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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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darauf, daß seine Angestellten einen klaren Trennungsstrich zwischen sich und der Außenwelt zogen. Sie beugte sich vor. Sie war neugierig, genoß sie mit fast sadistischer Wollust.
    »Ihr Onkel Wal schreibt auch noch von einem anderen Bruder. Er wohnt auch in London. Ist das Ihr Onkel Mortimer? Wenn ich mich nicht täusche, hat er doch die Tochter von einem Architekten geheiratet und ist nach Kanada gegangen. Und jetzt ist er wieder in London. Hoffentlich ist da nichts mit seiner Ehe schiefgegangen. In der heutigen Zeit nimmt man das ja nicht mehr so wichtig …«
    »Seine Ehe ist in Ordnung, Mrs. Kops. Er ist in London im Auftrag einer Studienstiftung, um das Entwicklungsprojekt bei den Hebriden zu studieren. Fischzucht außerhalb der verseuchten Wassergebiete. Vielleicht haben Sie schon mal davon gelesen, Mrs. Kops.«
    »Hoffentlich hat er auch Kinder«, meinte Mrs. Kops, obwohl sie beruflich nichts mit Hoffnungen oder Glück zu tun hatte. »Die kanadische Regierung hat ja keine Geburtenbeschränkung verordnet, wenn ich mich nicht täusche.«
    »Hübsche Kinder und gesund, Mrs. Kops. Kann ich jetzt bitte meinen Brief haben?«
    »Es ist eine schreckliche Welt, in der wir leben, Liza.«
    »Es ist eine schreckliche Welt, Mrs. Kops.«
    »Wir können Gott danken, daß wir den Gründer haben, sage ich immer.« – »Da haben Sie wirklich recht, Mrs. Kops.«
    Die Konversation plätscherte weiter. Das Mädchen beunruhigte Mrs. Kops irgendwie. Irgend etwas mußte ja an ihr dran sein – schließlich war sie ja Assistentin von dem berühmten Professor und dabei noch Mitte Zwanzig –, aber was das war, hatte Mrs. Kops bisher noch nicht herausfinden können.
    »Sie werden ja Ihren Brief jetzt endlich lesen wollen!« Mrs. Kops rückte ihr Pfand heraus. »Aber was wird Ihr Vater jetzt tun, meine Liebe? Noch mehr Schwierigkeiten, und man wird ihm Berufsverbot geben. Dann kommt er in eine Wohnung unter Sicherheitsüberwachung. Das wird ihm bestimmt nicht gefallen, oder?«
    Liza schloß die Tür der Poststelle höflich und leise hinter sich. Sie blieb einen Augenblick stehen, betäubt von der Helligkeit und der Hitze.
    »Ich habe keine Ahnung«, dachte sie laut, »was mein Vater tun wird.«
    Roses Varco saß immer noch am Rande des Kais und angelte. Der Mehlsack, in dem er seinen Fang gewöhnlich unterbrachte, lag leer auf den Steinen neben ihm. Liza wurde auf Roses aufmerksam, als sie schon in den Weg zum Laboratorium einbiegen wollte. Zum zweitenmal setzte sie jetzt den Stuhl und die Rolle mit dem Filtermaterial ab. Ruhig, sanft und losgelöst von seiner Umgebung saß er da. Alles drei Attribute der Weisheit. Sie runzelte die Stirn. Ein sentimentaler, unvernünftiger Einfall, Weisheit bei einem Dorftrottel zu vermuten. Trotzdem ließ sie den Stuhl im Garten des Laboratoriums zurück und ging bis zum vorderen Rand des Kais. Sie setzte sich neben Roses, wie David Silberstein das schon ein paar Stunden vor ihr getan hatte. Wie das viele im Dorf taten. Der ungeöffnete Brief ihres Onkels raschelte in der Kitteltasche.
    »Ist der Vater tot. Roses?«
    »Ja.« Einleitungsphrasen waren bei Roses überflüssig.
    »Wann starb er?«
    »Hat sich ins Bein gehackt. Oben im Wald.«
    »Schon vor langer Zeit?«
    Es spielte eigentlich keine Rolle. Für sie beide nicht. Aber sie mußte ja etwas als Antwort von ihm fordern.
    »Starb wie ein Fuchs in der Falle. Ich lege nie Fallen aus. Nicht die, die zuschnappen.«
    »Warst du noch ein Kind, als er starb?«
    »’ne Falle ist schon in Ordnung, wenn sie richtig aufgestellt ist. Ein Schnapper, und es ist hin.« Ihm fiel wieder ein, daß sie etwas von ihm wissen wollte, und er drehte ihr das Gesicht zu. »Hat mir einen Kalender hinterlassen, mein Vater. Den Buckingham-Palast.«
    Darauf wußte Liz keine Antwort. Sie lächelte freundlich. War der Kalender seine Selbstbehauptung, von der Daniel gesprochen hatte? Wahrscheinlich nicht. Triumph war ein Begriff, der Roses vollkommen fremd war. Eine Schwanenfamilie steuerte lautlos um die Biegung des Flusses und bewegte sich unter den tief herabhängenden Zweigen der Uferbäume. Roses würde diese Familie als Selbstverständlichkeit hinnehmen, doch sie konnte nur leben, nachdem man den Fluß entseucht hatte. Ein Projekt, das mehrere Millionen Pfund gekostet hatte. Die Vorstellung, daß die Weisheit aus dem Mund der Kinder kam, war so töricht wie sentimental. Doch sie ließ nicht locker, obwohl sie nicht wußte, was sie eigentlich Positives von ihm

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