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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erzogen, König zu sein, und das bedeutet einfach: sich klar zu sein darüber, daß man das Amt nicht für sich, sondern für sein Volk ausübt. Ein guter König kann kein guter Soldat und im Grunde auch kein guter Staatsmann sein. Er muß sich damit zufriedengeben, die besten Soldaten und die wirklich guten Staatsmänner auszusuchen und sich von ihnen beraten zu lassen und selbst nicht mehr zu sein als ein sichtbares Symbol seiner Regierung. Ich würde mich in meine eigene Regierung zu oft einmischen, wenn ich König wäre«, gestand er mit einem Lächeln. »Als Bewahrer von Neskaya habe ich vielleicht schon mehr Macht, als gut für mich ist. Glücklicherweise bin ich ein alter Mann; es mögen Zeiten kommen, in denen ein Bewahrer nicht soviel Macht hat. Deshalb hoffte ich, Mirella nach Arilinn schicken zu können.«
    »Eine Frau?« fragte Melora verblüfft. »Hat eine Frau die Kraft, Bewahrerin zu sein?«
    »Natürlich, ebenso wie die Bewahrer, die emmasca waren. Und schließlich brauchen wir keine körperliche Kraft und keine Schwerter, sondern die Kraft des Geistes und des Willens … und Frauen neigen weniger dazu, sich in die Politik einzumischen. Sie wissen, was wirklich ist. Vielleicht braucht ein Turm weniger einen starken Mann, der ihn beherrscht, als eine Mutter, die ihn leitet …« Varzil verstummte, und Melora und Bard hüteten sich, ihn in seinen Gedanken zu stören.
    Als der Tag sich dem Abend zuneigte, begannen dicke Wolken den Horizont zu verdunkeln. Kurz vor Sonnenuntergang (aber die Sonne hatte sich versteckt) machten sie halt, um ein bißchen Brot und getrocknetes Fleisch zu essen. Sie hüllten sich in ihre Mäntel, weil sie Regen oder sogar Schnee erwarteten, aber allmählich klärte es sich auf. Drei Monde, beinahe voll, wanderten über den dunkelpurpurnen Himmel – der grüne Iriel, der blaugrüne Kyrrdis und der perlfarbene Mormallor. Liriel, eine scheue Sichel, lugte über den Horizont. Im hellen Mondlicht konnten sie die vor ihnen liegende Straße sehen, und als sie oben auf dem Berg ankamen, der über dem Tal von Asturias aufragte, erkannten sie unter sich die dunkle Masse, die die Burg war.
    Trümmer. Chaos. Tod …
    »So schlimm ist es nicht«, sagte Melora leise.
    Varzil erklärte: »Ich sehe Lichter, Cousin. Lichter, die sich bewegen, und die Umrisse unbeschädigter Gebäude. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm – verzeih mir, Cousin, ich weiß, du hast einen schrecklichen Verlust erlitten, aber dein Heim magst du nicht so völlig zerstört vorfinden, wie du glaubst. Und bestimmt ist nicht alles verloren.«
    Aber mein Vater. Und Alaric. Es ist nicht nur, daß ich meine Verwandten verloren habe. Bestimmt liegt das Königreich in Trümmern, da der König und der Regent tot sind. Und was ist aus meiner Armee, aus meinen Männern geworden, als ich nicht da war und für sie sorgen konnte?
    Ich sagte zu Paul: Bis ich zurückkehre, bist du der Lord General. Aber was weiß er darüber, wie er meine Männer kommandieren soll? Ich lehrte ihn, Macht auszuüben. Aber was weiß er über die Verantwortung, die Sorge für Männer, die zu ihrem Anführer aufblicken und von ihm Anweisungen, Hoffnung, Beistand und sogar die zum Leben notwendigen Dinge erwarten? Wird er sich darum kümmern, daß sie gut untergebracht werden, daß sie sicher sind, daß es ihnen an nichts fehlt? Bard wurde klar, daß er in einem Leben, in dem er nur wenige geliebt hatte und nur von wenigen geliebt worden war, seine Männer geliebt hatte und von ihnen geliebt worden war. Und er hatte sie in einem so kritischen Augenblick in den Händen eines anderen gelassen!
    Sein Vater hatte die Armee für die Eroberung und für seinen eigenen Ehrgeiz aufgestellt. Aber jetzt war sein Vater tot, und was würde aus der Armee werden, wie konnte er seine Männer versorgen? Sie ritten den Berg hinunter auf die Burg zu. Wieviel Zerstörung würden sie vorfinden? Was sollte er mit der Armee tun? Bard würde auf die Güter seines Vaters zurückkehren – schließlich hatte Dom Rafael keinen ehelichen Sohn hinterlassen, und es war kein anderer Erbe da –, und natürlich mußte Erlend für den Fall, daß Bard starb, bevor er andere Kinder gezeugt hatte, sofort legitimiert werden. Doch was wurde aus seinen Männern? Wer würde über Asturias herrschen, und was fing der neue Herrscher mit dem Chaos an, das er erbte, mit den Trümmern, die der Ehrgeiz eines einzigen Mannes hinterlassen hatte?
    Bard konnte nichts unternehmen, bis er wußte, was

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