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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Auch sie hatte getrunken. Paul roch das süße Fruchtaroma des Weins in ihrem Atem, und entweder hatte der Alkohol ihre Wahrnehmungsfähigkeit geschärft, oder sie hatte eine Spur von Laran , denn sie sagte: »Wie kann ich zwischen euch wählen, wenn ihr euch so sehr ähnlich seid? Seid ihr Zwillingsbrüder? Was soll ein armes Mädchen tun, wenn sie, falls sie den einen wählt, auf den anderen verzichten muß?«
    »Das ist nicht notwendig.« Paul nahm einen Schluck Wein und stellte fest, daß er viel stärker war als der, den er zuvor getrunken hatte, und ihm den letzten Rest gab. »Diesmal ist es nicht notwendig, daß sich einer von uns als der bessere Mann erweist, nicht wahr, Bruder?« Nie zuvor hatte er ihrer heimlichen Rivalität Ausdruck gegeben. Und wenn Bard irgendwie eine verborgene Hälfte seiner selbst war, stellte dies nicht eine Möglichkeit dar, sich zu arrangieren?
    Das Mädchen sah vom einen zum anderen, lachte, drehte sich um und wies ihnen den Weg. »Hier herein.«
    Paul war gerade betrunken genug, um mit erbarmungsloser Klarheit denken zu können. Bard wollte unbedingt eine Münze werfen. Es überraschte Paul nicht – dieser Brauch, die Entscheidung dem Zufall zu überlassen, fand sich in sehr unterschiedlichen Kulturen. Aber er trat zurück und sah dem eleganten Tanz der Körper zu, Bard und das Mädchen, sein Körper und ihrer. Bard ließ sich auf das Bett sinken und zog das Mädchen auf sich. Paul wunderte sich – er hätte sie mit seinem eigenen Körper unter sich festgenagelt –, aber der Gedanke war flüchtig und traumartig. Er warf sich neben die beiden nieder. Seine Hände strichen an ihrem gekurvten Rücken entlang, durch das seidige Haar. Sie drehte sich ein bißchen zur Seite, und ihre Lippen saugten sich an seinen fest. Währenddessen drang Bard in sie ein, und sie keuchte auf vor Erregung. Sie fand einen Augenblick und eine freie Hand, seine Mannheit mit ihren Fingerspitzen herauszufordern. Paul stellte fest, daß er, das Mädchen umarmend, beide in seinen Armen hielt, aber es kam nicht darauf an. Es war wie in einem Traum, nichts mehr schien verboten zu sein im Wechselspiel aller drei Körper. Die Weichheit der Frau wurde zum Vorwand, sich selbst zu genießen, Bards Erregung zu erfahren und zu teilen. Es war traumartig pervers. Als Paul sie nahm, war er sich bewußt, daß Bard, jetzt in vollem Rapport mit ihm, an dem Vergnügen teilnahm wie er zuvor an dem seines Zwillings. Er wußte nicht, er wollte es gar nicht wissen, wie lange es dauerte oder an welchem Punkt das Mädchen vergessen war und er sich in der harten Umklammerung Bards befand. Alle Weichheit war verschwunden, es war ein Kampf beinahe bis zum Tod. Leidenschaft oder Haß – wie sollte er das unterscheiden? – schloß sie zusammen. Ein letzter Rest individuellen Bewußtseins stellte die ironische Überlegung an, wie man das nun nennen sollte, wenn sie tatsächlich der gleiche Mann waren. War das Sex oder die ultimate Masturbation? Und dann fragte er nicht mehr, ob die heftige Explosion ein Orgasmus oder der Tod war.
     
    Er erwachte allein und mit brüllenden Kopfschmerzen. Das Mädchen war verschwunden, und er sah sie niemals wieder. Sie war unwichtig gewesen, nichts als ein Vorwand für die heftige Konfrontation mit seinem dunklen Zwilling, seiner anderen Hälfte, der halb-bekannten unbekannten Seite seines Ichs. Er wusch sich das Gesicht mit dem eisigen Wasser im Eimer und japste noch unter dem Schock, als Bard eintrat.
    »Mein Bursche hat mir eine Kanne mit heißem Jaco gebracht. Wenn sich dein Kopf genauso anfühlt wie meiner, kannst du sicher die Hälfte davon gebrauchen«, sagte Bard. Das Zeug roch wie bittere Schokolade, hatte jedoch die Wirkung von besonders starkem schwarzem Kaffee, und Paul war froh, daß er es bekam. Bard goß sich seinen Becher noch einmal voll.
    »Ich möchte mit dir reden, Paolo. Du weißt, gestern hast du den Tag für uns gerettet. Diese verdammte Harpyien-Illusion ist etwas Neues, und die Leroni waren nicht darauf vorbereitet. Sie war so realistisch! Und du hast sie überhaupt nicht gesehen?«
    »Nur durch deine Gedanken, wie ich dir sagte.«
    »Dann bist du gegen Illusionen dieser Art immun«, stellte Bard fest. »Ich wünschte, ich könnte es wagen, mich Meister Gareth anzuvertrauen! Vielleicht wäre er imstande, uns eine Erklärung dafür zu geben. Aber unter anderem ist das für dich von Vorteil, wenn du eines Tages eine Armee anführen solltest. Die Männer werden dir folgen,

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