Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
Gedächtnis. Ja, zuerst war sie ängstlich gewesen, aber bevor er mit ihr fertig war, hatte sie gestöhnt vor Lust. Welches Recht hatte sie, hinterher ihre Meinung zu ändern und vor Carlina ihre kostbare Jungfräulichkeit zu bejammern, als hätte diese irgendeinen besonderen Wert? Sie war doch keine Erbin, die sie der Ehre und der Mitgift wegen bewahren mußte!
    Und jetzt hatte Carlina ihn erregt und in einem Zustand heißen Begehrens zurückgelassen! Er war wütend auf sie. Bildete sie sich ein, er werde geduldig wie ein Mädchen auf ihre Zustimmung warten?
    Plötzlich fiel ihm ein, was er tun konnte, um sich an beiden zu rächen, an den beiden verdammten Weibern, die ihn zum Narren hielten! Die Frauen waren alle gleich, angefangen mit seiner unbekannten Mutter, die ihn hergegeben hatte, damit er bei seinem reichen, hochgestellten Vater aufwuchs. Und Lady Jerana, die seines Vaters Gedanken vergiftet und ihn aus seiner Heimat wegschicken lassen hatte. Und diese elende kleine Schlampe Lisarda mit ihrem Gewimmer und Gerede vor Carlina. Und auch Carlina selbst war nicht frei von der allgemeinen Schlechtigkeit der Frauen!
    In seiner Wut ging er auf die Galerien zu, wo die oberen Dienstboten den Festlichkeiten zusahen. Er entdeckte Lisarda unter ihnen, ein schlankes, kindlich aussehendes Mädchen mit weichem braunem Haar, deren schmaler Körper gerade erst weibliche Rundungen anzunehmen begann. In der Erinnerung spannte sich Bards eigener Körper vor Erregung an.
    Sie war unberührt, ja, unwissend und verängstigt gewesen, aber ihr Widerstreben hatte sich sehr schnell gegeben. Und doch hatte sie die Frechheit besessen, sich bei Carlina zu beklagen, als sei es ihr unangenehm gewesen! Verdammtes Mädchen, diesmal würde er ihr das Gegenteil beweisen!
    Er wartete, bis sie in seine Richtung sah. Dann hielt er ihren Blick fest. Sie erschauerte und versuchte, das Gesicht abzuwenden, aber er griff nach ihrem Geist, wie er es gelernt hatte zu tun, berührte etwas tief in ihrem Inneren, unter dem bewußten Willen, die Reaktion des Körpers auf den Körper. Kam es darauf an, was sie zu wollen meinte? Diese Reaktion war da, und sie war ebenfalls wirklich, und alle ihre eingebildeten Ideen über ihre stolz bewahrte Unschuld bedeuteten nichts angesichts dieser Realität. Er hielt sie fest, bis er spürte, daß ihre Sinne erwachten, beobachtete mit distanzierter, bösartiger Belustigung, wie sie den Weg zu ihm fand. Außer Sicht der anderen zog er sie hinter einen Pfeiler, küßte sie kundig und spürte ihr Begehren sie beide überfluten.
    In einer ganz versteckten Ecke ihres Geistes erkannte er die Panik des jetzt unterworfenen bewußten Willens, ihre Angst und ihr Entsetzen darüber, daß ihr dies nun doch wieder geschah, daß ihr Körper ihm entgegenkam, obwohl sie es nicht wollte. Das Grauen sprach ihr aus den Augen. Bard lachte lautlos und flüsterte ihr etwas zu. Er beobachtete sie, als sie wie eine Schlafwandlerin die Treppe zu seinem Zimmer emporstieg, wo sie nackt und sehnsüchtig auf ihn warten würde, bis es ihm gefiel, zu ihr zu kommen.
    Er würde sie eine Weile warten lassen. Das bewies ihr, was sie wirklich wollte. Ihr Weinen und Schluchzen würde ihr vor Augen führen, daß sie es die ganze Zeit schon gewollt hatte. Das sollte sie lehren, sich bei Carlina über ihn zu beklagen, als habe er sie mißhandelt oder gegen ihren Willen genommen!
    Und wenn Carlina es zu hören bekam, nun, dann war sie selbst daran schuld. Gesetz und Tatsachen machten sie zu seiner Frau, und wenn das sie nicht bewog, ihre Pflicht zu erfüllen, hatte sie kein Recht, sich zu beklagen, daß er zu einer anderen ging.

 
2
     
    Das Jahr war schon ziemlich weit fortgeschritten, und ein früher Herbst hatte begonnen, als Bard di Asturien König Ardrin in seinem Audienzsaal aufsuchte.
    »Onkel«, sagte er – er hatte dieses Privileg, weil der König sein Pflegevater war –, »werden wir noch vor der Apfelernte in den Krieg reiten?«
    König Ardrin hob die Augenbrauen. Er war ein großer, imposanter Mann, hellhaarig wie die meisten di Asturiens, und war einmal kräftig gewesen. Aber vor einigen Jahren hatte er eine Wunde am Arm erhalten, die ihn lähmte. Er trug auch noch andere Narben, die Male eines Mannes, der fast sein ganzes Leben lang sein Reich mit Waffengewalt hatte verteidigen müssen. »Ich hatte gehofft, es sei nicht nötig, Pflegesohn. Aber du weißt mehr als ich darüber, was sich an den Grenzen tut, weil du in den letzten vierzig Tagen

Weitere Kostenlose Bücher