Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
zuckte mit den Schultern. »Wir müssen sie fragen.«
»Deine Schwester ist hier? Moment mal.« Kalira stutzte. »Als wir angegriffen wurden, war ein Mädchen bei uns. Sie nannte sich …«
»Das war Michaela.«
»Ich möchte sie sehen.« Kalira blickte an sich hinunter. »Treffen wir uns später in der Bibliothek? Ich möchte nach all den Wochen endlich raus aus diesen Nachtgewändern und vernünftige Kleider tragen.«
Juliane umarmte Kalira noch einmal, ehe sie mit Aran das Gemach verließ.
*
Vor der Tür lag Michaela im Clinch mit Kaliras Zofe.
»Verdammt, lass mich doch rein! Ich könnte dir ein paar Backpfeifen verpassen und trotzdem reingehen«, drohte Michaela.
»Ihr dürft nicht hinein! Niemand hat mir erlaubt, Euch vorzulassen«, zeterte die Zofe und stellte sich mit schützend ausgebreiteten Armen vor die Tür.
»Scheiße!« Als sie Juliane sah, erhellte sich ihre Miene.
Juliane nickte der Zofe zu.
»Komm mit, Michaela. Kalira möchte uns alle in der Bibliothek sehen.«
Michaela warf der Zofe einen bösen Blick zu, ehe sie hinter Juliane und Aran hertrottete. »Geht es Kalira gut?«
»So gut, wie es jemand gehen kann, der all das durchmachen muss«, entgegnete Juliane.
»Ich hoffe, du wirst uns alles über Ranon und deine Rolle in dieser Angelegenheit erzählen«, sagte Aran.
»Klar, mach ich. Ich habe ihm nur versprochen, zu schweigen, bis Kloob besiegt ist.«
Ihre Schwester drehte sich um. »Ist er noch da?«
Michaela schüttelte den Kopf. »Er ist weg. Wie er es geschworen hatte.«
Aran öffnete die Tür zum Bücherzimmer und ließ Michaela und Juliane den Vortritt.
Michaela warf sich in den Lesesessel und überschlug ihre Beine. Sie zupfte an ihrer Kleidung. »Ich habe keinen Bock die Geschichte zweimal zu erzählen. Ich warte auf Kalira«, sagte sie, während sie ihre Fingernägel musterte, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt. »Shit, wieder ein Nagel abgerissen!« Sie begann, ungeniert die restlichen Fingernägel abzuzupfen.
Als die Tür aufging und Kalira eintrat, sprang Michaela auf. Sie blieb stehen, bis Kalira zu ihr kam und sie kurz umarmte.
»Du bist Julianes Schwester?«
Michaela nickte stumm.
»Du bist das Mädchen, das wir aufgelesen hatten. In der Nacht, als die Höllenwesen angriffen.« Kalira ging zu einem der Stühle und setzte sich.
»Ja«, Michaela ließ sich in den Sessel sinken.
»Berichte mir alles aus jener Nacht.«
Michaela startete ihre Schilderung mit der Flucht vor dem Graugnom und ihrer Rettung durch Ku’guar. Sie würzte die Schilderung der Ereignisse mit den humorvollen Dialogen, die sie mit Ranon gewechselt hatte, und freute sich, als Kalira darüber lächelte. Als sie erzählte, dass Shaara von Ranons Anwesenheit gewusst hatte, warf sie Juliane einen kurzen Blick zu. Diese zuckte mit keiner Wimper. Sie und Aran ergänzten die Erzählung soweit wie nötig. Vor allem den Teil im Turm. Denn Michaela war benebelt gewesen und hatte das Drumherum erst wahrgenommen, als der Turm einstürzte.
Michaela wandte sich Kalira zu. Sie schluckte. Sie wusste, wie sehr Ranon trauerte und hier saß seine Frau und litt mindestens ebenso sehr. »Ich bin froh, Ranon kennengelernt zu haben. Er war wirklich ein cooler Typ. Sehr ehrenwert und freundlich,«.
Tränen standen in Kaliras Augen. »Wie war es, ihn …«, sie verstummte, weil ihr die Worte fehlten.
Michaela dachte nach. »Seinen Geist zu beherbergen? Schwer, es fühlte sich an, als wäre ich doppelt so schwer. Und ständig hat jemand Kommentare abgegeben, die niemand sonst hörte. Er hat mich wirklich verrückt gemacht. Er liebt dich sehr«, fügte sie hinzu, als sie Kaliras Trauer sah.
Juliane ging zu Kalira und umarmte sie.
»Er fehlt mir. Ich habe ihn auch geliebt.«
Kalira barg ihr Gesicht an Julianes Schulter und weinte leise.
Irgendwann verebbten Kaliras Tränen und sie schob Juliane von sich. Sie berührte die Schnur um Julianes Hals. »Offensichtlich habt ihr die Zeit auch für Angenehmes genutzt. Ihr habt euch verbunden.« Ihre Stimme zitterte, doch ihre Freude war ehrlich. Ihr Blick wanderte zwischen Aran und Juliane hin und her. »Ich freue mich für euch.« Sie zwinkerte Aran aus tränenfeuchten Augen zu. »Ich hoffe, du bist künftig umgänglicher und weniger verbissen.«
»Das kann auch nur eine Frau glauben«, brummte er.
*
Michaela sank auf ihr Bett. Nach einem ausgiebigen Nachtmahl und einem heißen Bad war sie recht schaffend müde. Sie zog die Decke über
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