Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
Zurücktreten!«
    »Der Lord General …«, wurde erschrocken gemurmelt, als sie ihn erkannten. Bard stieß die Zeltklappe zurück, und eine Minute später beförderte sein heftiger Fußtritt zwei taumelnde Männer hinaus. Drinnen schluchzte eine Frau wild. Bard blieb stehen und sagte etwas zu einem der Offiziere, das Paul nicht verstehen konnte. Dann hob er erneut die Stimme.
    »Ein für allemal, ich habe befohlen, daß kein Zivilist berührt und kein Gefangener mißbraucht werden darf!« Er sah zu den Männern hin, die er getreten hatte. Sie saßen benommen auf dem Boden, bereits betrunken, halb entkleidet. »Wenn diese Männer hier irgendwelche Freunde haben, sollen die sie in ihr Quartier bringen und sie ausnüchtern.«
    Es gab Gemurre unter den Soldaten, und einer der Männer rief: »Wir können nehmen, was der anderen Armee gehört hat, das ist Kriegsbrauch! Warum verweigert Ihr uns, was uns zusteht, General Wolf?«
    Bard wandte sich dem Sprecher zu und erklärte barsch: »Es steht euch zu, die Waffen zu nehmen, nicht mehr. Habt ihr irgendwelche Männer aus der gegnerischen Armee vergewaltigt?«
    Die Unterstellung rief Entrüstung hervor.
    »Dann Hände weg von diesen Frauen, verstanden? Und wenn wir schon einmal dabei sind, will ich wiederholen, was ich der Soldatin hier gesagt habe.« Er wies auf die Frau von der Schwesternschaft. »Jeder Mann, der Hand an eine der Frauen von der Schwesternschaft legt, die an unserer Seite für die Ehre und die Stärke Asturias’ und König Alarics gekämpft haben, wird erst kastriert und dann gehängt, und wenn ich es eigenhändig tun muß! Merkt euch das ein für allemal!«
    Aber die Frau in Rot warf sich Bard zu Füßen.
    »Wollt ihr die Männer nicht bestrafen, die meine Schwestern vergewaltigt haben?«
    Bard schüttelte den Kopf. »Ich habe ihrem Treiben ein Ende gesetzt. Aber meine Männer haben in Unwissenheit gehandelt, und ich werde sie nicht bestrafen. Keiner mehr wird eine Gefangene berühren. Doch was geschehen ist, ist geschehen, und ich kann den Frauen, die gegen mich gekämpft haben, nicht den gleichen Schutz gewähren wie meiner eigenen Armee – denn worin bestände sonst der Vorteil, zu meiner Armee zu gehören? Wenn die Söldnerinnen aus Eurer Schwesternschaft Asturias Treue geloben und in meiner Armee kämpfen wollen, werde ich ihnen diesen Schutz geben, andernfalls nicht. Aber …«, setzte er mit lauter Stimme hinzu und ließ seinen Blick über die versammelten Männer schweifen, »wenn jemand eine Gefangene anders berührt, als der Brauch es erlaubt, lasse ich ihn auspeitschen und seinen Sold streichen. Ist das klar?« Die Frau wollte noch etwas sagen, aber er hinderte sie daran. »Genug, habe ich gesagt. Keine Schlägereien mehr! Los, Männer, verschwindet hier und geht an eure Arbeit! Noch ein solcher Aufruhr, und es wird morgen Auspeitschungen und eingeschlagene Köpfe geben!«
    Die Stabsoffiziere im Hauptquartier hatten inzwischen ihren Wein ausgetrunken und trafen ihre Vorbereitungen für die Nacht. Das rothaarige Mädchen, das Paul flüchtig an Melisandra erinnerte, drückte ihm einen Becher in die Hand und lächelte.
    »Hier, mein Lord, trinkt Euren Wein aus, bevor Ihr geht.«
    Er wandte ihr das Gesicht zu und trank, und dabei legte er ihr den Arm um die Taille. Ihr kokettes Lächeln verriet ihm, daß sie nichts dagegen hatte, und so zog er sie näher an sich. Eine Hand fiel auf seine Schulter, und Bards Stimme dröhnte: »Laß sie los, Paul. Sie gehört mir.«
    Innerlich fluchte Paul. Damit hätte er rechnen müssen! Auf diesem Feldzug hatte er bereits festgestellt, daß er und Bard bei Frauen den gleichen Geschmack hatten. Das war verständlich, wenn sie der gleiche Mann waren, gefielen ihnen auch die gleichen Frauen, und es war nicht das erste Mal, daß sie beide eine bestimmte Troßdirne oder ein Freudenmädchen in einer gefallenen Stadt hatten haben wollen. Aber es war das erste Mal, daß es zu einer direkten Konfrontation kam. Paul dachte, er schuldet mir etwas, weil ich das Zeichen zum Angriff gegeben habe, und ließ seinen Arm stur um die Taille des Mädchens liegen. Verdammt, diesmal würde er nicht nachgeben!
    »Hölle und Teufel«, sagte Bard.
    Paul merkte, daß Bard bereits betrunken war und daß die übrigen Stabsoffiziere sich entfernt und sie mit dem Mädchen allein gelassen hatten. Er legte dem Mädchen die Hand unter das Kinn und fragte: »Welchen von uns willst du, Kleine?«
    Sie lächelte erst dem einen, dann dem anderen zu.

Weitere Kostenlose Bücher