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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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kam als Verdienst nicht auf sein Konto. Für manche Leute war die Tat ein Vermögen, sich das Leben einfach zu machen. Für David Silberstein gab es kein einfaches Leben.
    Doch es war nicht ohne Hoffnung – oder etwa nicht?
    Als David sein Büro erreicht hatte, gab er ein paar Befehle, die zusätzlichen Wasseraufbereiter einzuschalten, um den Unrat wieder aus dem Fluß zu filtern. Dann setzte er sich vor das Fernsehgerät, um die wütenden Angriffe der Ministerin für moralische Verantwortlichkeit auf der Mattscheibe mitzuerleben.
    Im Labor war die Arbeit inzwischen zügig fortgeschritten. Man mußte schon Katastrophenalarm geben, um den Professor und Liza aus ihren Gedanken zu schrecken. Tatsächlich waren die beiden Wissenschaftler von dem Tumult am Kai viel weniger gestört worden als durch das Schaf, das von zwei verschwitzten Sicherheitsbeamten kurz nach dem Mittagessen eingeliefert wurde. Das aufgeregte Biest hat durch sein dauerndes Blöken die genaue Berechnung der chronomischen Koeffizienten sehr erschwert. Sie hatten an den Computerkonsolen gebrütet, während das Schaf auf der Bühne herumstampfte, schiß und die Flöhe in der sterilen Umgebung verstreute. Endlich hatte es sich wieder beruhigt und sich kauend hinter einen Ballen Heu gekauert, der von einem zweiten Stoßtrupp der Sicherheitstruppe herbeigeschafft wurde. Endlich stand es jetzt, in einem Spezialkäfig verwahrt, dösend und wiederkäuend, auf der Plattform, während die Beschleuniger auf Betriebstemperatur gebracht wurden. Liza fand diese lammfromme Haltung störend. Ein anderes Tier hätte in dieser Lage wenigstens nicht dauernd gekaut.
    Sie schaltete die Pulsgeneratoren ein und stimmte sie mit den Bremsschwingungskreisen ab. Der Geräuschpegel war langsam, aber stetig gestiegen. Hier konnte man auch studieren, wo die Geräusch-Toleranzgrenze bei den höheren Säugetieren lag. Als der Heulton zunahm und den Start ankündigte, hörte das Schaf zu kauen auf. Liza war dem Tier dafür irgendwie dankbar. Selbst ein Schaf war nicht so dumm und gefühllos, wenn der Zeitpunkt der chronomischen Metamorphose sich ankündigte. Doch sie täuschte sich. Das Schaf hob lediglich den Schwanz und ließ erneut Böllerchen fallen, als der Start einsetzte. Das Schaf, der Schwanz und die Böllerchen flackerten kurz und waren verschwunden. In welchem erbärmlichen Zustand, dachte Liza, wechselte dieses Lebewesen in die Ewigkeit hinüber.
    Die chronomische Einheit des Schafes war auf mindestens zehn Minuten angesetzt. Professor Krawschensky hatte Schwierigkeiten mit dem elektrischen Zeit-Schrittmacher. Die zweite Katze, die lohfarbene, war um fast drei Stunden falsch berechnet worden. Während Liza auf den Wiedereintritt des Schafes in die irdische Zeit wartete, studierte sie die Aufzeichnungen des Professors über die letzten beiden Experimente. In beiden Fällen war eine andere Ladung verwendet worden. Die erste Katze, der schwarze Kater, hatte eine nukleische Ladung erhalten, die ihn nur mit einer Abweichung von 0,01 Sekunde in die irdische Zeit zurückholte. Liza studierte auch die letzte Meldung des Veterinärs. Der schwarze Kater hatte nach schweren Anfangsstörungen (er war gleich nach dem Wiedereintritt in die irdische Zeit ausgerissen) wieder in ein normales Verhalten zurückgefunden. Er hatte guten Appetit, gute Reflexe und eine ausgezeichnete emotionale Verfassung. Seine Verfassung war identisch mit der des zweiten Versuchstieres, der lohfarbenen Katze, die mit einer peripherischen Zeitladung auf die Reise geschickt worden war. Doch die peripherische Ladung hatte eine Abweichung von drei Stunden gehabt. Deshalb schien das nukleische Verfahren nicht nur genauer, sondern auch vollkommen unschädlich zu sein.
    Sie wußte natürlich, daß dieser Schluß verdammt voreilig war. Und sie wußte auch, daß von ihrem Urteil – ihrer Intuition – in naher Zukunft das Leben eines Chrononauten abhängen würde. Die Verantwortung dafür – außer dem Gesetz gegenüber – lag allein bei ihr. Und trotzdem konnte sie eigentlich an nichts anderes denken als an ihre Sinnlichkeit und deren verheerende Folgen. Während sie Seite für Seite das tierärztliche Gutachten las, sah sie immer das Gesicht des halbtierischen Wesens vor sich, das sie für ihre Sinnlichkeit ausgenützt hatte. Und die Unschuld dieses Tölpels machte ihn nur noch schuldiger, noch verachtenswerter. Ihr war es gleichgültig, ob ihre wissenschaftliche Arbeit ein Erfolg oder ein Fehlschlag wurde. Sie

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