Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Kerker von Borkavor. »Ein Tunnel, wie breit er auch immer sein mag, gewährt stets nur einer begrenzten Anzahl von Kriegern Zugang. Er kann nur schwer verteidigt, dafür aber umso leichter zerstört werden.«
»Was vermutet Ihr dann?«, wollte Meisterin Tarana wissen.
»Ich denke«, antwortete Farawyn und ließ seinen Blick an den Fundamenten emporwandern, bis er sich in der Dunkelheit verlor, »dass sie die Mauern zum Einsturz bringen wollen. Dann hätten sie mit uns leichtes Spiel.«
»Die Mauern zum Einsturz?« Irgon und seine Obristen tauschten betroffene Blicke. Auch Granock fand den Gedanken alles andere als erheiternd. »Ihr meint, der Feind will den Palast unterminieren, so wie Zwerge es zu tun pflegen?«
»Ja und Nein. Zwerge pflegen Stollen anzulegen und mit Holz abzustützen. Anschließend verbrennen sie die Stützen, und der einstürzende Stollen bringt das darüberliegende Gebäude zu Fall. Ein solches Vorgehen hätte bei diesen Mauern jedoch keinen Erfolg, denn ihre Fundamente reichen tiefer in die Erde als die irgendeines anderen Bauwerks.«
»Aber was haben sie dann vor?«, fragte Granock.
Farawyn seufzte. »Ich fürchte, dass sie die zerstörerische Kraft der Blutkristalle nutzen werden. Bislang haben sie es nicht getan, obwohl wir wissen, dass sie sich noch immer in ihrem Besitz befinden.«
Granock und Alannah nickten. Damals in Arun waren Aldur und sie in der alten Drachenfestung Nurmorod auf die Blutkristalle gestoßen - Elfenkristalle, die man mit dem Lebenssaft unschuldiger Menschen verdorben und nur zu dem einen Zweck gezüchtet hatte, Tod und Vernichtung zu verbreiten.
Granock wusste, dass sie unter großer Hitze schreckliche Zerstörungskraft zu entfesseln vermochten - wenn dies in einem Stollen nahe der Kaverne geschah, konnte das die Pfeiler Tirgas Lans tatsächlich zerstören! Der Palast und die ihn umgebenden Mauern würden einstürzen, und was dann geschah, wollte sich Granock lieber gar nicht ausmalen, der bloße Gedanke war erschreckend genug. So also, sagte er sich, fügten sich also die einzelnen Steine in das Mosaik. Hatte Margok all diese Dinge von Anfang an geplant? Hatte er immer gewusst, dass der Kampf um Tirgas Lan auf diese Weise entschieden würde ...?
»Was können wir tun, Hoheit?«, fragte Irgon Farawyn.
Der zum König erwählte Zauberer überlegte kurz und wandte sich dann wieder Granock zu: »Könntest du eine solche Explosion aufhalten? Ich weiß, du hast es schon einmal getan ...«
Auch das stimmte - während der Schlacht im Flusstal hatte Granock sich und seinen Freunden das Leben gerettet, indem er seine Gabe benutzt und die vernichtende Wirkung für einige entscheidende Augenblicke hinausgezögert hatte. Aber würde es ein zweites Mal gelingen? »Ich bezweifle es«, gestand Granock ehrlich. »Damals hat es sich nur um einen einzigen Blutkristall gehandelt, und die Wirkung meines Zaubers war dennoch nur von kurzer Dauer. Wenn es diesmal mehr von ihnen sind oder sie an verschiedenen Orten gezündet werden ...«
»Und wenn wir den Splitter des Annun dazu benutzen, deine Kraft zu verstärken?«, wandte Alannah ein.
»Dann wäre ich vielleicht in der Lage, die Katastrophe ein wenig länger hinauszuzögern, keinesfalls aber lange genug, um die Mauern zu verstärken oder unsere Leute vom entsprechenden Abschnitt abzuziehen«, erwiderte Granock kopfschüttelnd. »Die einzige Art, einen Angriff dieser Art abzuwenden, ist, es erst gar nicht dazu kommen zu lassen.«
»Was meinst du?« Farawyn hob eine Braue.
»Jemand müsste den Palast im Schutz der Dunkelheit verlassen, den Eingang des Stollens suchen und ihn zerstören.«
»Das ist eine sehr gute Idee«, stimmte Irgon zu. »Ich werde einen Trupp von Freiwilligen zusammenstellen, der ...«
»Nehmt es mir nicht übel, General«, wandte Granock ein, »aber ich glaube nicht, dass diese Aufgabe von herkömmlichen Kämpfern bewältigt werden kann.«
»An wen hast du gedacht?«, wollte Farawyn wissen, obschon er sich die Antwort bereits denken konnte.
»Zauberer sollten gehen«, erklärte Granock nur. »Und ich werde sie anführen.«
»Du?« Farawyn musterte ihn mit einem stummen Blick. »Ist dir klar, worauf du dich einlässt, Junge?«
»Natürlich«, erwiderte Granock ohne Zögern, auch wenn es eine glatte Lüge war. Wie konnte er auch nur annähernd ermessen, welch große Verantwortung er sich in diesem Moment auflud? Er, der als Dieb auf den Straßen Andarils aufgewachsen war, wollte das Elfenreich vor dem
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