Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)
Schultern. „Aber wir können es nicht ändern, Milady. Vorsicht ist besser als…“
„Aber was wäre, wenn wir uns ihnen offen zeigen?“, unterbrach Eleanor ihn ungeduldig. William starrte sie ungläubig an.
„Ihr wollt einfach so dort hinausgehen? Mitten zwischen die Dämonen?“
„Was soll denn passieren?“, fragte Eleanor. „Sie können mir nichts anhaben und dir auch nicht, solange du mich festhältst. Außerdem wissen wir jetzt, dass auch die gefallenen Engel mir nicht schaden können. Wir könnten mitten durch sie hindurch gehen und sie müssten tatenlos zusehen!“
William sah sie zweifelnd an. Ganz offensichtlich war er sich in diesem Punkt keineswegs sicher.
„Ihr wollt das wirklich wagen?“, fragte er verunsichert.
Eleanor nickte. Dann ergriff sie seine Hand und verschränkte ihre Finger in den seinen. Ein letztes Mal atmete sie tief durch und lächelte William an. Dann wandte sie sich um und trat auf die brennende Straße hinaus. Beinahe sofort hörten sie ein ohrenbetäubendes, pfeifendes Kreischen zu ihrer linken. Sie waren entdeckt worden.
…
„Ich verstehe das also richtig“, begann Oliver. „Ihr wollt dieses Mädchen finden und retten. Diese Eleanor. Und da ihr keine Ahnung habt, wo in der Hölle sie sich aufhält, braucht ihr eine Waffe gegen die Akoloythoi und Männer, die zu kämpfen bereit sind.“
Michael nickte.
„Ihr Plan hat nur einen Fehler, Master Michael. Wenn unser Gegner uns erst einmal entdeckt hat, wird er auch gegen uns vorgehen. Die Akoloythoi sind viele und sie werden sich noch zusätzliche Hilfe holen, wenn wir nicht schnellstens wieder in die Sicherheit dieses Krematoriums zurückkehren. Unsere Aktionen in der Stadt können nur erfolgreich sein, weil wir nie lange dort draußen bleiben. Aber wenn wir uns auf einen längeren Weg begeben, werden unsere Bestände an schwarzem Wasser irgendwann verbraucht sein und dann geht es uns schlecht.“
Michael nickte. „Ich weiß. Deshalb muss die Aktion auch geheim bleiben. Wir müssen unauffällig sein und dürfen nur kämpfen, wenn wir entdeckt worden sind und es sich nicht mehr umgehen lässt.“
Oliver schüttelte zweifelnd den Kopf. „Ich glaube nicht, dass wir dafür genügend Freiwillige zusammenbekommen“, sagte er bedrückt. „Um Sünderseelen in Sicherheit zu bringen hat es immer Freiwillige gegeben. Aber für eine derartige Aktion wird sich wohl niemand finden. Vor allem auch, weil die Chancen verschwindend gering sind, dass man hinterher heil zurückkommt. Ihr könnt es versuchen, Master Michael, aber ich glaube nicht daran.“
Oliver wies auf die Menschen in der Halle. Das Bild schien sich nicht verändert zu haben, seit sie in den Keller gegangen waren. Noch immer unterhielten die meisten von ihnen sich leise miteinander. Einige beteten auf den Knien und waren gänzlich in sich selbst versunken. Ein leises Raunen und Flüstern lag in der Luft, beruhigend und sanft.
Michael sank das Herz, als er die Menschen sah. Oliver hatte recht – warum sollten sie für ihn, einen Fremden, die Gefahren der Hölle dort draußen auf sich nehmen? Was er von ihnen erhoffte war vollkommen anders als alles, was sie bisher für ihr Seelenheil geleistet hatten. Es war eine Aufgabe, die für die meisten nur in der Vernichtung enden konnte. Die Hölle war unermesslich groß und unermesslich gefährlich. Sie wüssten nicht, wo sie nach Eleanor suchen sollten und sie würden sich nicht immer vor dem Bösen und seinen Dienern verstecken können. Und überhaupt, was, wenn sie Eleanor tatsächlich finden sollten? Was täten sie dann? Nein, Oliver hatte recht. Für diese Menschen gab es keinen Grund, die Sicherheit des Krematoriums auf Dauer zu verlassen. Unglücklich ließ er die Schultern hängen und blickte zu Elizabeth hinüber. Auch sie sah ratlos aus.
In diesem Augenblick entstand in der Vorhalle hinter ihnen ein Tumult. Oliver sprang sofort auf und lief in die Richtung, aus der aufgeregte Stimmen zu ihnen hinüberdrangen. Auch viele andere wurden auf die Neuankömmlinge aufmerksam, die nun in die Halle gestürmt kamen. In Windeseile bildete sich dort eine Menschentraube und das Stimmengewirr wurde so laut, dass es für einige Augenblicke unmöglich war, den Grund für die Aufregung herauszufinden. Schließlich gelang es Oliver sich einen Weg durch die Menge zu bahnen und die Aufmerksamkeit aller auf sich zu lenken.
„Ruhe!“, rief er. „Ruhe! Wir wollen hören, was es neues gibt!“
Nur zögernd
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