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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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töten!“
    Eifersucht und Haß kamen in ihm hoch.
    „Es wäre nicht klug!“ widersprach sie ihm. „Fordere nicht den Mächtigen Bären heraus!“
    „Es ist die Art des Bären, gegen Rivalen zu kämpfen!“ entgegnete er.
    „Aber es wäre nicht zum Wohl des Stammes; Schwarzlocke ist ein großer Jäger! - Ich soll die mächtigste Frau des Stammes sein! So wollte es Tochter des Bären. Ich kann den Stamm führen! - Scharfe Zunge muß mich fürchten! - Tochter des Bären wird zurückkommen, durch sie wird der Mächtige Bär zu uns sprechen. Niemand wird daran zweifeln, daß es der Wille des Mächtigen Bären war.“
    Ratlos sah Schneller Läufer sie an.
    „Wir werden eine List gebrauchen!“
    Allmählich kamen Zweifel in ihm hoch. Kar rieb nun ihr Gesäß an seinem Glied und sagte: „Du mußt mir vertrauen; der Mächtige Bär spricht zu mir! Aber du darfst niemanden etwas davon sagen ...“
     
    Als die Nacht hereinbrach, brachten Maramir und Leinocka alle Kinder in Bärenprankes Hütte, damit diese nicht sahen, was draußen geschah. Die starke Droge, die Kar in den Trank gemischt hatte zeigte alsbald ihre Wirkung. Schneller Läufer sah, wie zuerst die Tanzenden von Schwindel befallen wurden und ihre Sicht sich zu trüben schien. - Zweifel und Sorge meldeten sich mit einem zunehmend flauen Gefühl in seinem Bauch. Er befürchtete, daß man ihn erkennen würde. Niemand durfte die Täuschung bemerken. Niemals sollte jemand von seinem verbotenen Handeln erfahren. - Als sich schließlich kaum noch einer auf den Beinen halten konnte, stürmte er mitten hinein. Mit geschwärztem Gesicht, in das Fell eines Bären gekleidet, riß er den ausgeweideten Leichnam hoch und trug ihn eilig davon. Niemand hatte versucht, ihn daran zu hindern, keiner hatte irgendetwas gerufen oder vor Schreck geschrien. Er drehte sich kurz um. Kaum jemand sah ihm nach. Es hatte den Anschein, als hätten nur wenige bemerkt, daß überhaupt etwas geschehen war. - Kar stieß mit einem fellenen Sack, in dem sich die Eingeweide von Tochter des Bären befanden, zu ihm. Es galt, keine Zeit zu verlieren. Der fast volle Mond wies ihnen, kaum daß Wolken sein Licht trübten, den Weg. Eilig folgten sie den mondbeschienen Pfaden, die zur Höhle der Großen Mutter führten. Immer schneller wurden ihre Schritte, - bis sie schließlich rannten, als wäre etwas oder jemand hinter ihnen her. Beide wußten, wie schwer ihr Vergehen wog. Sie vermieden, daran zu denken, wieviele Leben sie damit riskierten. Schutzlos hatten sie ihre Sippe im Lager zurückgelassen, während sie sich selbst tödlichen Gefahren aussetzten. In den letzen Tagen hatte zwar niemand Spuren von Löwen oder Hyänen in der Umgebung gesichtet, doch die gefährlichen Jäger konnten jederzeit plötzlich auftauchen; nachts sahen sie ebenso gut wie am Tag. Aber der Wind stand günstig; Schneller Läufer war darin geübt, ihre Anwesenheit mit dem Wind zu riechen. Er hatte den kürzeren Weg über die Anhöhen gewählt. Schutz gab es hier oben kaum, aber in klaren Mondscheinnächten konnte man weit sehen und das Auge des Jägers konnte einen gefährlichen Gegner leicht ausmachen. Löwen, Hyänen oder ein Rudel Wölfe, hier oben würde er sie erspähen und ihnen vielleicht ausweichen können.
    Kar hingegen wurde von der Angst vor etwas ganz anderem getrieben, etwas, das ihr mehr Furcht einflößte als der einfache Tod.
     
    Sofort nachdem Kar und Schneller Läufer die Höhle erreicht hatten, machten sie Feuer und trugen es hinein. Im Inneren des Felsens wurde es merkwürdig still. Mit Hilfe des spärlichen Lichts ihrer Flamme tasteten sie sich vor. Etliche Spitzgesichterschädel lagen herum. Lose aufeinander geschichtete Steine sollten dahinterliegende Felsnischen und Spalten verdecken. Ein Stück weiter, an der breitesten Stelle des bogenförmigen Ganges, stießen sie auf Gruben im lehmigen Boden, die mit schweren Steinen abgedeckt waren. Von Felsgestein verborgen, bewahrte Tochter des Bären einige Schädel der Toten in den Nischen und Gruben auf, ebenso wie die Schädel der großen Bären. - Als Kar und Schneller Läufer eine geeignete Stelle fanden, machten sie sich daran, im Lehmboden eine Mulde zu graben. Schneller Läufer konnte Kars Angstschweiß riechen. Bislang hatte er vermieden, daran zu denken, was passieren würde, wenn jemand entdecken sollte, was sie getan hatten. Allmählich aber fragte er sich, obwohl ihm diese Art der Bestattung nicht fremd war, ob es richtig war, Tochter des Bären

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