Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
Vom Netzwerk:
Empfängnis feiern, die Geburt des Mächtigen Bären in dir! So will es der Geist von Tochter des Bären; der Mächtige Bär selbst hat es so bestimmt! - Man wird für dich tanzen und singen und dir Geschenke machen. Du bist nun die mächtigste Frau des Stammes – und ich bin stolz darauf, deine Schwester zu sein. Laß mich dir helfen, dich für das Fest zu schmücken! Du sollst das Gewand von Tochter des Bären tragen! - Ich werde dir den Knochen des großen Bären ins Haar flechten! Jeder soll sehen, welchen Rang du hast!“
    Kar fuhr hoch wie ein Blitz. Als sie zupackte, bohrten sich ihre Fingernägel schmerzhaft in Maramirs Handgelenk.
    „Du redest wie ein Spitzgesicht!“
    Ihr Blick war zornerfüllt und ihre Stimme glich dem Fauchen einer Katze.
    „Der Bär? - Nein! Der Wolf wohnt in mir und ringt nach Luft, weil er langsam zu ersticken droht! Nicht der Bär wird erwachen, sondern der Wolf wird von seinen Fesseln befreit. Dann werden endlich die Ahnen wieder zu mir sprechen.“
    Mit der freien Hand ergriff Kar nun Maramirs anderen Arm und zog ihre Schwester an sich.
    „Ruf den Wolf in dir zurück! Denn es wird Zeit, den Wolf in Feuerhaar und Roter Wolf zu wecken. Ihre Namen sind Tartruh und Ruatedannan. Sie sollen erfahren wer sie wirklich sind! - Und du Leikika“, das Drohen in ihrer Stimme war deutlich, „du wirst tun, was ich dir sage ... für die Ahnen! Denn ich werde alles tun, damit unser Stamm weiterlebt.“
    Maramir wäre am liebsten aufgesprungen und davongelaufen, aber Kars Griff war fest und ihr Blick so bannend, daß ihre Glieder erstarrten.
    „Du wirst mich schmücken! Ich werde das Gewand von Tochter des Bären anziehen. Aber niemals werde ich den Knochen des Bären auf meinem Kopf tragen! - Hör mir zu! Ich kenne die falsche Macht des Bären und die wahre Macht der heiligen Frau der Spitzgesichter. Sie, durch die der Mächtige Bär sprach, erweckte ihn, wann immer sie wollte ... Alle denken, der Mächtige Bär hätte Mutter Schwarzhaar Wangenfleck mit dem Tod bestraft. Sie sagen, ihr Geist sei im Zorn verwirrt gewesen, und daß sie Tochter des Bären töten wollte. - Die Spitzgesichter glauben, ich hätte Tochter des Bären beschützt. Wir beide wissen, daß es nicht so war. - Sie sagen, der Mächtige Bär wollte Mutter Schwarzhaar Wangenfleck nicht gleich töten, deshalb schickte er ihr schlimme Träume ... bis sie daran starb. - Ich weiß, daß Tochter des Bären Mutter Schwarzhaar Wangenfleck vergiftet hat, weil sie für immer schweigen sollte.“
    Kar beruhigte sich allmählich.
    „Ich kenne so viele Arten mit Gift zu töten wie du und deine Söhne Finger an euren Händen zählt. Tochter des Bären hat es mir beigebracht – und vieles mehr. Sie war eine kluge Frau und sie lehrte mich diese Klugheit. - Bärenpranke hat die Mähnenkatze nicht aus eigener Kraft getötet. Er hat sie mit einem Stück Fleisch angelockt, um ihr eine Falle stellen zu können. Fleisch, das Tochter des Bären ihm dafür mitgegeben hatte; mit Bärenprankes Blut bestrichen ... Die Mähnenkatze sollte von seinem Blut kosten, bevor er, der Jäger, ihres nahm. Tochter des Bären erklärte ihm: Nach diesem Ritual würde er spüren, wenn die Seele der Mähnenkatze bereit dazu war, den nahenden Tod zu akzeptieren und der Moment des Kampfes gekommen war. Bärenpranke sollte glauben, die Stärke des Gegners würde auf ihn übergehen. - Ich weiß, daß dieses Fleisch dazu bestimmt war, die Mähnenkatze mit Gift zu schwächen. Denk an den Rotwolf, den ich lebend gefangen habe! - Tochter des Bären war weise und listig!“
    Der Wahnsinn, den Maramir in Kars Augen zu sehen geglaubt hatte, war verschwunden. Kar sah sie auf eine so vertraute Weise an, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte.
    „Die Ahnen der Spitzgesichter sind die Bären, die großen, mächtigen Bären, von denen es nur noch wenige gibt. - Die Spitzgesichter essen die Seelen der Toten. Dadurch wird ihr Stamm stark – aber die Ahnen sprechen nicht mehr zu ihnen. Bald wird es keine großen Bären mehr geben. Dann werden auch die Spitzgesichter sterben ... Leikika, ich hatte einen Traum: Ich saß bei den Alten im Tal der Ahnen. Und unter ihnen war Mutter Weißhaar, Grauer Wolf und Mutter Einauge, und ich sah unter ihnen Mutter alte zahnlose Wölfin, sie war die Älteste von allen. Und Mutter alte zahnlose Wölfin sprach zu mir. Sie war traurig und sagte, wir hätten vergessen, wie die Wölfe leben; und so hätten wir auch unsere Ahnen vergessen. Deshalb

Weitere Kostenlose Bücher