises, das direkt aus ihren Handflächen zu kommen schien, sich zu einer Lawine vereinte und in einem kurzen Bogen auf Aldurs Feuerwalze zuschoss.
Die Elemente prallten aufeinander, und durch die Hitze schmolz das Eis augenblicklich, verpuffte zu zischendem Dampf, doch aufgrund der enormen Wucht, mit der Alannah das Eis geschleudert hatte, verdampfte es nicht vollständig, sondern gischtete als Wasser durch die feurige Barriere und traf Aldur als warmer Schwall.
Gleichzeitig wirkte Granock seinen zweiten Zeitzauber, und indem er die Zeit um Aldur herum nahezu zum Stehen brachte, ließ er das Wasser erstarren, das den Elfen wie ein bizarr geformter Glaspanzer einhüllte. Auch Aldur bewegte sich nicht mehr, er war in dem erstarrten Wasser gefangen und sein Kontakt zur Außenwelt unterbrochen, sodass sein Zauber und damit auch die Feuerwalze in sich zusammenfielen.
Das Duell war entschieden.
»Wer ist Sieger?«, fragte Granock schwer atmend in Riwanons Richtung; erneut den Zauber zu wirken, hatte ihn nahezu seine ganze Kraft gekostet. »Alannah und du«, kam es ein wenig widerwillig zurück. »Aldur hat verloren.«
Ogan und zwei oder drei andere verfielen in lauten Jubel - die übrigen Novizen verharrten in stiller Betroffenheit. Granock war dennoch zufrieden und hob den Bann auf.
Das Wasser, das allen Naturgesetzen zum Trotz Aldur wie einen harten Panzer umgeben hatte, klatschte zu Boden. Der Elf war bis auf die Haut durchnässt und prustete. Seine Busenfreunde Zenan und Haiwyl eilten besorgt zu ihm. Aldur brauchte einen Moment, um zu begreifen, was geschehen war, dann wurden seine sonst so blassen Züge purpurrot. »Nein!«, brüllte er so laut, dass sich seine Stimme überschlug. »Das kann nicht sein! Das ist nicht möglich! Das Duell ist noch nicht zu Ende!«
»Doch, das ist es«, widersprach Alannah, »und du bist der Unterlegene.« »Nur weil dieser da nicht ehrlich gekämpft hat«, fauchte Aldur, anklagend auf Granock zeigend.
»Was meinst du mit ehrlich?«, fragte Ogan genüsslich, der sich mit Meisterin Riwanon und den anderen Novizen näherte. »Meinst du etwa, er hätte rücksichtsvoller gegen dich vorgehen sollen? Was bringt dich auf den Gedanken, dass wir hier Rücksicht lernen? Im Kampf gegen die Mächte des Bösen stehst du wütenden Trollen gegenüber oder Horden von Unholden was glaubst du wohl, wie rücksichtsvoll die mit dir umspringen?« Aldur erkannte, dass es seine eigenen Worte waren, die nun gegen ihn verwendet wurden, und wütend marschierte er davon, während Granock und Alannah die Gratulationen ihrer Mitschüler entgegennahmen. Die meisten davon waren halbherzig dahingesagt und hörten sich nicht sehr aufrichtig an; dennoch hatte Granock das Gefühl, dass er sich zum ersten Mal die Achtung und den Respekt der anderen Novizen erworben hatte. Nicht einmal das Lob, das Meisterin Riwanon ihm aussprach, bedeutete ihm jedoch auch nur annähernd so viel wie der Kuss, den Alannah ihm auf die Wange hauchte. »Gut gemacht, cyfail«, flüsterte sie.
Erst sehr viel später an diesem Tag, als er wieder in der Abgeschiedenheit seiner Kammer weilte und eines seiner Lehrbücher zurate zog, erfuhr er, dass dieses Wort »Freund« bedeutete.
Nachdem Riwanon Granocks Verletzungen mit einem Heilzauber innerhalb von Augenblicken kuriert hatte, begann der eigentliche Unterricht, für den an diesem Tag allerdings kaum noch jemand wirkliches Interesse aufbringen konnte. Das dramatische Duell stand den Novizen noch viel zu deutlich vor Augen, als dass sie gleich wieder zur Tagesordnung hätten übergehen können. Zu ungeheuerlich war das, was geschehen war, zu überraschend der Ausgang des Kampfes, zu eindeutig die Niederlage, die der beste Schüler des dysbarth vor aller Augen erlitten hatte.
Als die Lektion beendet war und alle Schüler den Saal verließen, blieb Aldur allein bei seiner Meisterin zurück, noch immer mit bebender Brust und zorngeballten Fäusten.
»Besiegt zu werden ist schwer zu ertragen, nicht wahr?«, fragte ihn Riwanon sanft.
»Er hat mich nicht besiegt, Meisterin«, widersprach Aldur trotzig. »Dass er das Duell für sich entscheiden konnte, war reines Glück.«
»Sich eine Niederlage einzugestehen, ist keine Schande, Aldur. Im Gegenteil, wenn wir unsere Schwächen erkennen, um an ihnen zu arbeiten und sie auszumerzen, ist das der Beginn unseres
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