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Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
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quasi vorprogrammiert.
    Ehrlich gesagt war es eher eine Party als eine Warteschlange, nur dass man einander nicht fragte »Und, was machen Sie so?«, um ins Gespräch zu kommen, sondern »Und, wie sind Sie gestorben?«. Und dann erspähte ich den Adonis in Jogginghose und T-Shirt etwas weiter hinten. Es war eine dieser klassischen »Huch, erwischt«-Situationen. Unsere Blicke kreuzten sich flüchtig, wir wandten uns verlegen ab, guckten aber beide gleich noch einmal ganz verstohlen hin. Ich lächelte ihn an, er lächelte zurück, und dann schlenderte er zu mir nach vorn. Ich ließ mir unauffällig den Ausschnitt meines schwarzen Oberteils von der Schulter rutschen (ein todsicherer Trick, den ich zu Lebzeiten oft erfolgreich angewendet habe). Der Kerl war heiß: Mitte dreißig, volles, dunkelblondes Haar, wunderschöne grüne Augen – kurz, ein Robert-Redford-Typ.
    »Ist das deiner?«, fragte er und ging in die Knie, um Peaches zu streicheln.
    »Ja«, sagte ich und lächelte mit schief gelegtem Kopf auf ihn hinunter. Als mir klar wurde, dass ich mit ihm flirtete, als stünde ich vor einem Club in L. A. und nicht vor dem Himmel, wäre ich am liebsten im Boden versunken.
    »Süß«, stellte er fest. »Ich heiße übrigens Adam Steele.« Er richtete sich auf und reichte mir die Hand.
    »Alex Dorenfield.« Ich lächelte.
    »Und, was meinst du zu dieser Schlange?«, wollte er wissen.
    »Ganz schön nervig.« Ich zog die Nase kraus, als stünde ich mir jeden Tag vor dem Himmelstor die Füße in den Bauch.
    »Wie bist du gestorben?«, fragte er mich.
    »Ein Auto hat mich erwischt. Und du?«
    »Herzinfarkt. Ich war im Fitnessstudio und hab mich am Ellipsentrainer ausgetobt, als es passiert ist. Echt ärgerlich. Ich wusste gar nicht, dass ich ein Herzleiden hatte. Wie auch? Ich war gerade mal Mitte dreißig und topfit.«
    »Ganz schön unfair.«
    »Was dich betrifft aber auch«, sagte er. »Wo hast du gelebt?«
    »Los Angeles. Und du?«
    »New York.«
    Wir schwiegen. Würde er mich um ein Date bitten? Hat man hier oben überhaupt Dates? Falls ja, wohin würden wir gehen? Gibt es einen Michelin-Führer für den Himmel?
    »Tja, ich schätze, ich sollte dann mal wieder zurück zu meinem Platz«, sagte er schließlich.
    Was antwortet man in so einer Situation? »Ach, bleib doch einfach hier stehen«? Ich zog in Erwägung, Mrs. O’Malley zu fragen, ob sie etwas dagegen hätte, damit ich noch ein bisschen mit Adam flirten konnte, aber das erschien mir dann doch frevelhaft.
    »Darf ich dich vielleicht mal anrufen?«, fragte er.
    »Gerne«, erwiderte ich. Die Braunsteins lächelten mich an, wie nur jüdische Eltern lächeln, wenn sie hoffen, dass sich eine junge Frau einen Freund angelt.
    »Vorausgesetzt, die haben hier oben Telefone.« Er gluckste.
    »Genau.« Ich gluckste ebenfalls. Gott, wie peinlich.
    Dann begab er sich zurück an seinen Platz in der Schlange, hinter den deutschen Schulkindern und den beiden betagten Pokerspielern. Ich wandte mich noch zweimal zu ihm um und winkte, aber das war’s. Ich kann nur hoffen, dass es im Himmel Telefone gibt. Bitte, bitte, bitte!
    Wenn man bedachte, dass anfangs gut zehntausend Leute vor mir in der Schlange gestanden hatten, ging es erstaunlich rasch voran. Ich könnte schwören, dass ich keine zwanzig Minuten warten musste. Wenn man tratscht und Schampus schlürft und flirtet, vergeht die Zeit eben wie im Flug. Kann aber auch sein, dass die Zuständigen richtig auf Zack sind. Vermutlich haben sich im Laufe der Jahrhunderte genügend Leute beschwert. Schließlich war ich also beim Himmelstor angelangt, das übrigens tatsächlich ein Tor ist, umstrahlt vom viel zitierten weißen Licht, genau, wie man sich das landläufig vorstellt.
    »Hi, Alex; hallo, Peaches«, begrüßte uns ein wunderschöner, brünetter weiblicher Engel mit einem Klemmbrett. »Willkommen im Himmel. Bitte begebt euch zum Check-in ins ›Haus der Glückseligkeit‹.« Ich warf einen Blick auf den Umgebungsplan, den sie mir reichte. Alle eingezeichneten Gebäude trugen »himmlische« Namen: »Haus der Göttlichkeit«, »Haus der Harmonie«, »Haus der Idylle« und so weiter. Ich musste lachen. Der Himmel ist ein einziges Klischee!
    Hier sitze ich nun also, in einem Warteraum im »Haus der Glückseligkeit«. Der Engel mit dem Klemmbrett meinte, gleich würde ich erfahren, wo ich künftig wohnen werde. Mrs. Braunstein ist ebenfalls hier, ihr Gatte dagegen wurde ins »Haus der Idylle« geschickt. Adam hat sich auf den Weg

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