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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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der Tag war, um seinem Herzen Luft zu machen, dann wusste er nicht, wann er es sonst tun sollte. Sie waren so selten allein, besonders seit sie ihm aus dem Weg ging.
    Cat starrte ihn bestürzt an. »Es liegt nicht an dir, Rob, jedenfalls
nicht nur. Es liegt an dieser Gegend, Kenegie, Cornwall, an diesem Leben. Es ist einfach nicht das, was ich wollte. Ich hatte ganz andere Träume.« Ihre Fingerspitzen tasteten weiter und entdeckten, dass es in der Mitte hohl war. Ein Ring. Ein Ehering. Sie drückte ihm das Päckchen wieder in die Hand. »Gib es mir nicht jetzt, Robert. Warte auf eine bessere Gelegenheit, wenn es keine bösen Worte zwischen uns gibt.«
    Er sah sie so durchdringend an, dass sie überzeugt war, er könne bis in ihr Herz blicken. Am Ende nickte er. Nach einer Pause, in der er offensichtlich mit sich rang, sagte er: »Vielleicht kann ich woanders eine Arbeit finden. Ich möchte nicht, dass du deine Träume aufgeben musst, Catherine.«
    Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ließ sie atemlos und verwirrt stehen.
    »Catherine!«
    Sie wandte sich um und sah ihren Onkel auf sich zukommen. Edward Coode war ein großer Mann, kahlköpfig wie eine Schlange und genauso kalt. Neben ihm sah seine Frau Mary aus wie das blühende Leben. Ihr gewaltiger Busen ließ sich vom Gestänge des Korsetts kaum im Zaum halten. Ihre beiden kleinen Söhne rannten an der Mauer des Kirchhofs entlang und schlugen mit Stöcken aufeinander ein, bis die alte Hexe Annie Badcock ihren bösen Blick auf sie richtete und sie zurückrannten, um ihre Gesichter in den Röcken ihrer Mutter zu verbergen.
    »Du sitzt heute mit uns auf der Familienbank, Catherine«, sagte ihr Onkel streng und zerschlug ihre Hoffnung, sich mit Matty ganz nach hinten zu verdrücken, wo sie ungestört Tagebuch schreiben konnte und nicht Nell Chigwines Blick ausgesetzt war. Sie trug das Buch, den Griffel und das kleine Messer, mit dem sie ihn anspitzte, in einem Beutel am Gürtel. Ihre Tagebucheinträge waren zu persönlich, um zu riskieren, dass andere sie entdeckten. Zwar wusste sie, dass weder Polly noch Nell lesen konnten, vermutete aber, dass sie das Büchlein, sollten sie
es finden, Lady Harris übergeben würden - die eine in wohlmeinender Absicht, weil sie glaubte, jemand hätte es verlegt, die andere aus schierer Gehässigkeit. Bei der Vorstellung, dass ihre Herrin oder auch irgendwer sonst auf der Welt lesen könnte, was sie geschrieben hatte, drehte sich ihr Magen um.
    »Guten Tag, mein Kind.«
    Jane Tregenna hatte sich der schlichten Aufmachung ihres puritanischen Bruders nicht angeschlossen. Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit silbernen Stickereien am Mieder und an den Ärmeln sowie einen Kragen aus feiner Spitze.
    »Um Gottes willen, nimm dieses grässliche Ding ab!« Bevor Cat die Haube aufschnüren konnte, hatte ihre Mutter sie ihr vom Kopf gerissen. »Dein Haar ist deine größte Pracht, also versteck es nicht. Und was für ein abgetragenes altes Fähnchen!«, erklärte sie unter dem missbilligenden Blick ihres Bruders. Dann hakte sie sich bei Cat unter und ging mit ihr auf die Kirche zu. »Ich bin nicht gerade glücklich über das Ganze, Catherine, aber Ned hat mich überstimmt. Zudem hat Lady Harris mir versichert, dass Robert es auf Kenegie zu etwas bringen wird. Er soll Parsons Posten als Verwalter übernehmen, was vermutlich keine schlechte Stellung ist.« Sie saugte an ihren schmalen Lippen, sodass sich die vielen kleinen Fältchen der Unzufriedenheit um ihren Mund vertieften. »Trotzdem muss ich gestehen, dass ich ein wenig enttäuscht bin. Ich dachte immer, du könntest dir einen der Harris-Jungen angeln.«
    »Das klingt so, als wären sie Fische, die man einfach einsammelt.«
    »Es heißt, ein kluger Fischer könne sogar einen Wal an Land ziehen; er muss es nur wollen.«
    »Nun, selbst wenn ich es wollte, Margaret Harris wäre dagegen. Sie beobachtet mich mit Argusaugen, schirmt ihre Söhne vor mir ab und hält mir ständig Rob vor die Nase. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Ich will nicht mehr darüber reden.«

    Ihre Mutter verzog den Mund. »Bestimmt wird dein Onkel beim Essen noch näher darauf eingehen. Er ist ganz entzückt, dich vor dem Altar zu sehen.«
    In diesem Augenblick brach die Sonne durch den Nebel, und die Kirchturmspitze erglühte im goldenen Licht.
    »Gott lächelt auf uns herab.«
    Die Worte kamen von einem hochgewachsenen, wettergegerbten Mann, der soeben den Kirchhof betreten hatte. Er hatte eine Adlernase, einen

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