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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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des Flusses an einem kühlen, regnerischen Wintermorgen. Gewöhnlich erhob sie sich beim ersten Morgenlicht von ihrem Strohlager, um die Kuh zu melken. Sie hatte sich anfänglich zwar etwas vor dem großen sturen Tier gefürchtet, dann aber bald festgestellt, dass die knochige schwarz-weiße Berta grundfreundlich war. An diesem Tag schien die Sonne gar nicht recht aufgehen zu wollen, Cat erwachte nicht von zunehmender Helligkeit, sondern erst, als Berta unglücklich muhte. Sie blinzelte ins Halbdunkel und hörte nicht nur das Prasseln eines heftigen Regens auf dem Stalldach, sondern auch ein unheilvolles Gurgeln und Rauschen. Ein Blick aus der Stalltür auf das leicht zum Fluss abfallende Gelände sagte ihr alles: Der Moutere war im Begriff, zu einem tosenden Strom zu werden, den es nicht mehr lange in seinem Bett halten würde. Noch während Cat durch den Regenvorhang linste, leckten die Wellen des Moutere am Uferrand.
    Cat warf rasch einen Umhang über das Kleid, in dem sie geschlafen hatte. Ida und Ottfried mussten informiert werden – und alle anderen in der Siedlung, sofern die nicht schon selbst bemerkt hatten, was sich anbahnte. Ida war eben dabei, den Frühstückstisch zu decken, als Cat hereinkam, und sie wirkte weiß wie die Wand. Wahrscheinlich hatte auch sie das Brausen des Flusses gehört.
    »Der … der Moutere?«, fragte sie tonlos, als sie Cats Gesicht sah.
    Cat nickte. »Er tritt über die Ufer«, sagte sie fest. »Wir … wir gehen besser rauf zur Station.«
    Während Ida noch dazu ansetzte, etwas zu erwidern, betrat Ottfried den Raum. Er rieb sich die Stirn. Sehr verkatert konnte er nicht sein, Cat hatte ihn die ganze Nacht in Idas Schlafzimmer gehört. Ob ihm der Schlafmangel zusetzte? Ida jedenfalls sah aus wie gerädert.
    »Das kann nicht sein«, bemerkte er. Anscheinend hatte er Cats Meldung vernommen. »Die neuen Entwässerungsgräben … und …«
    Er hielt inne. Wahrscheinlich erschien es selbst ihm jetzt unpassend, Jakob Langes Hoffnungen in Bezug auf Gottes Hilfe zu erwähnen.
    »Dann geh einfach raus und sieh nach!«, schleuderte ihm Cat entgegen. »Oder wirf einen Blick aus dem Fenster!«
    Durchs Fenster war außer Regen kaum etwas zu sehen, doch schließlich folgten sowohl Ottfried als auch Ida Cat nach draußen.
    »Barmherziger Gott!«
    Ida starrte verzweifelt, Ottfried ungläubig auf die Wassermassen, die jetzt schon die Hälfte der Böschung vor ihrem Haus überspülten. Mitten hindurch lief einer der kleinen Entwässerungsgräben, der die Fluten eben noch aufhielt. Aber eine ernsthafte Hürde für den Moutere bot er sicher nicht.
    »Also, seht ihr’s jetzt?«, schrie Cat gegen den Regen und den brausenden Fluss an. »Können wir endlich die Tiere freisetzen und flüchten?« Ihr Umhang und ihr Kleid waren schon durchnässt, der Weg hinauf zur Missionsstation würde beschwerlich werden.
    Endlich kam Leben in Ottfried. »Die Gräben!«, brüllte er. »Mach schon, Ida, wir brauchen Spaten und Sandsäcke. Wir müssen das Haus schützen!«
    »Wir müssen hier weg!«, gab Cat zurück.
    Doch keiner der Brandmanns hörte auf sie, und nun erkannte sie auch Bewegung auf den Nachbargrundstücken. Die Bewohner von Sankt Paulidorf würden nicht fliehen, sondern sich der Flut so entschlossen entgegenstellen wie schon zweimal zuvor.
    »Bring die Tiere in Sicherheit!«, rief Ida ihrer Freundin zu, als sie sah, dass Cat zögerte. »Und dann hilf uns! Der Garten … all die Arbeit … Wir dürfen das nicht noch einmal verlieren!«
    Cat hielt diesen erneuten Rettungsversuch für völligen Unsinn, aber sie rannte gehorsam zu den Tieren und versuchte, die unwillige Berta dazu zu überreden, ihren behaglichen Stall zu verlassen und in den Regen hinauszutrotten. Bei den Pferden gelang das schneller, sie brannten darauf, von dem unheilvoll tosenden Fluss wegzukommen. Auf dem Weg zur Station hatte Cat folglich das Gefühl, zwischen den Tieren zerrissen zu werden. Die Pferde strebten fort, während sie Berta mühsam hinter sich herziehen musste. Zum Glück bekam sie schnell Hilfe. Die höher wohnenden Siedler hatten die Situation inzwischen erfasst und eilten sich, ihren Nachbarn zu Hilfe zu kommen. Verteidigten sie damit doch auch gleich ihr eigenes Land. Einer der Jungen, sonst nach der Schule zum Rinderhüten angestellt, nahm Cat Berta ab.
    »Du holst die anderen Kühe am besten auch noch!«, forderte Cat ihn auf, als er das unglücklich brüllende Tier in einem Pferch hinter der Missionsstation

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