Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Zornesröte ins Gesicht schoss. Erschrockene Rufe wurden unter den Ratsmitgliedern laut. »Das steht nicht zur Diskussion! Wie könnt Ihr nur einen solchen Gedanken äußern, Cysguran? Zeigt Ihr jetzt Euer wahres Gesicht?«
»Eine solche Äußerung ist unter Eurer Würde, Farawyn«, hielt der Gescholtene dagegen. »Es stimmt, dass ich einst ein Parteigänger Palgyrs war, aber ich habe mich von ihm abgewandt, als ich von seinen wahren Absichten erfuhr. Und selbst Ihr solltet wissen, dass meine ganze Loyalität diesem Orden gilt und den Werten, für die er steht!«
»Ist das so?«, knurrte Farawyn.
»In der Tat. Außerdem habt Ihr mich meine Überlegungen nicht zu Ende führen lassen. Ich denke keineswegs daran, die Nähe des Dunkelelfen zu suchen und auf seine Verlockungen hereinzufallen!«
»Sondern?«, fragte Farawyn zähneknirschend, dem soeben klar wurde, dass Cysguran ihn ein weiteres Mal vorgeführt hatte. »Was gedenkt Ihr dann zu tun, Bruder?«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit, als Margoks Nähe zu suchen oder dem sicheren Untergang ins Auge zu blicken, und Ihr solltet sie uns nicht länger vorenthalten! Öffnet endlich die Archive und gebt uns Einblick in die verbotenen Bücher!«
»Niemals!«
Es war nicht Farawyn gewesen, der mit lauter Stimme geantwortet hatte, sondern Meisterin Atgyva.
Die gwarshura war aufgesprungen, und obschon Cysguran der Sprecher ihres eigenen Flügels war, taxierten ihre eisgrauen Augen ihn mit misstrauischen Blicken. »Niemals«, wiederholte sie noch einmal, gefasster diesmal.
»Hüterin Atgyva«, sagte Cysguran, »wir kennen Euren Standpunkt, was die Geheimnisse des gwahärthana betrifft. Aber selbst Ihr müsst zugeben, dass uns dieses Wissen helfen könnte, Margoks Angriffe abzuwehren.«
»Zu welchem Zweck?«, fragte die Bibliothekarin, die sich trotz ihres betagten Äußeren aufrecht hielt und von einem unbeugsamen Willen erfüllt schien. »Um am Ende ebenso zu werden wie der Dunkelelf?«
»Ist es ein Fehler, sich zu verteidigen?«
»Nein.« Atgyva schüttelte das Haupt mit dem kurz geschnittenen schlohweißen Haar. »Solange man dabei nicht auf die Seite der Dunkelheit wechselt.«
Cysguran schürzte die Lippen. Dann nickte er, scheinbar verständnisvoll. »Ich verstehe Euch, Schwester. Es ist Eure Pflicht, über die Wissensschätze von Shakara zu wachen. Zu diesem Zweck wurdet Ihr in die Ordensburg berufen, und alle Anwesenden hier können bezeugen, dass Ihr Eure Aufgabe stets verlässlich und zu aller Zufriedenheit erfüllt habt.«
»Ich danke Euch, Bruder«, erwiderte die Hüterin und deutete eine Verbeugung an.
»Aber, Schwester, Ihr seid auch eine Heuchlerin«, fuhr Cysguran fort, womit er erneut Farawyns Zorn hervorrief.
»Was fällt Euch ein, Mann?«, donnerte der Älteste. »Genügt es nicht, dass Ihr Zwietracht in unsere Reihen sät? Müsst Ihr jetzt auch noch die ältesten und verdientesten Mitglieder unseres Ordens beleidigen?«
»Ich bleibe nur bei der Wahrheit«, beteuerte Cysguran gelassen. »Wir alle wissen, dass jener Sieg, der vor vier Wintern im Flusstal errungen wurde und dem Ihr selbst so große Bedeutung beimesst, niemals errungen worden wäre, hätte nicht einer aus unseren Reihen den Mut besessen, die Bahnen unseres engstirnigen Denkens zu verlassen und auf eigene Faust zu handeln. Ihr wisst, von wem ich spreche.«
»Wir wissen es«, bestätigte Farawyn, der plötzlich das Gefühl hatte, ein Stück Blei liege in seinem Magen. Der Wortwechsel entwickelte sich auf eine Weise, bei der er nur verlieren konnte, egal wie die Sache ausging.
Sein Amtsbruder Gervan schien seine Unsicherheit zu fühlen. »Es ist allgemein bekannt, dass Bruder Rothgan sich damals verbotener Mittel bediente, um die Schlundverbindung zu zerstören und Margok dorthin zurückzutreiben, woher er gekommen war. Jedoch war es ein einmaliges Ereignis, das ...«
»Wenn ich mich recht entsinne, seid Ihr selbst es gewesen, der Rothgan damals fragte, woher er sein Wissen über die Blutkristalle hatte«, fiel Cysguran ihm ins Wort. »Und ist Eure Frage jemals beantwortet worden?«
»Nein«, musste Gervan zugeben.
»Nein«, echote Cysguran. »Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass sich Bruder Rothgan verbotener Bücher bedient hat - Bücher aus Eurer Obhut, Hüterin Atgyva! Also redet mir nicht von Euren Aufgaben und Pflichten, wenn Ihr sie bereits einmal so sträflich vernachlässigt habt!«
»Hütet Euch, Bruder!«, rief Farawyn. »Ihr habt nichts in der Hand, um
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