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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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„Sie formten aus dem faulenden Fleisch toter Sünder zahlreiche Kreaturen und gaben ihnen eine winzige Menge des göttlichen Feuers, um sie zum Leben zu erwecken. Es sind jene Wesen, die hier in der Hölle all jene Aufgaben versehen, für die sich die gefallenen Engel zu schade sind. Sie sind die Sklavenaufseher über die geschundenen Menschenseelen, sie quälen, plagen und strafen. Und sie sind die Jäger, die dafür sorgen, dass niemand den Ort seiner Seelenqual verlassen kann. An den Akoloythoi kommt niemand vorbei!“
    Michael blickte sie fassungslos an. Dann schob er sich noch einmal vorsichtig an Elizabeth vorbei und spähte die Straße hinunter. Eine Weile stand er ganz still da, dann zog er sich ebenso leise wieder zurück.
    „Diese… Kreaturen?“, zischte er. „Das sind Dämonen?“
    „Niedere Dämonen“, bestätigte Elizabeth. „Aber trotz allem ganz zweifelsfrei Dämonen.“
    Michael nickte gedankenversunken.
    „Wie gefährlich können die uns werden?“, fragte er schließlich.
    Erneut lief ein Schaudern durch Elizabeth. „Sie können praktisch alles, was auch die gefallenen Engel können. Einige von ihnen haben Flügel und können fliegen. Andere können nur laufen, aber schnell sind sie alle. Und nach allem was ich von ihnen weiß, sind sie ausgesprochen grausam und böse. Ein gefallener Engel mag auf Menschen nicht gut zu sprechen sein. Vielleicht hasst er sie sogar – aber in beinahe jedem von ihnen steckt doch noch etwas Göttlichkeit, etwas Gutes. Die Akoloythoi aber sind anders. In ihnen steckt all der Hass, den die gefallenen Engel auf uns empfinden und nichts von dem Guten, das Gott seiner Schöpfung mit auf den Weg gegeben hat. Sie ernähren sich vom Leid der gefolterten Seelen, sie sind gewalttätig, diabolisch und vollkommen gnadenlos. Wenn wir denen in die Hände fallen, wird es keine weitere Suche nach Eleanor geben!“
    Bei diesen Worten war Michael kreidebleich geworden. „Ich verstehe…“, stammelte er schließlich. Dann versteifte er sich erneut. „Was ist, wenn… wenn Eleanor denen in die Hände fällt?“
    „Dann ist sie geliefert!“, erwiderte Elizabeth.
     
    …
     
    Seite an Seite flogen Raphael und Lilith über den dunklen Nachthimmel. Da die Sonne noch nicht lange untergegangen war und sie gen Westen flogen, sahen sie schon bald wieder den roten Schein der Abenddämmerung vor sich am Horizont.
    Lilith musste nicht fragen um zu wissen, dass ihr erstes Ziel Stratton Hall war. Dort würden sie die Suche nach Eleanor aufnehmen. Die Frage war nur, ob Raphael zuerst im Sanatorium nachsehen, oder aber gleich in Asasels Krypta eindringen würde.
    Sie erreichten die Gegend um Stratton just in dem Augenblick, als die Abendsonne, die sie zuvor schon in Rom hatten untergehen sehen, ihre letzten Strahlen über den Horizont schickte. Raphael hielt auf den Park des Sanatoriums zu und landete dann unauffällig in den länger werdenden Schatten der Bäume, die um den kleinen See herum standen. Direkt neben ihm setzte Lilith auf.
    „Du bleibst hier!“, sagte er barsch. „Ich werde mich in ihrem Zimmer umsehen.“
    „Nicht ohne mich“, widersprach Lilith und eilte ihm hinterher. Raphael sah sich böse an, doch dann wandte er sich um und ließ sie gewähren. Mochte sie ruhig an seiner Seite bleiben, im Augenblick konnte kaum eine Gefahr für Eleanor von ihr ausgehen.
    Wie zwei schemenlose Schatten huschten sie über den Rasen auf das Hauptgebäude zu. Niemand würde sie sehen, niemand würde sie hören. Kurz darauf fanden die zwei sich unter Eleanors Fenster wieder und blickten hinauf. Dort oben brannte kein Licht, das Fenster war verschlossen und von ihrer Position aus wirkte das Zimmer verlassen und leer.
    Raphael blickte Lilith kurz an, dann breitete er seine Flügel aus und ließ sich nach oben tragen. Lilith folgte ihm, blieb jedoch einige Meter hinter ihm auf Abstand. Dies war Raphaels Suche und sie würde sich nur einmischen, wenn er Kontakt zu Eleanor aufnehmen würde.
    Ein zischendes Geräusch von ihm ließ sie jedoch zusammenfahren. Neugierig näherte sie sich und ein einziger Blick verriet ihr den Grund für seine Reaktion. Das Zimmer war leer. Mehr noch, es konnte keinen Zweifel daran geben, dass es zurzeit nicht belegt war. Eleanor wohnte mit Sicherheit nicht mehr hier.
    „Sie könnte verlegt worden sein“, flüsterte Lilith. „Vielleicht ist sie auf eine andere Station gekommen.“
    Ohne den Blick von dem leeren Zimmer zu wenden nickte Raphael stumm.

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