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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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klingt faszinierend.«
    »Ist es auch«, antwortete ich und presste es noch fester an mich.
    »Ich würde es mir gern noch einmal genau ansehen.« Er
streckte die Hand aus, und eine Sekunde lang bildete irgendein verräterischer Instinkt in mir sich ein, dass er nach mir griffe. »Das glaube ich.«
    Er runzelte die Stirn. »Julia, sei nicht sauer auf mich.«
    »Ich glaube, ich habe jeden Grund, sauer auf dich zu sein, findest du nicht?«
    »Ich wollte dich niemals verletzen, glaub mir.«
    »Warum bist du dann hier und stößt mich auch noch mit der Nase drauf? Warum das dämliche Gerede über Annas gottverdammtes Cottage? Wie kommst du darauf, dass es in Ordnung ist, wenn du aus heiterem Himmel hier aufkreuzt? Ich bin dreihundert Meilen gefahren, um weit weg von dir zu sein, und jetzt sitzt du vor mir und liest das gottverdammte Buch, das du mir zum Abschied geschenkt hast, und das war’s dann.«
    Mittlerweile schrie ich ihn an; jegliche Zurückhaltung war verschwunden. Er wurde blass. Mit Gefühlsausbrüchen hatte er noch nie umgehen können.
    »Beruhige dich doch. Bitte! Ich wollte wissen, ob alles in Ordnung mit dir ist, deshalb habe ich dich vor ein paar Tagen angerufen, und Alison ging ran. Sie sagte, dass sie sich Sorgen um dich macht, deshalb habe ich angeboten, herzukommen und die Sache mit Annas Haus zu regeln, damit ich dich treffen kann.«
    Ich starrte ihn finster an und dachte nach. Alison und ich waren vor ein paar Tagen im Lido schwimmen gewesen, einem herrlichen alten Jugendstilbad unten am Strand, wo man endlos in einem mit Meerwasser gefüllten Becken herumplanschen, den blauen Himmel oder den Kirchturm von St. Mary betrachten und sich vorstellen konnte, man sei an der Riviera. Nun fiel mir ein, dass ich irgendwann Alison am Telefon gesehen hatte, als ich träge meine Bahn zum tiefen Ende schwamm, aber ich hatte nicht mitbekommen, dass es mein Telefon gewesen war.
    »Sehr aufmerksam von dir, ja, wirklich.«
    »Nicht wirklich.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Wahrheit
ist, dass wir … äh … aus verschiedenen Gründen Geld brauchen.«
    Ich musste mir das kleine, gehässige Lächeln verkneifen, das in mir aufstieg. Doch nicht so auf Rosen gebettet. Nun, das war wenigstens ein Trost.
    »Ehrlich gesagt, es ist komisch, aber das Buch« - er deutete darauf - »stammte aus einer Hausentrümpelung irgendwo aus der Gegend. Es muss hier unten in Cornwall gelegen haben seit, wann war es, 1634?«
    »Nein, 1625.« Ich kniff die Augen zusammen. Offensichtlich hatte er keine Ahnung, dass ich im Bilde war und wusste, dass es aus dem Haus stammte, in dem wir gerade saßen. Ich hätte es ihm durchgehen lassen können, aber aus irgendeinem Grund wollte ich es nicht. »Alison hat mir gesagt, dass Andrew und sie es dir geschickt haben, zusammen mit einem ganzen Stapel anderer alter Bücher. Damit du sie verkaufst.«
    Er wurde rot. »Ah, ja. Nun, ich dachte, dass es dir gefallen würde, weil es um Stickerei ging und so weiter. Ich hatte es eine Weile für dich zurückgelegt und dann vergessen, bis …. nun ja, du weißt schon. Aber in Wirklichkeit war es ein Fehler. Ehrlich gesagt, du solltest es mir wiedergeben, wenn du es gelesen hast, damit ich es für Alison verkaufen kann. Bestattungen sind heutzutage nicht billig, und ich habe den Eindruck, dass Andrew ziemlich abgebrannt war.«
    Was für ein Filou er doch war! Ich wusste, sobald er es in die Finger bekam, würde er es verkaufen, das ja, aber genauso hätte ich wetten können, dass der volle Ertrag nie und nimmer auf Alisons Konto landen würde. »Vielleicht, wenn ich es zu Ende gelesen habe«, log ich und sah, wie sein Gesicht sich erleichtert entspannte.
    »Komm her, altes Mädchen«, sagte er und breitete die Arme aus.
    Wie ein willenloser Roboter ging ich auf ihn zu, und dann lag mein Kopf an seiner Schulter, und ich roch den Geruch nach
gebügeltem Leinen von seinem Hemd und einen Hauch seines üblichen Eau de Cologne, erhitzt von dem Körper darunter. Er umfasste meinen Kopf mit beiden Händen und drückte ihn an sich, und ich spürte, wie sein Herz schneller schlug. Das Buch drückte unangenehm gegen meine Brust, als er mich an sich zog. Doch dann wurde mir meine dumme Schwäche bewusst, und ich riss mich mit flammenden Wangen los.
    »Geh weg«, sagte ich. »Tu das nicht.«
    Er rieb sich das Gesicht, und ich musste daran denken, wie oft ich auf die Ellbogen gestützt auf ihm gelegen hatte und mit den Fingerspitzen die Furchen der Anspannung von seiner

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