Die zauberhafte Tierhandlung, Band 03: Lotte und das Einhorn (German Edition)
durchaus beunruhigt wirkte, versuchte er, ihr Mut zu machen. »Erinnerst du dich, was ich dir gesagt habe, als du Ruby von unserem Laden erzählen wolltest?«, fragte er sanft.
Lotte versuchte, zurückzudenken, aber schließlich schüttelte sie entschuldigend den Kopf.
»Die Menschen haben die erstaunliche Fähigkeit nur das zu sehen, was sie sehen wollen«, erklärte Onkel Jack. »Wie deine Mutter.«
»Ach ja.« Lotte erinnerte sich jetzt wieder. »Nur die richtigen Leute würden es verstehen. Aber du hast auch gesagt, Ruby würde vielleicht nicht mehr mit mir befreundet sein wollen«, fügte sie langsam hinzu.
»Genau. Sie hätte immer das Gefühl gehabt, dass an dir etwas komisch ist, auch wenn sie nicht hätte sagen können, was genau. Sie hätte dir nicht vertraut.« Onkel Jack seufzte. »Das ist, worüber Louis und ich uns Sorgen machen.« Er lächelte ihr traurig zu. »Ich lebe schon so lange hier. Unsere Familie gehört hierher. Wenn die Leute uns gegenüber argwöhnisch werden, selbst wenn sie nicht wissen, warum, wird all das kaputt gemacht. Das ist mein Zuhause. Ich möchte nicht von hier fort.«
»Ich auch nicht!« Lotte schnappte nach Luft. Und es stimmte. Netherbridge fühlte sich inzwischen viel mehr wie ein Zuhause für sie an als das Appartement, in dem sie mit ihrer Mutter gelebt hatte. Sofie stupste sie liebevoll mit ihrer nassen Schnauze am Bein. Lotte hatte ihr versprochen, dass sie niemals dorthin zurückkehren und sie allein lassen würde, aber Sofie machte sich trotzdem Sorgen deswegen. Wie könnte Lotte zwischen ihrer Mutter und Sofie wählen?
»Falls dieser neue Laden anfängt, unsere Geheimnisse auszuposaunen, würde das Leben für uns sehr schwierig werden«, sagte Louis Fieldfare grimmig.
»Könnt ihr nichts dagegen unternehmen?«, fragte Lotte und sah ängstlich zwischen den beiden Männern hin und her.
Onkel Jack streckte in einer hilflosen Geste die Hände aus. »Wie denn? Wir können diese Frau nicht zwingen, ihren Laden zu schließen. Das liegt nicht in unserer Macht.« Er seufzte. »Vielleicht werden die Leute nicht den Wunsch verspüren, diese Sachen zu kaufen«, brummte er.
Mr Fieldfare lachte bitter auf. »Es handelt sich vielleicht um gefährliche Magie, aber sie ist als Liebeszauber und Wahrsagerei getarnt. Man wird ihr die Bude einrennen.« Er ließ sich niedergeschlagen auf einen Hocker am Tresen sinken.
»Kopf hoch, Louis.« Mr Bucklebank, kam aus dem hinteren Raum zurück zu ihnen, wo er Onkel Jacks Echsen bewundert hatte. Eine von ihnen hockte auf seinem Hut. »Erzähl Jack von deiner Entdeckung.«
Mr Fieldfare lächelte und schüttelt den Kopf. »Jacob glaubt, ich bilde mir das nur ein, aber ich weiß, ich hab es gesehen. Wir machten einen Spaziergang, die Landschaft hier ist so hübsch, wisst ihr, und Jacob war bisher noch nie in Netherbridge. Und du wirst niemals erraten, was wir gesehen haben! Ein Einhorn! Ausgerechnet auf dem Netherbridge-Hügel.«
Onkel Jack erbleichte. Es war erschreckend mitanzusehen, die Farbe wich ganz einfach aus seinem Gesicht und ließ es schneeweiß unter dem lockigen schwarzen Haar zurück.
»Oh! Oh, Jack, es tut mir leid. Ich hatte es ganz vergessen.« Mr Fieldfare legte eine Hand auf Onkel Jacks Arm.
»Nicht in Gegenwart von … « Onkel Jack zeigte vage auf Lotte, die ihn und Mr Fieldfare verblüfft anstarrte.
»Nein, nein, natürlich nicht. Auf gar keinen Fall.« Mr Fieldfare sah sie erschrocken an.
»Was denn?«, bat Lotte flehend, aber Onkel Jack schüttelte den Kopf.
»Nichts. Gar nichts. Eine alte Erinnerung, Lotte.« Er rieb sich erschöpft mit der Hand übers Gesicht. »Lotte, ich brauche etwas frische Luft. Einen kurzen Spaziergang. Du und Sofie könnt den Laden für eine halbe Stunde schmeißen, nicht wahr? Danny wird auch bald zu Hause sein.«
Lotte nickte widerstrebend. Sie wusste, er würde ihr nicht mehr erzählen. Ihr Onkel besaß die erstaunliche Fähigkeit, über Fragen hinwegzuschlittern, und Danny hatte sie geerbt. Unterhaltungen mit den beiden gaben einem mitunter das Gefühl, auf Treibsand zu laufen.
Sie sah zu, wie die drei Männer aus dem Laden eilten. Sie war sich ziemlich sicher, wohin sie gingen.
Auf direktem Wege zum Netherbridge-Hügel.
Lotte holte ihre Hausaufgaben raus und setzte sich mit Sofie auf dem Schoß an die Ladentheke. George, der Hamster, machte ein Erholungsnickerchen in seinem neuen Käfig und hatte sich resolut geweigert, aufzuwachen und sich in Augenschein nehmen zu lassen,
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