Die Zeit der Hundert Königreiche - 4
und ich könnte auf den Gütern, die der König mir verliehen hat, mit Carlina leben … Aber er hatte jetzt wenig Muße, darüber nachzudenken. Er rief in dringendem Ton nach Meister Gareth und hob die Hand, um den Männern Halt zu gebieten.
»Ich bin gewarnt worden«, sagte Bard, »daß etwas an der Furt auf uns wartet, aber ich sehe nichts. Hat Euer Vogel Euch Kunde gebracht, oder hat eine Eurer Frauen durch ihre Zauberkraft etwas gesehen?« Meister Gareth winkte die von ihrem Mantel verhüllte Mirella herbei und sprach leise mit ihr. Sie zog ihren Sternenstein aus dem Beutel an ihrem Hals und blickte hinein.
Nach einem Augenblick erklärte sie mit leiser, entrückter Stimme: »Es wartet weder Mensch noch Tier an der Furt auf uns, aber es ist Dunkelheit dort und eine Barriere, die wir vielleicht nicht passieren können. Wir müssen mit großer Vorsicht weiterreiten, Verwandter.« Meister Gareth hob den Blick und begegnete dem Bards. Er sagte: »Sie hat das Gesicht; wenn dort eine Dunkelheit ist, die sie nicht durchdringen kann, müssen wir in der Tat die größte Vorsicht walten lassen, Sir.«
Aber die Furt lag ruhig und friedlich im Sonnenlicht. Seichte Wellen kräuselten sich unter karminroten Glanzlichtern. Bard runzelte die Stirn und versuchte zu erkennen, was vor ihnen lag. Er konnte nichts sehen, keinen Hinweis auf einen Hinterhalt, keine sich bewegenden Zweige oder Äste auf der anderen Seite der Furt, wo ein Pfad zwischen überwachsenen Bäumen nach oben führte. Das wäre wirklich ein guter Platz für einen Hinterhalt.
»Wenn Ihr mit Hilfe der Zauberei oder des Gesichts nicht über die Furt hinaussehen könnt«, sagte er, »kann dann nicht der Kundschaftervogel vorausfliegen und nachsehen, ob sich dort drüben ein Hinterhalt befindet?«
Meister Gareth nickte. »Selbstverständlich. Der Vogel ist nur ein Tier und hat nichts mit Zauberei beziehungsweise der Magie eines ausgebildeten Geistes zu schaffen. Das einzige Magische an dem Vogel ist Meloras und meine Fähigkeit, mit ihm in Rapport zu treten. Melora«, rief er, »Kind, laß den Kundschaftervogel fliegen.« Bard sah zu, wie der grimmige Vogel in die Luft stieg und über der Furt kreiste. Nach einer Weile schüttelte Meister Gareth sich, erwachte und winkte Melora, die die Hand ausstreckte und den zurückkehrenden Vogel darauf landen ließ. Sie streichelte sein Gefieder und fütterte ihm ein paar Leckerbissen, bevor sie ihm die Kappe wieder über den Kopf streifte. Meister Gareth sagte: »Niemand, weder Mensch noch Tier, ist jenseits der Furt versteckt. Auf viele Meilen gibt es kein lebendes Geschöpf außer einem Mädchen, das eine Herde Rabbithorns hütet. Was auch hier an der Furt wartet, vai dom, es ist kein Hinterhalt bewaffneter Männer.« Bard und Beltran wechselten einen Blick. Dann sagte Beltran: »Wir können hier nicht den ganzen Tag auf einen Schrecken warten, den kein Mensch sehen kann. Ich denke, wir reiten zu der Furt weiter. Aber Ihr, Meister Gareth, bleibt zurück, denn wir müssen Euch in Reserve haben, falls Ihr gebraucht werdet. Ich habe von Zauberern gehört, die den Vormarsch einer Armee aufhielten, indem sie einen Wald oder ein Feld in Brand steckten, und ich denke, etwas in der Art könnte sich jenseits der Furt befinden. Davor müssen wir uns in acht nehmen. Bard, willst du den Befehl zum Weiterreiten geben? « Bards Haut prickelte. Das war Ihm schon ein- oder zweimal in der Anwesenheit Von Laran so gegangen. Er selbst hatte nur wenig von dieser Gabe, aber irgendwie spürte er sie bei anderen. Er wusste das es das talent gab, die Anwendung von Laran zu riechen. Wenn er in seiner Anwendung geschult worden wäre, könnte er es vielleicht auch. Das hätte ganz nützlich sein können. Er hatte immer gedacht, Geremy, der sich zum Laranzu heranbildete, sei irgendwie nicht ganz so Mann und Soldat wie Beltran und er selbst. Während er jetzt Meister Gareth zusah, sagte er sich, daß diese Arbeit ihre eigenen Gefahren und Schrecken haben mochte, auch wenn ein Laranzu unbewaffnet in die Schlacht ritt. Das allein muß angsterregend genug sein , dachte Bard und legte seine Hand an sein Schwert, um sich seiner zu vergewissern. Er wandte sich seinen Männern zu und befahl: »Zu vieren abzählen! « Keinem Mann konnte er befehlen, als erster in irgendein unbekanntes Grauen hineinzureiten. Als abgezählt worden war, sagte er: »Gruppe zwei, vorwärts! « und setzte sich an ihre Spitze.
Wieder prickelte seine Haut, und seine Stute warf
Weitere Kostenlose Bücher