Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
vielmehr jemand ...
Granock traute seinen Augen nicht, als inmitten leerer Luft eine schemenhafte Gestalt erkennbar wurde, die aussah, als wäre sie von gesprungenem Glas überzogen. Blitzschnell schoss sie vom Boden hoch und bewegte sich blitzschnell auf den Tisch zu, wo noch immer der Kristall lag.
»Keinen Schritt weiter!«, rief Farawyn mit lauter Stimme, doch die Gestalt kam der Aufforderung nicht nach. Sie streckte ihre Hand - oder was immer es war - nach dem Kristallsplitter aus, und Farawyn, der sein Schwert gezogen hatte, hieb zu.
All das war innerhalb eines Atemzugs geschehen, sodass Granock kaum mitbekommen hatte, was geschah. Er begriff erst, als eine abgetrennte, blutige Hand auf dem Tisch lag. Ein gellender Schrei erklang dazu, und Granock wurde bewusst, dass er die Stimme kannte.
Der Schemen hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Er wankte hin und her, während aus dem Nichts Elfenblut pulsierte, ein grotesker Anblick. Dann verdichtete sich die Gestalt und gewann deutlichere Konturen. Eine hagere Gestalt in einer weiten Robe wurde sichtbar, dazu faltige Gesichtszüge und streng zurückgekämmtes Haar...
»Cysguran!«
Farawyn rief den Namen, während der verblüffte Granock noch immer darüber rätselte, woher er die Stimme kannte. Und tatsächlich: Der Schemen, dessen schmerzverzerrte Züge jetzt deutlich hervortraten, war kein anderer als Farawyns Rivale!
Granock sprang auf wie von einer Tarantel gestochen. Er hielt den Atem an, während seine Blicke zwischen den beiden Zaubermeistern hin und her pendelten. Er erinnerte sich, dass Cysgurans reghas darin bestand, nahtlos mit der Umgebung zu verschmelzen und auf diese Weise unsichtbar zu werden - aber weshalb hatte er diese Fähigkeit gegen Farawyn eingesetzt?
»Habt Ihr wirklich geglaubt, dass Ihr mich noch einmal täuschen könntet?«, donnerte der Älteste, das Schwert noch in der Hand. »Dass ich so einfach zulassen würde, dass Ihr den Kristallsplitter stehlt?«
Cysguran erwiderte nichts darauf. Schwer atmend stand er vor dem Ältesten, auf den Tisch gestützt und den blutigen Stumpf an sich pressend - und wirkte plötzlich einen tarthan.
Der Gedankenimpuls traf Granock wie ein Fausthieb und schickte ihn erneut zu Boden, nicht jedoch Farawyn, der damit gerechnet zu haben schien. Mit einer fast beiläufig wirkenden Geste wischte der Älteste den Stoß beiseite und ließ ihn ins Leere gehen. Kurz darauf jedoch wurde Cysguran von einem nicht minder harten Hieb getroffen und zu Boden geschmettert. Und noch ehe er sich wieder erheben konnte, traf ihn ein Zeitbann.
Cysguran erstarrte, das Gesicht eine schmerzverzerrte Fratze. Farawyn nickte Granock in grimmiger Anerkennung zu. Dann trat er zu seinem hilflos am Boden liegenden Gegner, setzte ihm die Schwertspitze an die Kehle und wartete ab, bis die Wirkung des Banns nachließ.
»Könnt Ihr mich hören?«, fragte er nur, und Granock erschrak über die Kälte in der Stimme des Zauberers.
Cysguran nickte krampfhaft. Das Sprechen schien ihm schwerzufallen.
»Seid Ihr überrascht?«, fragte Farawyn.
Der andere antwortete nicht. Er schien damit beschäftigt, seine Selbstheilungskräfte einzusetzen, um die Blutung zu stillen und den Schmerz unter Kontrolle zu halten.
»Ich habe es geahnt, wisst Ihr«, erklärte Farawyn, »aber ich wollte es nicht wahrhaben, sagte mir immer wieder, dass es zu einfach wäre. Schließlich wart Ihr einst Palgyrs Anhänger, und es lag nahe, Euch zu verdächtigen. Aber genau das war Eure Strategie, nicht wahr? Ihr wusstet, dass das Ideal der Vergebung es uns verbieten würde, Euch erneut der Zusammenarbeit mit dem Feind zu bezichtigen.«
»Der Zusammenarbeit mit dem Feind?«, fragte Granock, der noch immer nicht verstand.
»Er ist ein Spion Margoks«, erklärte Farawyn, ohne mit der Wimper zu zucken. »Uns gegenüber hat er beteuert, sich von Rurak losgesagt zu haben; in Wirklichkeit hat er ihm all die Jahre weiter gedient. Kein anderer als er ist der Verräter, den wir in unseren Reihen hatten. Er war es, der dem Feind die Stadttore geöffnet hat!«
Granock schaute erschrocken auf Cysguran. Er hatte den eitlen und selbstsüchtigen Zaubermeister nie besonders gemocht, aber diese Wendung entsetzte ihn. Ebenso wie die zwangsläufige Folgerung, die sich daraus ergab. »Dann ... war er es auch, der Vater Semias ermordet hat?«
»In der Tat - und zahllose andere, die seines Verrats wegen sterben mussten. Nicht wahr, Bruder?«
Cysgurans Mundwinkel fielen in
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