Die Zeit der Hundert Königreiche - 4
was ich der Soldatin hier gesagt habe.« Er wies auf die Frau von der Schwesternschaft. »Jeder Mann, der Hand an eine der Frauen von der Schwesternschaft legt, die an unserer Seite für die Ehre und die Stärke Asturias’ und König Alarics gekämpft haben, wird erst kastriert und dann gehängt, und wenn ich es eigenhändig tun muß! Merkt euch das ein für allemal!«
Aber die Frau in Rot warf sich Bard zu Füßen.
»Wollt ihr die Männer nicht bestrafen, die meine Schwestern vergewaltigt haben?«
Bard schüttelte den Kopf. »Ich habe ihrem Treiben ein Ende gesetzt. Aber meine Männer haben in Unwissenheit gehandelt, und ich werde sie nicht bestrafen. Keiner mehr wird eine Gefangene berühren. Doch was geschehen ist, ist geschehen, und ich kann den Frauen, die gegen mich gekämpft haben, nicht den gleichen Schutz gewähren wie meiner eigenen Armee - denn worin bestände sonst der Vorteil, zu meiner Armee zu gehören? Wenn die Söldnerinnen aus Eurer Schwesternschaft Asturias Treue geloben und in meiner Armee kämpfen wollen, werde ich ihnen diesen Schutz geben, andernfalls nicht. Aber … «, setzte er mit lauter Stimme hinzu und ließ seinen Blick über die versammelten Männer schweifen, »wenn jemand eine Gefangene anders berührt, als der Brauch es erlaubt, lasse ich ihn auspeitschen und seinen Sold streichen. Ist das klar?« Die Frau wollte noch etwas sagen, aber er hinderte sie daran. »Genug, habe ich gesagt. Keine Schlägereien mehr! Los, Männer, verschwindet hier und geht an eure Arbeit! Noch ein solcher Aufruhr, und es wird morgen Auspeitschungen und eingeschlagene Köpfe geben!«
Die Stabsoffiziere im Hauptquartier hatten inzwischen ihren Wein ausgetrunken und trafen ihre Vorbereitungen für die Nacht. Das rothaarige Mädchen, das Paul flüchtig an Melisandra erinnerte, drückte ihm einen Becher in die Hand und lächelte.
»Hier, mein Lord, trinkt Euren Wein aus, bevor Ihr geht.«
Er wandte ihr das Gesicht zu und trank, und dabei legte er ihr den Arm um die Taille. Ihr kokettes Lächeln verriet ihm, daß sie nichts dagegen hatte, und so zog er sie näher an sich. Eine Hand fiel auf seine Schulter, und Bards Stimme dröhnte: »Laß sie los, Paul. Sie gehört mir.«
Innerlich fluchte Paul. Damit hätte er rechnen müssen! Auf diesem Feldzug hatte er bereits festgestellt, daß er und Bard bei Frauen den gleichen Geschmack hatten. Das war verständlich, wenn sie der gleiche Mann waren, gefielen ihnen auch die gleichen Frauen, und es war nicht das erste Mal, daß sie beide eine bestimmte Troßdirne oder ein Freudenmädchen in einer gefallenen Stadt hatten haben wollen. Aber es war das erste Mal, daß es zu einer direkten Konfrontation kam. Paul dachte, er schuldet mir etwas, weil ich das Zeichen zum Angriff gegeben habe, und ließ seinen Arm stur um die Taille des Mädchens liegen. Verdammt, diesmal würde er nicht nachgeben! »Hölle und Teufel«, sagte Bard.
Paul merkte, daß Bard bereits betrunken war und daß die übrigen Stabsoffiziere sich entfernt und sie mit dem Mädchen allein gelassen hatten. Er legte dem Mädchen die Hand unter das Kinn und fragte: »Welchen von uns willst du, Kleine?«
Sie lächelte erst dem einen, dann dem anderen zu. Auch sie hatte getrunken. Paul roch das süße Fruchtaroma des Weins in ihrem Atem, und entweder hatte der Alkohol ihre Wahrnehmungsfähigkeit geschärft, oder sie hatte eine Spur von Laran, denn sie sagte: »Wie kann ich zwischen euch wählen, wenn ihr euch so sehr ähnlich seid? Seid ihr Zwillingsbrüder? Was soll ein armes Mädchen tun, wenn sie, falls sie den einen wählt, auf den anderen verzichten muß’?« » Das ist nicht notwendig.« Paul nahm einen Schluck Wein und stellte fest, daß er viel stärker war als der, den er zuvor getrunken hatte, und ihm den letzten Rest gab. »Diesmal ist es nicht notwendig, daß sich einer von uns als der bessere Mann erweist, nicht wahr, Bruder?« Nie zuvor hatte er ihrer heimlichen Rivalität Ausdruck gegeben. Und wenn Bard irgendwie eine verborgene Hälfte seiner selbst war, stellte dies nicht eine Möglichkeit dar, sich zu arrangieren?
Das Mädchen sah vom einen zum anderen, lachte, drehte sich um und wies ihnen den Weg. »Hier herein.«
Paul war gerade betrunken genug, um mit erbarmungsloser Klarheit denken zu können. Bard wollte unbedingt eine Münze werfen. Es überraschte Paul nicht dieser Brauch, die Entscheidung dem Zufall zu überlassen, fand sich in sehr unterschiedlichen Kulturen. Aber er trat zurück und sah
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