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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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Ravi de faire votre connaissance. Bienvenue à Rabat, madame «, sagte er, dann wandte er sich mir zu. »Ich warte in der Bar, einverstanden?« Und mit einer schwungvollen Bewegung seiner Djellaba rauschte er durch die moderne Hotellobby, wechselte ein paar freundliche Worte der Begrüßung mit dem Personal und sah ganz genauso aus, wie man sich einen Kameltreiber aus dem Mittelalter vorstellt. Ich schüttelte den Kopf und grinste. Ob es irgendwen in Rabat gab, den er nicht kannte?
    Anna bestellte Tee auf ihr Zimmer. »Englischen Tee«, sagte sie dem Mann am Empfangsschalter entschieden. » Thé anglais - nicht dieses Minzezeug. Twinings English Breakfast, falls Sie den haben.« Dann nahm sie mich am Arm und führte mich nach oben. Ich hatte schon halbwegs damit gerechnet, dort auf Michael zu treffen, doch das Zimmer war leer, und das war eine Erleichterung.
    »Dieser Bursche, der da eben bei dir war«, sagte Anna und schloss die Tür. »Sehr attraktiv. Ein unglaubliches Profil - wie eine männliche Nofretete. Wo hast du denn den aufgetan?«
    »Er hat mich aufgetan«, antwortete ich ausweichend. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus. Ich zwang mich, es zu
brechen. »Hör zu, Anna, ich muss etwas loswerden. Es tut mir entsetzlich leid. Ich weiß, wie unangemessen es ist, so was zu sagen, nach allem, was ich getan habe, und nach all der Zeit, aber ich meine es trotzdem so.«
    »Es ist nicht etwas, für das man sich einfach so entschuldigen kann, nicht?«
    »Nein. Ich habe keine Entschuldigung, nicht eine einzige. Ich weiß, dass es unsere Freundschaft zerstört hat.«
    »Ganz zu schweigen von meiner Ehe.«
    Ich senkte den Kopf.
    »Julia, ich habe das alles schon mit Michael durchgekaut, und ich will jetzt nicht noch einmal von vorn anfangen. Es ist vorbei, oder?«
    Ich nickte schweigend.
    »Dann hat es keinen Sinn, alte Geschichten wieder aufzuwärmen. Ich glaube, ich wusste es von Anfang an. Ehrlich gesagt, fühlte ich mich sogar auf komische Art schuldig, als ich ihn damals überredete, mich zu heiraten. Als hätte ich ihn dir weggeschnappt. Hätte man euch nicht dazwischengefunkt, wärt ihr beide vermutlich erheblich glücklicher miteinander gewesen als Michael und ich.« Sie lachte bitter. »Was nicht allzu schwierig sein dürfte. Aber letztendlich habe ich wenigstens etwas Gutes aus dem ganzen Durcheinander gewonnen.«
    »Einen neuen Anfang?«
    Sie nickte. »So könnte man es sagen. Ich bin nicht sicher, ob ich so weit gehen würde. Aber immerhin bin ich nach all den Jahren endlich schwanger. Mir ist zwar andauernd übel, aber ich will dieses Baby, ich habe es immer gewollt.«
    Mir fiel wieder ein, wie ich sie auf dem Bahnhof von Penzance gesehen hatte, so blass und verschlossen. Schwanger. Mit Michaels Kind. Und er, ewiger Feigling, der er war, hatte natürlich nicht den Mumm gehabt, mir diesen Teil der Geschichte zu erzählen. Beinahe hätte ich losgelacht. Michael hasste Kinder - ihren Krach, ihre Unordnung, ihr endloses Bedürfnis nach
Aufmerksamkeit. Bei mir war er geradezu besessen gewesen, was das Thema Verhütung anging. Er hatte sogar die Kondome auf Defekte untersucht, und einmal war er mit mir in die Apotheke marschiert, als uns eins geplatzt war, und hatte nach der Pille danach gefragt. Eine boshafte kleine Stimme in meinem Hinterkopf flüsterte: Geschieht dir recht . Anna mit ihrer sprichwörtlichen Entschlossenheit hatte am Ende bekommen, was sie wollte.
    »Herzlichen Glückwunsch, Anna. Das sind wunderbare Neuigkeiten.« Das meinte ich tatsächlich ernst.
    »Ich gebe meinen Job auf und arbeite nur noch als Freie. Die Zeitschrift hat mir einen Einjahresvertrag gegeben und danach, wer weiß? Michael hat deswegen schon schreckliche Zustände.«
    »Geld«, sagte ich nur.
    Sie lachte kurz und freudlos. »Hauptsächlich, ja.«
    »Deshalb wollt ihr das Buch zurückhaben. Ich nehme an, es ist ein kleines Vermögen wert, wenn man die richtigen Leute kennt.«
    »Nein, nein, darum geht es nicht -« Es klopfte an der Tür, und sie stand auf, um zu öffnen. »Oh, Sie sind es.« Ihre Stimme klang überrascht. »Vielen Dank, wie nett von Ihnen …«
    »Keine Ursache«, sagte Idriss und trat mit dem Teetablett ein. Er warf mir einen Blick zu. »Ich wollte nur sicher sein, dass alles in Ordnung ist.«
    Ich lächelte zu ihm auf. Er wirkte so groß und ernst mit seiner Djellaba und dem Turban. Unter anderen Umständen hätte ich ihn jetzt umarmt. Wahrscheinlich war es gut, dass Anna da war. »Alles

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