Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Dafür wäre sie sogar bereit gewesen, die Gastfreundschaft irgendwelcher frömmlerischer Gemeindemitglieder in Anspruch zu nehmen. Die der alten Brandmanns vielleicht. In deren Haus mochte ein Feuer brennen. Oder sie gingen zu Elsbeth. Das Haus der Langes stand recht hoch am Hang, es sollte trocken geblieben sein. Damit würde Ida sicher einverstanden sein.
    Ida schüttelte jedoch entsetzt den Kopf, als Cat den Vorschlag äußerte. »Bloß nicht!«, wehrte sie ab. »Wenn wir bei meinem Vater unterkriechen, müssen wir den Ofen auch selbst anheizen. Und dann für die ganze Familie kochen. Oder glaubst du wirklich, Elsbeth kriegt das heute noch zustande?«
    Ida und Cat hatten Elsbeth und Franz im Laufe des Tages mehrmals gesehen. Beide hatten beim Herankarren der Säcke geholfen. Die Kinder mussten zu Tode erschöpft sein. Beim Gedanken daran verspürte Ida sofort wieder Schuldgefühle.
    »Vielleicht sollten wir ihr wirklich helfen«, murmelte sie. »Sie wird damit nie allein fertig, sie …«
    »Dann soll ihr Vater ihr helfen!«, sagte Cat hart. »Du kannst dich nicht um alles kümmern!« Ihr graute es bei dem Gedanken, Holz schleppen zu müssen, aber mehr noch vor Langes Gebeten und Elsbeths Heulen und Lamentieren. Eigentlich mochte sie das Mädchen, sie hatte Verständnis für seine Nöte. An diesem Abend war sie jedoch zu müde.
    »Jetzt sind die sowieso alle noch in der Kirche«, meinte Ida schließlich. »Das Dankgebet, von dem mein Vater gesprochen hat. Hörst du sie nicht singen?«
    Cat konnte es kaum glauben, aber wenn man darauf achtete und sich den Wind und das immer noch verstärkte Rauschen des Flusses wegdachte, vernahm man tatsächlich den leisen Widerhall eines Kirchenliedes, vielstimmig intoniert in der halb fertigen Kirche von Sankt Paulidorf.
    »Und wieso bleibt uns das erspart?«, erkundigte sich Cat und schlug seufzend das feuchte Schultertuch wieder um sich, um das Haus zu verlassen. So schnell wie möglich und unter Umgehung der Kirche, wenn es nach ihr ging. Den Gedanken an ein warmes Essen musste sie wohl aufgeben. Die Hütte hinter der Missionsstation war wenigstens trocken.
    »Ottfried hat’s nicht mitgekriegt!«, sagte Ida und um ihre vor Kälte bläulichen Lippen spielte ein fast verschwörerisches Lächeln. »Oder er wollte schnell zu seinem Whiskey. Womöglich hat er sich auch eine Ausrede einfallen lassen. Seine Freunde dürften sich doch auch drücken. Wahrscheinlich behaupten sie, sie türmten noch Sandsäcke auf.«
    Cat schaute ihre Freundin verwundert von der Seite an. Für die fügsame Ida waren solche klaren Worte fast schon Aufruhr. Sie lächelte.
    »Wir drücken uns also?«, neckte sie ihre Freundin. »Ida Brandmann drückt sich vor einem Gottesdienst? Ist das denn gottgefällig?«
    Sie wunderte sich, als Ida sie in plötzlich aufwallender Wut anblitzte. »Das ist mir ganz egal, ob das gottgefällig ist!«, brach es aus der jungen Frau heraus. »Gott schert sich nicht um uns, was sollen wir uns da um ihn scheren! Und ich weiß beim besten Willen nicht, wofür wir ihm heute danken sollen! Die dritte Überschwemmung in einem guten halben Jahr. Kann es noch schlimmer kommen?«
    Cat wäre dazu einiges eingefallen, aber sie sagte nichts. Sie legte der vor Kälte schlotternden Ida nur eine Decke um die Schultern, als die junge Frau jetzt in Tränen ausbrach, legte den Arm um sie und ließ sie ein paar Herzschläge lang weinen, bevor sie die Freundin behutsam zur Tür drängte.
    »Komm jetzt. Wir müssen ins Trockene, hier können wir nicht bleiben.«
    Cat hatte kurz daran gedacht, vielleicht doch den Ofen in diesem Haus anzuheizen. Draußen war es feucht und inzwischen neblig, und sie war sterbensmüde. Der knapp eine halbe Meile weite Weg bis hinauf zur Missionsstation erschien ihr eine fast unlösbare Aufgabe. Beim Blick auf das feuchte Kaminholz und die im ganzen Haus stehenden Pfützen verwarf sie den Plan allerdings. Es war klamm, ihnen würde niemals warm werden. Und außerdem lag ihr die Sorge um die Tiere auf der Seele. Um Chasseur musste man sich da keine Gedanken machen, der ging sicher nicht so schnell verloren. Was jedoch war mit den Pferden? Und mit Berta?
    »Vielleicht können wir ja die Kuh noch melken«, überlegte auch Ida, als die Frauen sich dann wirklich über den schlammigen Weg hinauf zur Missionsstation quälten. Er war kaum begehbar, und obendrein hatten die Räder der Handkarren tiefe Spuren darin hinterlassen, in die man im Dunkeln ständig hineinrutschte.

Weitere Kostenlose Bücher