Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
virtuos seine Rolle, aber Quentin schien die Komik darin nicht zu sehen. Überhaupt, dieser Quentin Keensley … Deirdre schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Wie hatte sie sich mit ihm abgeben können! Sie schenkte ihm keinen Blick mehr, als er sie jetzt zum Haupthaus begleitete. Auf einen aufgeschlossenen, klugen Begleiter hatte sie gehofft, als er von seinen Europareisen erzählt hatte. Aber jetzt erwies er sich doch nur als aufgeblasener kleiner Zuckerbaron: immer schnell mit der Peitsche bei der Hand, wenn ein Sklave sich nicht wehren konnte. Jederzeit bereit, alle Menschen mit schwarzer Haut für dumm zu halten.
Und anständig reiten konnte er auch nicht!
K APITEL 2
N ora Fortnam stand vor den Empfangsräumen bereit, die Gäste zu begrüßen, und wirkte ebenso verärgert wie erleichtert, als Deirdre endlich hereinschlüpfte. Ihre Tochter schaute denn auch entsprechend schuldbewusst. Ohne Keensleys Begleitung hätte sie wahrscheinlich den Kücheneingang gewählt, um schnell und ungesehen ins Haus zu kommen, aber mit dem Kavalier ging das natürlich nicht – an die grundlegenden Regeln der Etikette hielt sich zum Glück auch ihre wilde Tochter. Wenngleich der junge Mann zurzeit nicht sonderlich vorzeigbar wirkte. Nora beobachtete, dass der Hausdiener an der Tür Quentins Aufzug indigniert in Augenschein nahm. Die bereits festliche Kleidung Keensleys hatte unter dem Ausflug mit Deirdre ein wenig gelitten. Sein zartblaues Brokatjackett und die passenden Kniehosen zeigten einen leicht rötlichen Schimmer von dem Staub auf den Wegen. Außerdem fehlte der Dreispitz, ein Muss bei der augenblicklichen Mode. Ohne den Hut unter dem Arm bei einer formellen gesellschaftlichen Veranstaltung zu erscheinen war schlichtweg nicht gentlemanlike, und Keensley schaute denn auch entsprechend verlegen. Über sein nicht ordentlich gepudertes Haar sah man im Hause Fortnam schon eher hinweg, schließlich pflegte sich der Hausherr selbst dieser Mode konsequent zu verweigern.
»Dede, wo bleibst du denn?«, wandte sich Nora nun an ihre Tochter. »Du solltest längst in vollem Staat neben mir stehen und die Gäste begrüßen! Du bist schließlich die Hauptperson! Und ich frage mal besser gar nicht, wo du mit wem gewesen bist!« Deirdres Reitkleid und ihr aufgelöstes Haar machten diese Frage auch weitgehend überflüssig.
Für den Begleiter ihrer Tochter hätte Nora fast Mitleid empfunden, wäre sie nicht so aufgebracht über die Verspätung gewesen. Wahrscheinlich hatte er sich Hoffnungen auf einen Flirt mit Deirdre gemacht, aber da brauchte Nora sich keine Sorgen zu machen. Bislang hatte ihre Tochter noch jedem Kavalier einen Korb gegeben. Sie war weit mehr am Rennreiten interessiert als am Austausch verbotener Zärtlichkeiten.
»Und Sie, Mr. Keensley, machen sich wohl auch besser ein wenig frisch!«
Nora sah sich nach einem Hausdiener um, der sich um Quentins Aufmachung kümmern konnte, und sandte zwei kleine schwarze Jungen aus, den Dreispitz des Gastes zu suchen. Deirdre verriet den beiden rasch die Route, über die sie Keensley geführt hatte. Sie wirkte dabei schon wieder belustigt, zweifellos hatte sie sich bestens amüsiert.
Nora seufzte. Auch sie war in jungen Jahren ein Wildfang gewesen und ritt heute noch gern schnell. Allerdings hatte sie in Deirdres Alter doch mehr auf Formen geachtet – oder zumindest so getan … Die Erinnerung an ihre eigenen Eskapaden hätte sie fast lächeln lassen, sie hielt sich jedoch gerade noch zurück. Deirdre war ohnehin hoffnungslos verwöhnt, da galt es jetzt nicht auch noch, Verständnis zu zeigen.
»Jetzt beeil dich, Deirdre, du wirst hier gebraucht!«, forderte sie ihre Tochter schließlich in strengem Ton auf. »Über dein Verhalten reden wir später … Es ist unmöglich, sich einfach so mit Mr. Keensley wegzuschleichen!«
Deirdre lächelte entschuldigend. »Ach, schimpf nicht, Mommy!«, bat sie und küsste ihre Mutter auf die Wange – um sich anschließend angewidert den Puder von den Lippen zu reiben. »Ich komm einfach später hinzu. Wenn alle schon da sind, werde ich die Treppe hinunter… hm … hinunterschweben, und alle werden bewundernd zu mir aufblicken.«
Sie richtete sich auf und bewegte sich mit tänzelnden, gekünstelten Schritten, als stecke sie jetzt schon in hohen Schuhen und Korsett.
Nora bemühte sich um eine ernste Miene, was ihr nicht wirklich gelang. »Jetzt schweb erst mal in dein Zimmer!«, sagte sie versöhnlich. »Die Mädchen
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