Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
gehört habe – es schien alles zusammenzupassen, und ich hatte das Gefühl, dass ich der Sache nachgehen musste.«
Sihtric lächelte. »Typisch für den Weber, sich derart kryptisch auszudrücken – wenn es der Weber war. Nennen wir denjenigen, der deiner Gemahlin diese Worte in den Mund gelegt hat, lieber … mal sehen …
einen Zeugen . Mag sein, dass er mit dem Weber identisch ist, aber vielleicht auch nicht.«
»Sie.«
»Wie bitte?«
»Wenn ich Eadgyth meine Niederschrift ihrer Worte gezeigt habe – sie konnte sich nicht daran erinnern, sie von sich gegeben zu haben –, sprach sie immer von ihrer … äh … Besucherin .«
»Dann also ›sie‹«, meinte Sihtric. »Und was, glaubst du, hat die Zeugin dir aufgetragen?«
Orm sah ihn an. »Dir Einhalt zu gebieten.«
Sihtric erwiderte seinen Blick. »Nun, dann wirst du zunächst einmal herausfinden müssen, was ich hier tue, nicht wahr?«
Falls ihr Gespräch Ibn Hafsuns Neugier erregte, so ließ er es sich nicht anmerken. Schweigend arbeitete er sich durch seinen Schafskäse.
Irgendwo ertönte eine laute, klagende Stimme. Wie Ibn Hafsun Robert erklärte, war es ein Muezzin, der von seinem Minarett in der nahe gelegenen Stadt aus die Gläubigen zum Gebet rief. Ibn Hafsun nahm seine Decke vom Pferd und kniete mit dem Gesicht nach Osten nieder.
Robert hatte sich noch nie so fern von daheim gefühlt wie in dieser staubigen Hitze, mit dem fremdartigen Gesang in den Ohren und dem exotischen Duft der arabischen Speisen in der Nase. Und als Moraima ihm einen raschen Blick zuwarf, waren ihre blassblauen Augen das Seltsamste in dieser seltsamen neuen Welt, und zugleich auch das Verführerischste.
III
Am nächsten Tag ließ Robert die Kamele Kamele sein, arbeitete sich an der Kolonne entlang nach vorn zu Ibn Hafsun und begann eine Unterhaltung mit ihm.
Die spanische Halbinsel ähnelte einem riesigen Quadrat, erfuhr er, das durch eine Gebirgskette – die Pyrenäen – praktisch von Frankreich abgetrennt wurde. Weitere Gebirgsketten durchzogen das Innere; sie verliefen ungefähr von Osten nach Westen, und durch das Flachland zwischen ihnen schlängelten sich Flüsse. Vier der fünf größten mündeten im Westen, im Ozeanmeer.
Die nordwestliche Ecke um Santiago de Compostela herum war grün und mit einem milden Klima gesegnet, und viele Menschen lebten vom Meer. Im Südosten gab es mehr Pflanzen; dort bauten die Mauren Obst und Gemüse an. Momentan durchquerten sie jedoch das Innerste des Landes, ein riesiges Gebiet trockener Tiefebenen, das von den Bergen und Flüssen durchschnitten wurde. Die Christen mit ihrer degenerierten, vom Lateinischen abstammenden Sprache nannten es meseta . Die Winter waren lang und bitterkalt, die Sommer trocken und glühend heiß. Hier gab es keine Wälder, kaum Gras und nur spärliches
Buschwerk. Robert fiel auf, dass keine kleinen Vögel sangen, denn sie konnten nirgends nisten; nur Bussarde kreisten über ihnen, und Adler erkundeten die Hügel.
»Und die Christen und Mauren?«
»Du musst dir Spanien dreigeteilt vorstellen«, erklärte Ibn Hafsun. »Die Mauren im Süden, christliche Königreiche im Norden und eine Art Grenzland dazwischen. Da die Christen allmählich stärker geworden sind, hat sich das Grenzland im Lauf der Jahrhunderte nach Süden verschoben. Und nachdem die Kastilier nun Toledo eingenommen haben, teilt das von Osten nach Westen verlaufende Grenzland die Halbinsel grob in zwei Hälften: Der Norden ist christlich, der Süden maurisch.«
Robert nickte, während er sich das bildlich vorstellte. »Und eines Tages wird diese Grenze ganz nach Süden verschoben, und dann ist Spanien wieder maurenfrei.«
»Willst du das wirklich? Schau dich um. Sieh dir an, was die Mauren aus diesem Land gemacht haben.«
Zufällig ritten sie gerade an einem Flussufer entlang. Robert sah, dass Bewässerungssysteme das Land in Streifen schnitten, und am Fluss drehten sich geduldig riesige Wasserräder.
»All das ist maurisch«, sagte Ibn Hafsun. »Hier hat es eine Hochkultur gegeben, Robert, Sohn von Orm. Die höchste seit den Römern. Höher als die der Christen.«
»Nicht so hoch«, sagte Robert heftig, »dass Alfonsos
christliche Heere die Mauren nicht vertreiben könnten.«
Ibn Hafsun zuckte die Achseln. »Nun, das lässt sich nicht bestreiten.«
»Muss es so sein?«
Die leise Stimme verblüffte Robert. Es war Moraima, die zu ihnen aufgeschlossen hatte und nun neben ihnen herritt. Sie sprach Englisch, die Sprache
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